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Fitnesstracker - sie werden immer weiter entwickelt und bekommen immer mehr Funktionen. Dadurch steigen auch die Datenmengen, die sie liefern.

© Floria Schuh/dpa

Gesundheits-Apps: Sie zählen jeden Schritt

Fitnesstracker zeichnen alles auf, was der Körper tut - und wie ihm das bekommt. Es sind sensible Daten, für die sich nicht nur die Versicherungswirtschaft interessiert. Wer solche Geräte nutzt, sollte sich dessen bewusst sein. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Arno Makowsky

Es ist schon faszinierend, das kann man nicht leugnen: Eine App auf dem Smartphone zählt alle Schritte, die man an einem Tag zurücklegt, dokumentiert Untersuchungsbefunde, warnt vor Risiken, erinnert an Arztbesuche. Und es ist verführerisch. Wer all diese Daten sammelt und an seinen Versicherer weitergibt, bekommt eine günstigere Prämie oder einen Zuschuss für einen sogenannten Fitnesstracker, zum Beispiel eine Apple Watch. 50 Euro für ein solches Gerät gewährt zum Beispiel die AOK Nordost.
Ist das nun eine Revolution im Gesundheits- und Versicherungswesen, die die Menschen dazu bringt, sich gesünder zu ernähren und mehr zu bewegen – und dabei auch noch Geld zu sparen? Oder haben wir es mit einem perfiden Trick der Versicherer zu tun, die den gläsernen Patienten schaffen wollen, um in Zukunft gnadenlos auswählen zu können, wem sie welche Konditionen anbieten? Nach dem Motto: Dicke zahlen mehr.
Zunächst muss man zur Kenntnis nehmen, dass die Menschen geradezu verrückt danach sind, mit Gesundheits- und Fitness-Apps ihre Körperdaten zu messen. Im Park begegnet man kaum mehr einem unverkabelten Jogger, in Kantinen wird der Kalorienzähler gecheckt, vor der Wanderung der Pulsmesser aktiviert. Alle so gewonnenen Daten sind nicht nur ein nettes Gesprächsthema bei Freunden und Kollegen. Die ständige private Überwachung der Körperfunktionen bietet auch ein gigantisches Potenzial für die Gesundheitswirtschaft.

Das muss nichts Schlechtes bedeuten. Bei der Kommunikation zwischen Arzt und Patient beispielsweise bringt es Vorteile, wenn Datenreihen zum Blutdruck oder zur Schlafqualität sofort abrufbar sind. Gesundheitsforscher profitieren von riesigen Datenmengen, die sonst in teuren Studien gesammelt werden müssten. Und Hersteller von Gesundheits-Hardware entwickeln immer spezialisiertere Geräte, die vom Körperfett bis zum Schlafverlauf alles dokumentieren. Da mag viel Schnickschnack dabei sein – aber wenn die Menschen es wollen, bitte. Die ungebremste Begeisterung an der Vermessung des Selbst birgt allerdings Risiken, derer sich viele App-Nutzer offenbar nicht bewusst sind. Wer seine Urlaubsfotos auf Facebook postet, stört sich auch nicht daran, seine Herzfrequenz beim Waldlauf preiszugeben. Aber Gesundheitsdaten sind sensibel; sie sagen viel über einen Menschen und seine Gewohnheiten aus. Wer sie weitergibt, bekommt eben nicht nur eine günstigere Prämie vom Versicherer. Er muss damit rechnen, letztlich in seiner Persönlichkeit bewertet zu werden. Um womöglich später als Risikopatient zu gelten. Natürlich versprechen Versicherungsgesellschaften und Fitnessportale, sorgsam mit all den gewonnenen Daten umzugehen. Das mag auf einige zutreffen, auf andere nicht. Klar ist: Wenn eine Versicherung davon profitiert, nur noch Menschen aufzunehmen, die ihre Daten abliefern – dann fordert sie das langfristig von allen ihren Kunden. Und wenn die erste Gesellschaft sich damit einen Wettbewerbsvorteil verschafft, werden die anderen bald nachziehen.

Wer Spaß daran hat, mit Apps seine eigene Fitness und seine Gesundheit zu überprüfen, soll das natürlich trotzdem tun. Aber vor dem Drücken auf den „Senden“-Knopf wäre es sicher nicht schlecht, kurz darüber nachzudenken, wer was mit diesen Daten anstellen kann.

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