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Junta-Chef Min Aung Hlaing als „Mörder“: Ein Demonstrant in Yangon

© AFP/Stringer

Gewalt gegen Demonstranten in Myanmar: Amnesty wirft Militär „außergerichtliche Hinrichtungen“ vor

Die Militärführung in Myanmar geht brutal gegen jeden Protest vor. Amnesty wertet Videos aus, die Tötungen zeigen. Die UN und die USA reagieren.

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International wirft der Armee von Myanmar den vorsätzlichen und koordinierten Einsatz von Kriegswaffen gegen friedliche Demonstranten vor. Vor allem in den Städten Mandalay, Yangon und Monywa sei der Einsatz unverhältnismäßiger und tödlicher Gewalt in den vergangenen Tagen massiv gestiegen, hieß es in einer am Donnerstag veröffentlichten Analyse der Menschenrechtsorganisation.

„Viele der dokumentierten Tötungen kommen außergerichtlichen Hinrichtungen gleich“, teilte Amnesty. Grundlage der Analyse ist eine Auswertung von mehr als 50 Videos durch das Crisis Evidence Lab von Amnesty.

Gegen friedliche Demonstranten kommen demnach auch militärische Einheiten zum Einsatz, denen Amnesty in der Vergangenheit Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit zur Last gelegt hat. Dazu gehören demnach die 33., 77. und 101. leichte Infanteriedivision. Sie werden laut Amnesty in den besonders von der Gewalt betroffenen Städten Mandalay, Yangon und Monywa eingesetzt.

Tödliche Gewalt werde dabei geplant und systematisch eingesetzt, heißt es in der Analyse. Die Soldaten seien zunehmend mit nicht für Polizeiaufgaben vorgesehenen Kriegswaffen ausgestattet. Viele Videos zeigen Sicherheitskräfte, die wahllos scharfe Munition in städtischen Gebieten einsetzen.

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In einem Video vom 3. März in einem Stadtteil der Handelsmetropole Yangon sind mehrere Sicherheitskräfte zu sehen, die offenbar einen Gefangenen in ihrer Mitte führen. Dieser leistet keinen Widerstand, bevor einer der Bewacher ihn plötzlich erschießt. Andere Videos zeigen Soldaten, die wahllos mit scharfer Munition auf Demonstranten und in Wohnhäuser schießen.

„Das sind nicht die Handlungen überforderter, einzelner Einsatzkräfte, die falsche Entscheidungen treffen“, erklärte die für Krisenreaktion zuständige Amnesty-Direktorin Joanne Mariner. Es handle sich um skrupellose Kommandeure, die bereits in Verbrechen gegen die Menschlichkeit verwickelt seien und ihre Truppen und mörderischen Methoden in aller Öffentlichkeit einsetzen.

Protest in Myanmar: Eine Nonne bittet Polizisten in Myitkyina um Nachsicht mit den Demonstranten.
Protest in Myanmar: Eine Nonne bittet Polizisten in Myitkyina um Nachsicht mit den Demonstranten.

© AFP/Myitkyina News Journal/Handout

Untersucht wurden Amnesty zufolge 55 Videos, die zwischen dem 28. Februar und dem 8. März aufgenommen worden waren. „Der UN-Sicherheitsrat und die internationale Gemeinschaft müssen unverzüglich handeln und die Täter zur Verantwortung ziehen“, forderte Mariner.

Myanmar befindet sich im Aufruhr, seit das Militär durch einen Putsch Anfang Februar die bisherige De-facto-Regierungschefin Aung San Suu Kyi absetzte und die Macht übernahm. Bei den täglichen Protesten wurden seither durch das harte Vorgehen der Sicherheitskräfte mehr als 60 Menschen getötet. Fast 2000 Menschen wurden festgenommen.

UN-Sicherheitsrat verurteilt Gewalt – USA verschärfen Sanktionen

Der UN-Sicherheitsrat verurteilte unterdessen die Gewalt gegen die friedlichen Demonstranten in Myanmar scharf. Alle Festgenommenen müssten sofort wieder freigelassen werden, forderte das Gremium in einer bei einer kurzfristig angesetzten Sitzung am Mittwoch (Ortszeit) verabschiedeten Stellungnahme. Das Militär forderte der Rat zur „äußersten Zurückhaltung“ auf. Die Situation werde weiter genau beobachtet, kündigten die 15 Mitglieder an.

Die USA verschärfen ihre Sanktionen wegen des Putsches in Myanmar. Das US Finanzministerium kündigte am Mittwoch an, zwei erwachsene Kinder von Junta-Chef Min Aung Hlaing, die vom Verhalten ihres Vaters profitiert haben sollen, auf die Schwarze Liste zu setzen. „Wir werden nicht zögern, weitere Maßnahmen gegen diejenigen zu ergreifen, die zur Gewalt anstiften und den Willen des Volkes unterdrücken,“ sagte US-Außenminister Antony Blinken. Er warnte, dass weitere Strafmaßnahmen folgen

Auch Großbritannien prüfe zusätzliche Maßnahmen gegen Myanmar, erklärte Außenminister Dominic Raab nach dem Schritt der USA. „Wir sind uns darüber im Klaren, dass es dem Regime nicht erlaubt werden darf, von Machtmissbrauch und Menschenrechtsverletzungen zu profitieren", teilte Raab auf dem Kurznachrichtendienst Twitter mit.

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Die USA hatten nach dem Putsch bereits Sanktionen gegen ranghohe Generäle in Myanmar verhängt, auch gegen Junta-Chef Hlaing. Der Oberbefehlshaber führte den Putsch am 1. Februar an und setzte sich selbst an die Spitze des regierenden Staatsverwaltungsrates. Seine beiden Kinder kontrollieren insgesamt sechs Firmen in Myanmar. Unternehmen und Personen auf der Schwarzen Liste wird das US-Vermögen eingefroren, Geschäftsbeziehungen werden untersagt.

Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch begrüßte den Schritt des US-Finanzministeriums, da er direkt auf das Einkommen von Hlaing abziele, forderte aber stärkere Sanktionen. „Dies sind nicht die Art von Strafmaßnahmen, von denen wir glauben, dass sie zu einer Verhaltensänderung führen werden. Wir empfehlen, dass sie sich auf die laufenden Einkommensströme konzentrieren, die weitaus größer sind und, wenn sie abgeschnitten würden, weitaus schmerzhafter für das Militär als Institution wären“, sagte John Sifton, Asien-Direktor von Human Rights Watch. (dpa. AFP, Reuters)

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