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Gleichberechtigung im Hörsaal: Frauen erhalten an deutschen Universitäten jeden zweiten Studienplatz.

© Fabian Stratenschulte/dpa

Gleichstellungspolitik: Die Frauenfrage an Deutschlands Universitäten ist gelöst

Jetzt muss der Hochschulzugang anderer Gruppen wie Migranten oder jungen Erwachsenen aus bildungsfernen Schichten gefördert werden. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Ursula Weidenfeld

Frauen stellen die Hälfte aller Abiturienten. An den Universitäten bekommen sie jeden zweiten Studienplatz, in harten Numerus-Clausus-Fächern wie Medizin sind sie sogar mit über 60 Prozent vertreten. Auch bei den Absolventen und Doktoranden sind sie mit etwa der Hälfte dabei. Die Frauenfrage an Deutschlands Universitäten kann also als gelöst betrachtet werden (jedenfalls, soweit es das Studium betrifft): mission accomplished. Jetzt aber gibt es andere Gruppen, die beim Hochschulzugang, Studium und Abschluss eklatant benachteiligt sind: junge Erwachsene aus bildungsfernen Familien und Migranten.

Was läge näher, als die Frauen- und Genderförderung einzustellen, oder zumindest für Gruppen zu öffnen, die tatsächlich Probleme haben, an die Hochschule zu kommen und dort erfolgreich zu studieren? Mentoren-Programme, Stipendien, Extra-Beratung und bei universitätsinternen Stellenausschreibungen der Satz: „Bei gleicher Qualifikation werden Bewerber bevorzugt, deren Eltern keinen akademischen Hintergrund haben.“ Kaum vorstellbar, oder?

Geschlecht und die sexuelle Orientierung von Bewerberinnen prägen die Diversitäts-Politik an den Hochschulen immer stärker – obwohl Frauen an den Hochschulen entsprechend ihres Bevölkerungsanteils repräsentiert sind und homosexuell lebende Frauen sogar die allerbesten Chancen auf ein Studium haben (vorausgesetzt, die Eltern sind Akademiker). Das haben die Berliner Soziologen Jürgen Gerhards und Tim Sawert in einer Studie herausgearbeitet. Die Anerkennung homosexueller Personen sei längst Teil des Identitätsdiskurses der akademischen Eliten geworden: Die Probleme der lesbischen Tochter des Rechtsanwalts sind den Bildungsbürgern eben vertrauter als die des heterosexuellen Sohns eines arabischen Straßenkehrers. Mit dieser Haltung aber nehmen sie in Kauf, dass Talente unentdeckt bleiben, dass das Land unter seinem Potenzial arbeitet, lernt und forscht.

Die beiden Berliner Forscher finden, dass es Zeit ist umzusteuern. Sie haben Recht. Werden ihre Hinweise auf fruchtbaren Boden fallen? Sicher nicht.

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