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Migranten nahe des Flüchtlingslagers Moria auf Lesbos.

© Elias Marcou/Reuters

Update

Geschlossene Camps geplant: Griechenland will Flüchtlingslager auf Lesbos, Chios und Samos schließen

Die überfüllten Lager in Griechenland sollen neuen geschlossenen Einrichtungen weichen. Hier sollen jene Unterschlupf finden, die keine Aussicht auf Asyl haben.

Die griechische Regierung sucht händeringend Lösungen, wie sie mit den Flüchtlingsmassen umgehen kann. Am Mittwoch hat Athen neue Maßnahmen präsentiert – die auf heftige Kritik stoßen. Das Paket, das auch beinhaltet, geschlossene Lager einzurichten, ist eine Reaktion auf Hilferufe wie diesen: „Die Situation ist außer Kontrolle, die Zustände schrecklich. Es gibt keine Worte mehr dafür, was die Menschen hier Tag und Nacht durchmachen.“ So schrieb es die Hilfsorganisation CESRT (Chios Eastern Shore Response Team) vor wenigen Tagen auf Facebook, begleitet von Bildern notdürftig errichteter Zelte inmitten von Müllhaufen auf Chios.

36.000 Migranten hausen auf den Inseln Lesbos, Samos und Chios

Seit langem werden die schlechten Bedingungen für die Migranten in den Flüchtlingslagern in der Ostägäis beklagt. Mehr als 36.000 Migranten hausen derzeit auf den Inseln Lesbos, Samos und Chios unter menschenunwürdigen Umständen. Täglich setzen weitere illegal von der Türkei über. Die Kapazität auf allen Inseln zusammen beträgt knapp 6200 Plätze.
Der Plan der Regierung in Athen: Die drei größten sogenannten Hotspots auf Lesbos, Samos und Chios sollen schrittweise geschlossen werden. Jene Migranten, die Aussicht auf Asyl haben, sollen aufs Festland gebracht werden. Die anderen sollen auf den Inseln in neu zu errichtende „Identifikations- und Abreisezentren“ gebracht und dort bis zu ihrer Ausreise festgehalten werden. Bis zu 18 Monate ist dem griechischem Gesetz zufolge erlaubt.

In jedem dieser neuen Lager sollen Regierungssprecher Stelios Petsas zufolge 5000 Menschen Platz finden - in Containerhäusern, mit fließend Wasser, sanitären Anlagen und Strom. Die geschlossenen Lager sollen eine „klare Botschaft an diejenigen sein, die eine illegale Einreise planen“. Die Migranten könnten sich nicht unkontrolliert im ganzen Land bewegen, wissend, dass sie keine Aussicht auf Asyl hätten. Die Nachricht richte sich indirekt auch an die Schleuser - jedem Migranten solle klar sein, dass er sein Geld verlieren werde, wenn er es einem Schleuser gebe, um nach Griechenland zu gelangen.

Der griechische Ableger des UN-Flüchtlingshilfswerks (UNHCR) begrüßte die Maßnahmen im Großen und Ganzen. So soll das Personal für die Bearbeitung von Asylanträgen um 500 Beamte aufgestockt werden. Auch soll künftig ein staatlicher Verantwortlicher für die rund 5000 unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge ernannt werden, die es derzeit in Griechenland gibt und von denen laut UNHCR die meisten unter prekären Umständen leben. „Die unbegleiteten Minderjährigen müssen die Hauptaufgabe sein“, sagte Boris Cheshirkov, Sprecher des griechischen UNHCR, der Deutschen Presse-Agentur am Mittwoch.

Probleme sieht die Organisation hingegen bei den geschlossenen Lagern, in denen Migranten bis zur Ausreise festgehalten werden sollen. „Von jenen, die derzeit auf den Inseln ankommen, sind unseren Schätzungen nach rund 85 Prozent asylberechtigt“, sagt Cheshirkov. Es handele sich dabei vornehmlich um Menschen aus Syrien, Afghanistan und dem Kongo. Dass sie als Nicht-Asylberechtigte angesehen und deshalb dann eingesperrt würden, dürfe nur als allerletztes Mittel gelten. Zudem sei einmal mehr Europa gefragt, mahnt Cheshirkov: „Die EU-Länder müssen Solidarität zeigen - Griechenland hat mehr Flüchtlingsankünfte als Spanien, Italien und Malta zusammen.“

Die Bewohner der Inseln sehen die Pläne positiv

Mit den Maßnahmen reagiert Athen nicht zuletzt auch auf die Last der Bewohner der Inseln. Dort wird der Plan positiv gesehen: „Es wäre uns sehr geholfen, wenn diese Maßnahmen kommen“, sagt etwa Georgios Stantzos, Bürgermeister des Ortes Vathy auf Samos. Dort gibt es bisher Platz für 648 Menschen, tatsächlich leben aber fast 7000 Migranten im Lager, also so viele, wie der Ort Vathy Einwohner hat.

Den Helfern vor Ort wiederum ist vor allem daran gelegen, vor dem Winter die vielen Kinder und Familien in Sicherheit auf dem Festland zu wissen. Denn die Zustände vor Ort sind laut der Hilfsorganisation CESRT alles andere als winterfest, geschweige denn menschenwürdig: „Keine Sicherheit, keine Toiletten, kein fließend Wasser, keine Sauberkeit, keine Unterkünfte, keine Humanität, keine Hoffnung“, bilanzieren die Helfer. (dpa)

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