zum Hauptinhalt
Ein Helikopter des chinesischen Militärs nahe der Insel Pingtan

© AFP/Hector Retamal

Update

Geschosse, Militärhubschrauber und Raketen am Himmel: China startet großangelegtes Militärmanöver vor Taiwans Küste

Die Sorge vor einer Eskalation wächst. Am Donnerstag wurden gleich mehrere chinesische Militäreinsätze vor der taiwanischen Küste gemeldet.

Einen Tag nach dem Taiwan-Besuch von US-Spitzenpolitikerin Nancy Pelosi hat China als Reaktion seine bisher größten Militärmanöver vor der taiwanischen Küste begonnen. Bei den Übungen feuerte die chinesische Armee nach taiwanischen Angaben am Donnerstag mehrere Raketen ab.

[Wenn Sie aktuelle Nachrichten aus Berlin, Deutschland und der Welt live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können.]

Die beteiligten Kampfflugzeuge und Schiffe kamen bis auf 20 Kilometer an die taiwanische Küste heran. Taipeh verurteilte die Übungen als Bedrohung für den Frieden in der Region.

Das chinesische Militär bestätigte Übungen für „einen Angriff mit konventionellen Raketen an mehreren Orten und mit mehreren Waffentypen“ vor der Küste Taiwans. Alle Raketen hätten „ihr Ziel präzise getroffen" und „die Schlagpräzision und die Fähigkeit zur Gebietsverteidigung“ getestet.

Verschiedene Berichte über Militäreinsätze

Taipeh sprach von „irrationalen Aktionen, die den Frieden in der Region untergraben“. China habe elf ballistische Raketen aus der Dongfeng-Reihe abgeschossen, erklärte Taiwans Regierung. Sie machte keine Angaben dazu, wo die Raketen landeten und ob sie über die Insel flogen.

Japan erklärte, es habe neun Raketen gesichtet, von denen vier wohl über Taiwans Hauptinsel geflogen seien. Fünf Raketen seien in der Ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) vor der japanischen Küste gelandet, teilte das Verteidigungsministerium in Tokio mit. Japans Außenminister Yoshimasa Hayashi forderte China auf, die Manöver umgehend zu stoppen.

Touristen beobachten von der chinesischen Insel Pingtan aus Spuren von Geschossen am Himmel.
Touristen beobachten von der chinesischen Insel Pingtan aus Spuren von Geschossen am Himmel.

© AFP/Hector Retamal

AFP-Journalisten auf der Grenzinsel Pingtan sahen mehrere kleine Geschosse am Himmel. In der Nähe eines beliebten Urlaubsortes auf dem Taiwan gegenüber liegenden chinesischen Festland wurden fünf Militärhubschrauber in relativ geringer Höhe gesichtet.

Gespräch zwischen Japan und Pelosi geplant

Japan hatte bereits am Mittwoch während des Besuchs der Vorsitzenden des US-Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, in Taiwan darauf hingewiesen, dass Chinas Manöver in einem Gebiet stattfinden, das sich mit Japans Wirtschaftszone überschneide.

Pelosi will am Freitag in Tokio Gespräche mit der Regierung führen. Japan ist ein wichtiger Verbündeter Washingtons. Die USA sind zugleich Japans Schutzmacht.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

In der Nacht hatte China dann die größte militärische Machtdemonstration seit Jahrzehnten voll anlaufen lassen. „Die Übungen beginnen“, hatte der Sender CCTV am Donnerstag im Online-Netzwerk Weibo mitgeteilt.

Sie könnten auch Modell für eine gewaltsame Eroberung sein. Dabei wurden nach chinesischen Angaben auch Raketen für „Präzisionsschläge“ abgefeuert.

Taiwan aktiviert Verteidigungssysteme

Das taiwanesische Verteidigungsministerium warf Peking den Abschuss „mehrerer ballistischer Raketen in Taiwans nordöstliche und südwestliche Gewässer seit 13.56 Uhr (Ortszeit, MESZ: 7.56 Uhr)“ vor, teilte das Ministerium am Mittwoch auf Twitter mit.

„Wir verurteilen solche irrationalen Aktionen, die den regionalen Frieden gefährden.“ Eine Reporterin des taiwanesischen Fernsehsenders TVBS-News berichtete, dass das Ministerium „Verteidigungssysteme gestartet“ habe.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Bilder in den chinesischen Sozialen Medien zeigten mutmaßliche Artillerie- und Raketenstarts in Richtung der taiwanesischen Meerenge. Die Nachrichtenagentur AFP verbreitete zudem Videos von chinesischen Militärhubscharubern, die nahe an der chinesischen Insel Pingtan vorbeifliegen. Das Eiland liegt nur etwa 130 Kilometer von Taiwan entfernt.

Taiwans Verteidigungsministerium hatte erklärt, die Lage genau zu beobachten. Die Streitkräfte des Inselstaates würden gemäß dem Prinzip handeln, sich „auf einen Krieg vorzubereiten, ohne einen Krieg zu wollen“. Es werde auch keine „Eskalation des Konflikts“ gesucht.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Zuvor hatte Taiwan nach Angaben des Verteidigungsministeriums nicht identifizierte chinesische Flugkörper über den Kinmen-Inseln mit Leuchtraketen vertrieben. Zwei chinesischen Flugobjekte, wahrscheinlich Drohnen, seien am Mittwochabend zweimal in das Gebiet eingedrungen, gegen 21 Uhr und 22 Uhr, sagte Generalmajor Chang Zone-sung vom Kinmen-Verteidigungskommando der Nachrichtenagentur Reuters am Donnerstag.

Chinesische Militärhelikopter nahe Taiwan
Chinesische Militärhelikopter nahe Taiwan

© AFP/Hector Retamal

„Wir haben sofort Leuchtraketen gezündet, um sie zu warnen und zu vertreiben. Danach kehrten sie um. Sie kamen in unsere Sicherheitszone und deshalb haben wir sie vertrieben.“ Er gehe davon aus, dass die Drohnen dazu dienten, Informationen über Taiwans Sicherheitsmaßnahmen zu sammeln. Die stark befestigten Kinmen-Inseln gehören politisch zu Taiwan, liegen aber nahe vor der südöstlichen Küste Chinas bei der Stadt Xiamen.

Lesen Sie auch auf Tagesspiegel Plus:

Die laufenden chinesischen Manöver rund um Taiwan zielen nach Angaben in Staatsmedien auf eine See- und Luftblockade der demokratischen Inselrepublik. Auch werde damit eine mögliche militärische Eroberung Taiwans geübt. Die taiwanesische Hafenbehörde habe am Donnerstagmittag (Ortzeit) mitgeteilt, dass die chinesische Luftwaffe das Manövergebiet ausweite, twittert der Ostasien-Korrespondent der Deutschen Welle, William Yang.

Zudem werde die Übung „bis nächsten Montagmorgen 10 Uhr verlängert“. Die Manöver, zu denen auch Raketentests und Schießübungen gehören werden, hatte die chinesische Volksbefreiungsarmee als Reaktion auf den Besuch der Vorsitzenden des US-Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, in Taiwan angeordnet.

Sprecherin des US-Repräsentantenhauses: Nancy Pelosi.
Sprecherin des US-Repräsentantenhauses: Nancy Pelosi.

© Kim Min-Hee/Pool Kyodo/AP/dpa

Der Besuch der US-Spitzenpolitikerin, die ihre Asienreise am Donnerstag in Südkorea fortsetzte, hatte die Spannungen um Taiwan angeheizt. Es war die ranghöchste Visite aus den USA seit einem Vierteljahrhundert. Peking reagierte empört, da es die Insel für sich beansprucht.

Taiwan wird von der kommunistischen Führung nur als Teil der Volksrepublik angesehen. Peking lehnt offizielle Kontakte anderer Länder zu Taipeh strikt ab und hatte vehement vor dem Besuch gewarnt. Taiwan versteht sich hingegen schon längst als unabhängig.

[Beliebt auf tagesspiegel.de: Feuerwehr bewässert angrenzende Gebiete - Großbrand im Berliner Grunewald – Avus bleibt wohl ganztägig gesperrt]

Baerbock fordert Deeskalation

Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) rief bei ihrem Besuch in Kanada zur Deeskalation auf. Besuche wie der Pelosis in Taiwan „dürfen nicht als Vorwand für militärische Drohgebärden genutzt werden.“ Eine Änderung des Status quo von Taiwan „kann nur friedlich und im gemeinsamen Einvernehmen aller Beteiligter erfolgen.“

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

In der Meerenge der Taiwanstraße, die das Festland von Taiwan trennt, will Chinas Artillerie auch weitreichende Schießübungen abhalten. Auch werde die von Taiwan gezogene Mittellinie in dem Meeresweg überschritten, „die aufhört zu existieren“, wie es in Staatsmedien hieß. Der Vizestabschefs des östlichen Kommandos, Gu Zhong, sagte demnach, es sollten eine Blockade der Insel, Angriffe von See, Landungen und die Kontrolle des Luftraums geübt werden.

Manöver größer als in der „Raketenkrise“ 1995

Die Manöver seien größer als in der „Raketenkrise“ 1995 und 1996, als China zur Einschüchterung auch Raketen im Norden und Süden über Taiwans Hoheitsgewässer geschickt hatte, berichteten chinesische Militärexperten. Schon damals wollte Peking mit dem Anheizen der Spannungen die Unabhängigkeitskräfte in Taiwan abschrecken. Die USA hatten damals zwei Flugzeugträger entsandt.

[Beliebt auf tagesspiegel.de: Wegen Sanktionen aus Europa und Kanada - Gazprom hält Rückgabe von Siemens-Turbine an Russland für „unmöglich“]

Mit der frühzeitigen Ankündigung schon am Dienstagabend – unmittelbar nach Ankunft von Pelosi in Taiwan – soll nach chinesischen Angaben zivilen Schiffen und Airlines genügend Zeit gegeben werden, die Manövergebiete zu verlassen oder Flugrouten zu ändern. Die Manöver, die bereits am Dienstagabend anliefen, sollen von diesem Donnerstag in vollem Umfang aufgenommen werden.

Eine Auseinandersetzung könnte die USA militärisch in den Konflikt ziehen. Experten warnten in der gegenwärtigen Lage auch vor gefährlichen Zwischenfällen durch Fehlkalkulationen der Streitkräfte auf beiden Seiten. Die USA haben sich der Verteidigungsfähigkeit Taiwans verpflichtet, was bisher meist die Lieferung von Waffen bedeutete. US-Präsident Joe Biden hatte aber wiederholt gesagt, die USA hätten eine Verpflichtung, Taiwan im Falle eines chinesischen Angriffs zu verteidigen.

Bei ihrem Treffen mit Taiwans Präsidentin Tsai Ing-wen am Vortag hatte die US-Spitzenpolitikerin Pelosi auch die Unterstützung der USA zugesagt. „Wir bleiben eisern in unserem Einsatz zur Verteidigung der Demokratie in der Welt und in Taiwan.“ Der Besuch ihrer Kongress-Delegation zeige, „dass wir unsere Verpflichtungen gegenüber Taiwan nicht aufgeben werden“. (Tsp, dpa, Reuters, AFP)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false