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Die Zahl der Todesopfer des Militärputschs in Myanmar steigt wöchentlich.

© AFP

Gewaltsame Proteste gegen Militärjunta: Aktivisten berichten von mehr als 500 Toten in Myanmar

Am Wochenende hatte die Gewalt in Myanmar seinen vorläufigen Höhepunkt seit dem Militärputsch erreicht. Der UN-Sicherheitsrat trifft sich deshalb am Mittwoch.

Bei der gewaltsamen Niederschlagung der Proteste gegen die Militärjunta in Myanmar sind bereits mehr als 500 Menschen getötet worden. Die örtliche Hilfsorganisation für politische Gefangene (AAPP) teilte am Dienstag mit, sie könne den Tod von 510 Zivilisten bestätigen, die wirkliche Opferzahl sei aber vermutlich erheblich höher.

Angesichts der brutalen Unterdrückung von Demonstranten in Myanmar forderte UN-Generalsekretär António Guterres die internationale Gemeinschaft zu mehr Einigkeit gegenüber der Militärjunta auf. „Es ist absolut inakzeptabel, Gewalt gegen Menschen von einem derartigen Ausmaß zu sehen, so viele tote Menschen“, sagte der UN-Chef am Montag. Er rief die internationale Gemeinschaft zu „mehr Engagement“ auf, um Druck auf die Militärjunta auszuüben.

Der UN-Sicherheitsrat will sich sich am Mittwoch mit der jüngsten Gewalt gegen Demonstranten beschäftigen. Die Sitzung hinter verschlossenen Türen finde auf Antrag Großbritanniens statt, verlautete aus Diplomatenkreisen in New York.

Dabei werde zu Beginn ein Bericht zur Lage in dem südostasiatischen Land von der UN-Sondergesandten Christine Schraner Burgener erwartet. Nach einem früheren Treffen hatte der Rat die Gewalt in dem asiatischen Land bereits verurteilt – Einfluss auf das brutale Vorgehen des Militärs schien das aber nicht zu haben.

In Myanmar hatte die Militärgewalt am Wochenende bei landesweiten Protesten mit mehr als 100 Toten einen vorläufigen Höhepunkt erreicht. Die Vereinten Nationen bezeichneten den Samstag als den „blutigsten Tag“ seit dem Militärputsch vom 1. Februar. Unter den Toten waren Berichten zufolge mehrere Kinder und Jugendliche im Alter von fünf bis 15 Jahren.

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Seit dem Militärputsch vor rund acht Wochen sieht sich die Junta in Myanmar massiven Protesten gegenüber, gegen die sie äußerst brutal mit Tränengas, Gummigeschossen und scharfer Munition vorgeht.

Die Demonstranten fordern unter anderem die Freilassung der entmachteten De-facto-Regierungschefin Aung San Suu Kyi und eine Rückkehr zur Demokratie. Die 75-Jährige sitzt seither im Hausarrest und wird von der Justiz verschiedener Vergehen beschuldigt.

Auch am Montag protestierten Tausende gegen die Junta, darunter auch in der früher als Rangun bekannten Hauptstadt Yangon. Örtlichen Berichten zufolge gingen Einsatzkräfte mit Gewehren und Granaten gegen Demonstranten vor. Dabei sollen mehrere Menschen getötet und weitere verletzt worden sein.

Angesichts des brutalen Vorgehens der Militärjunta in Myanmar gegen Demonstranten bereitet sich das benachbarte Thailand auf eine Welle von Flüchtlingen vor. Wie Ministerpräsident Prayut Chan-o-cha am Montag sagte, bereiten die örtlichen Behörden demnach Areale zur Unterbringung vor.

Etliche Flüchtlinge aus Myanmar wollen nach Thailand einreisen.
Etliche Flüchtlinge aus Myanmar wollen nach Thailand einreisen.

© Reuters

Zuvor hatten auch die Bundesregierung und US-Präsident Joe Biden die exzessive Gewalt des Militärs in Myanmar scharf kritisiert.

Regierungssprecher Steffen Seibert nannte es am Montag erschütternd, dass es fast täglich Todesopfer gebe, darunter auch Kinder. Die Bundesregierung fordert von den Militärmachthabern einen sofortigen Verzicht auf Gewaltanwendung, die Freilassung von Gefangenen und eine Rückkehr zur Arbeit demokratischer Institutionen.

Biden bezeichnete die Lage als abscheulich. Auf die Frage nach Sanktionen und einer Reaktion sagte Biden knapp: „Wir arbeiten gerade daran.“ Das Büro der Handelsbeauftragten Katherine Tai teilte am Montag mit, die USA setzten ein 2013 mit Myanmar geschlossenes Rahmenabkommen über Handel und Investitionen ab sofort und so lange aus, bis es in dem Land wieder eine demokratisch gewählte Regierung gebe.

Auch Frankreich verurteilte aufs Schärfste die „blinde und mörderische Gewalt“ der Sicherheitskräfte. Diese hätten Waffen gegen die eigene Bevölkerung einsetzt, Myanmar versinke jeden Tag tiefer in der „Tragödie“, mahnte Außenminister Jean-Yves Le Drian. Er forderte ein Ende der Gewalt und die bedingungslose Freilassung aller politischen Gefangenen.

Baerbock fordert Bundesregierung zu eigenen Sanktionen auf

Grünen-Chefin Annalena Baerbock forderte von der Bundesregierung, eigene Sanktionen zu erlassen. „Wir als Bundesrepublik Deutschland können ganz alleine - dafür braucht man keinen Sicherheitsrat - den Militärattaché und seinen Stab aus Deutschland ausweisen“, sagte sie.

Der CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter machte sich für einen internationalen Krisengipfel stark. Europa müsse zudem gegenüber Moskau und Peking volle Kooperation im UN-Sicherheitsrat einfordern. „Wir müssen als Europäerinnen und Europäer geschlossen deutlich machen, dass wir ein Ende jeder Unterstützung und volle Kooperation im UN-Sicherheitsrat erwarten“, sagte er der „Heilbronner Stimme“.

Der außenpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Bijan Djir-Sarai, sagte: „Deutschland und die Europäische Union sollten umgehend in enger Abstimmung mit den USA das bisher erlassene Sanktionsregime gegen die Militärführung ausweiten.“

Gyde Jensen (FDP), Vorsitzende des Bundestagsausschuss für Menschenrechte, sagte: „Es ist die Verantwortung der internationalen Gemeinschaft, konsequent die finanziellen Quellen der Militärjunta auszutrocknen, mit denen sie den Massenmord an der eigenen Bevölkerung finanziert.“ Auch sie sprach sich für neue Sanktionen aus. Die USA, die Europäische Union und Großbritannien haben nach dem Militärputsch bereits einzelne Sanktionen verhängt. (AFP, dpa)

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