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Die Staats- und Regierungschefs der EU am Freitag bei ihrem Gipfeltreffen in Versailles.

© Ian Langsdon/REUTERS

Update

Gipfel in Versailles: EU-Staaten uneins über Beitritt der Ukraine

Beim EU-Gipfel wird in der Frage des Beitritts der Ukraine eine Kluft zwischen alten und neuen Mitgliedern sichtbar. Die Gipfelerklärung übertüncht dies kaum.

Acht Stunden lang diskutierten die Staats- und Regierungschefs der EU am ersten Tag des Gipfels in Versailles über ihre Haltung zum Krieg in der Ukraine. Die Gemeinschaft, die sich bislang bei der Verhängung der Russland-Sanktionen sehr geschlossen gezeigt hat, kann sich nun aber in einer Frage nicht einig werden: Wie schnell soll die Ukraine Mitglied der EU werden?

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Vor allem die Vertreter der osteuropäischen Mitgliedstaaten argumentieren, dass die realistische Perspektive eines EU-Beitritts für die Menschen in der Ukraine ein wichtiges Hoffnungszeichen wäre. In Versailles verkündete der litauische Staatspräsident Gitanas Nauseda per Twitter, dass der Gipfel „Ja zur ukrainischen Eurointegration“ gesagt habe. „Der Prozess hat begonnen“, freute sich Nauseda.

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Doch ganz so einfach sind die Dinge nicht. Der Antrag auf eine EU-Mitgliedschaft der Ukraine, den Präsident Wolodymyr Selenskyj vier Tage nach dem russischen Überfall auf sein Land gestellt hat, wird nicht im Eiltempo zum Ziel führen. Das wurde nach den Beratungen in Versailles deutlich. In der Nacht zum Freitag einigten sich die Staats- und Regierungschefs auf eine Erklärung, der zufolge unverzüglich die Partnerschaft mit der Ukraine vertieft werden soll, um deren „europäischen Weg“ zu unterstützen. „Die Ukraine gehört zu unserer europäischen Familie“, hieß es weiter. Mehr aber auch nicht.

Entscheidend ist, was vorher in der Gipfel-Erklärung zu lesen ist. Demnach soll die EU-Kommission den Beitrittsantrag Selenskyjs „gemäß der maßgeblichen Vorschriften“ der EU-Verträge prüfen. Im Klartext: Der EU-Beitritt der Ukraine steht zwar grundsätzlich auf der Agenda.

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Aber ein Schnellverfahren, wie es sich Selenskyj wünscht, wird es nicht geben. Darauf pochten beim Gipfel vor allem Mitgliedstaaten wie Deutschland, Frankreich, Österreich oder Dänemark, die schon vor der EU-Osterweiterung im Jahr 2004 dabei waren.

Am deutlichsten wurde der niederländische Regierungschef Mark Rutte. Es werde „Monate, vielleicht Jahre“ dauern, bevor das ukrainische Beitrittsgesuch in der EU Ergebnisse zeitigen werde. Dagegen werde es schnell zu einer weiteren Vertiefung der Beziehungen zur Ukraine kommen, die ohnehin schon mit der Gemeinschaft über eine Assoziationsabkommen verbunden ist.

Nach dem Gipfel betonte Kanzler Olaf Scholz (SPD) mit Blick auf das Beitrittsverfahren, dass die EU nicht darauf verzichten könne, auf die Einhaltung bestimmter Kriterien wie etwa der Rechtsstaatlichkeit zu achten. Gleichzeitig wies der Kanzler darauf hin, dass sich die EU ihrerseits auf weitere Beitritte vorbereiten müsse. So müsse der Bereich der Entscheidungen, in denen die EU mit Mehrheit entscheiden kann, ausgeweitet werden.

Der Fokus der EU liegt aber derzeit woanders. Angesichts der russischen Aggression konzentrieren sich etliche EU-Staaten statt dessen unter anderem darauf, der Ukraine mit Waffenlieferungen zu helfen. Wie der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell am Freitag mitteilte, sei beim Gipfel eine Verständigung darüber absehbar, den Finanzrahmen für Militärhilfe um weitere 500 Millionen Euro aufzustocken.

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Bereits Ende Februar hatte sich die Gemeinschaft bereit erklärt, dass Mitgliedstaaten über die so genannte Europäische Friedensfazilität Waffenlieferungen in einem Umfang von 500 Millionen Euro leisten können.

Kein Embargo gegen russische Energielieferungen

Ein Importstopp für russische Energielieferungen, wie es in Versailles etwa der lettische Regierungschef Krisjanis Karins forderte, ist derweil vorerst vom Tisch. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) wandte sich in Versailles gegen ein solches Embargo mit dem Argument, dass die Auswirkungen der EU-Sanktionen nicht übermäßig auf die Europäer zurückschlagen dürften.

Statt eines sofortigen Embargos wird nun erwogen, ein Ende der Importe von Kohle und Öl aus Russland EU-weit für das Jahr 2027 anzupeilen. Die Lieferungen von russischem Gas sollen nach den Vorstellungen der EU-Kommission bereits innerhalb eines Jahres um zwei Drittel zurückgefahren werden.

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