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Karl Lauterbach (SPD), Bundesminister für Gesundheit, telefoniert zu Beginn der wöchentlichen Kabinettssitzung im Kanzleramt.

© Michele Tantussi/reuters POOL/dpa

Gesundheitsminister in Erklärungsnot: Hat Lauterbach das RKI nicht im Griff – oder wusste er mehr, als er zugab?

Plötzlich gilt der Genesenen-Status nur drei Monate: Darüber sind nicht nur Lauterbachs Kollegen auf Landesebene sauer. Der Vorgang ist brisant. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Karl Lauterbach – er ist gegenwärtig Deutschlands beliebtester Minister. Doch das muss nicht so bleiben. Wieder einmal gibt es großen Ärger mit dem Robert Koch-Institut, für das er verantwortlich ist. Und Lauterbach gerät in Erklärungsnot.

Grund ist die Skandal-Entscheidung, die das Institut kürzlich im Internet veröffentlicht hat, überraschend für Millionen Deutsche und sämtliche Landesregierungen: Der Genesenenstatus wurde durch das RKI von sechs auf drei Monate verkürzt. So verloren plötzlich unzählige Bürger ihr Recht, in Restaurants, Bars oder in Fitnessstudios zu gehen. Es sei denn mit zusätzlichen Tests.

[Lesen Sie auch diesen Tagesspiegel-Plus-Artikel zum Thema: „Verspielt er seinen guten Ruf? Warum Lauterbach plötzlich am Pranger steht“ (T+)]

Das war am 15. Januar. Noch am 14. Januar hatte Lauterbach aber den Ministerpräsidenten im Bundesrat versprochen, sie über Änderungen des Genesenenstatus rechtzeitig zu informieren. Er will davon auf Nachfrage von „Bild“ bei seinem Auftritt in der Länderkammer nichts gewusst haben. Auch andere in der Ministeriumsführung nicht. Nicht nur die Kollegen auf Landesebene sind sauer.

Der Vorgang ist brisant. Was wusste der Gesundheitsminister wann? Wenn ihn das RKI vor vollendete Tatsachen gestellt hat, dann hätte Lauterbach sein Ressort nicht im Griff. Wenn das RKI schon länger vorgehabt sollte, die Gültigkeit des Genesenenstatus zu verkürzen und den verantwortlichen Minister nicht eingeweiht hätte, wäre das unvorstellbarer Affront.

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Wenn die EU sich nun mit Deutschlands Zustimmung auf einen Genesenenstatus von sechs Monaten verständigt hat, grenzt das an Irrsinn. Wenn das RKI allerdings auf Weisung handelte, der Termin klar war – dann wird es gefährlich für Lauterbach.

Über allem steht darum diese Frage: Sagt der Gesundheitsminister die Wahrheit? Jetzt muss er ausnahmsweise einmal sich selbst erklären und volle Transparenz schaffen. In der Pandemie geht es bei allen Maßnahmen besonders um Lauterkeit. Die hat Lauterbach in zurückliegender Zeit so beliebt gemacht. Zweifel wirken da wie ein Virus.

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