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Serbiens Präsident Aleksandar Vucic will von einer Anerkennung des Kosovo nichts wissen.

© REUTERS

Gespräche zwischen Belgrad und Pristina: Serbien beharrt auf Gebietstausch

Am Sonntag wollen sich Serbiens Präsident Vucic und der kosovarische Premier Hoti per Video treffen. Doch der Dialog zwischen beiden Ländern ist schwierig.

Die Demonstranten, die auch am Freitagabend in Belgrad gegen die Corona-Politik des serbischen Präsidenten Aleksandar Vucic auf die Straße gingen, waren weit gehend friedlich. Aber dann tauchten wie schon in den Tagen zuvor maskierte Hooligans auf, die Feuerwerkskörper in die Menge warfen und anschließend ins Parlament eindrangen. Sie skandierten nationalistische Gesänge und forderten, dass Serbien das Kosovo nicht aufgeben dürfe.

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Das Kosovo hatte sich 2008 von Serbien abgespalten und für unabhängig erklärt. Die Nationalisten, die am Freitagabend in Belgrad für Krawall sorgten, setzen Vucic weiter unter Druck. Der Präsident hat derzeit nicht nur Mühe, seinen Landsleuten zu erklären, warum er vor den Parlamentswahlen im Juni die Ausgangsbeschränkungen lockerte und damit zahlreiche Neuinfektionen in Kauf nahm. Die EU drängt Vucic auch, mit dem kosovarischen Regierungschef Avdullah Hoti in einen ernsthaften Dialog zu treten. Doch Serbiens Staatschef sperrt sich gegen eine Anerkennung des Kosovo.

Merkel und Macron wollen Dialog befördern

Am Freitag hatten Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron bei einer Videokonferenz versucht, Vucic und Hoti auf einen Einigungskurs zu bringen.  Sowohl Serbien als auch das Kosovo wollen in die EU, allerdings hat die Gemeinschaft dafür eine Anerkennung der ehemaligen serbischen Provinz durch Belgrad zur Bedingung gemacht.

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Zwischenzeitlich waren die USA mit dem Versuch gescheitert, den im November 2018 abgebrochenen Dialog zwischen beiden Ländern wieder in Gang zu bringen. Der frühere US-Botschafter in Berlin, Richard Grenell, der von Präsident Donald Trump zum Sondergesandten für die serbisch-kosovarischen Beziehungen ernannt worden war, hatte sich vergeblich darum bemüht, Bewegung in die festgefahrenen Beziehungen zwischen Belgrad und Pristina zu bringen.

EU hat die Initiative wieder an sich gezogen

Umso wichtiger ist es nun für die EU, dass die neue diplomatische Initiative aus Brüssel, Berlin und Paris – gewissermaßen im Innenhof der Gemeinschaft - zum Erfolg wird. Doch darauf deutet gegenwärtig wenig hin. Zwar hieß es am Freitag in einer gemeinsamen Erklärung Merkels und Macrons, dass sich der serbische Präsident und der kosovarische Regierungschef darauf verständigt hätten, „wichtige vertrauensbildende Maßnahmen zwischen den beiden Parteien zu vertiefen“.  Allerdings ist ein persönliches Gespräch, das für diesen Sonntag zwischen Vucic und Hoti in Brüssel geplant war, geplatzt. Es soll nach dem Willen von Vucic erst am kommenden Donnerstag stattfinden. Vorher wollen sich die beiden Spitzenpolitiker an diesem Sonntag erneut per Video austauschen.

Die Gespräche gestalten sich in erster Linie deshalb schwierig, weil Vucic immer noch auf der Idee eines ethnischen Gebietstauschs zwischen beiden Ländern beharrt. Vor allem Merkel hatte sich bereits bei einer Westbalkan-Konferenz im vergangenen Jahr in Berlin strikt dagegen gewandt – weil ein Gebietstausch einen gefährlichen Dominoeffekt auf dem Balkan in Gang setzen könnte.

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