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Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) äußerte sich nach der Schaltkonferenz zum weiteren Vorgehen in der Corona-Krise.

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Update

Geschäfte, Kitas und Schulen dicht, Feuerwerk verboten: Lockdown gilt ab Mittwoch – die Beschlüsse im Einzelnen

Merkel und die Länderchefs haben einen harten Lockdown ab dem 16. Dezember beschlossen. „Wir sind zum Handeln gezwungen“, sagte die Kanzlerin.

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Nach dem Bund-Länder-Gipfel am Sonntag hat Kanzlerin Angela Merkel (CDU) erklärt, dass es einen harten Lockdown geben wird, der vom 16. Dezember bis zum 10. Januar gilt. Die Entwicklung der Corona-Fallzahlen mache diesen Schritt nötig.

„Wir sind zum Handeln gezwungen und handeln jetzt auch“, sagte Merkel. Der seit Anfang November geltende Teil-Lockdown hat nach den Worten der Kanzlerin „nicht gereicht“.

Das exponentielle Wachstum der Corona-Neuinfektionen habe eine Zeit lang gestoppt werden können, sagte Merkel nach Beratungen mit den Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten am Sonntag in Berlin.

Dann habe es aber eine „Seitwärtsbewegung“ gegeben, und seit einigen Tagen gebe es wieder ein exponentielles Wachstum. Das Vorhaben sei immer gewesen, eine Überlastung des Gesundheitssystems zu vermeiden, sagte Merkel. Die nun beschlossene Verschärfung der Maßnahmen habe Auswirkungen auf die Feiertage.

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Das sehen die Beschlüsse im Einzelnen vor:

  • Die Maßnahmen, die schon bestehen, sollen bis 10. Januar verlängert werden – also vor allem die Schließung der Gastronomie (mit Ausnahme von Außer-Haus-Verkauf) und der Kultur-, Sport- und Freizeiteinrichtungen. Außer Haus verkaufte Speisen dürfen allerdings nicht vor Ort verzehrt werden. Zusätzlich wird der Genuss von Alkohol im Freien für den gesamten Lockdown-Zeitraum bis 10.Januar untersagt. Verstöße werden mit Bußgeld belegt.
  • Private Zusammenkünfte bleiben auf fünf Personen über 14 Jahren aus zwei Haushalten beschränkt. Kinder sind ausgenommen. An den Weihnachtstagen vom 24. bis 26. Dezember können die Länder das leicht lockern – indem die Beschränkung auf zwei Haushalte aufgehoben werden kann. Stattdessen werden Treffen mit bis zu vier Personen außerhalb des eigenen Hausstand möglich sein, die unter Vierzehnjährigen ebenfalls ausgenommen. Allerdings gilt das nur für Personen aus dem engsten Familienkreis, also Ehegatten, Lebenspartner, nichteheliche Gemeinschaft "sowie Verwandten in gerader Linie", außerdem Geschwister, deren Kinder und Haushaltsangehörige. Damit sollen Zusammenkünfte in den Familien so flexibel wie möglich sein, aber auch so klein wie möglich bleiben. Der zusätzliche Appell lautet, "Kontakte in den fünf bis sieben Tagen vor Familientreffen auf ein absolutes Minimum zu reduzieren" - also eine Art Teilquarantäne zu machen, bevor man Verwandte trifft.
  • An Silvester und am Neujahrstag wird es ein bundesweites Ansammlungs- und Versammlungsverbot geben. Zudem gilt ein Feuerwerksverbot auf allen "publikumsträchtigen" Plätzen, welche die Kommunen festlegen. De facto soll das Böllern allerdings generell unterbunden werden, indem der Verkauf von Pyrotechnik vor Silvester verboten wird. Wo dies doch verfügbar sein sollte, wird vom Zünden von Feuerwerk dringend abgeraten. Söder verwies hier darauf, dass dieser Punkt auf einen Wunsch aus den Krankenhäusern zurückgehe, angesichts der Belastung mit Coronafällen am Jahreswechsel nicht noch mit den üblichen Feuerwerksverletzungen zu tun haben zu müssen.
  • Der Einzelhandel schließt am 16. Dezember weitgehend die Türen, wenn es bei der Beschlussvorlage bleibt. Ausgenommen sind alle Geschäfte für den täglichen Bedarf, also der Einzelhandel für Lebensmittel, Wochenmärkte für Lebensmittel, Direktvermarkter von Lebensmitteln, Abhol- und Lieferdienste, Getränkemärkte, Reformhäuser, Babyfachmärkte, Apotheken, Sanitätshäuser, Drogerien, Optiker, Hörgeräteakustiker, Tankstellen, Kfz-Werkstätten, Fahrradwerkstätten, Banken und Sparkassen. Alle anderen Läden und Märkte schließen bis 10. Januar. Weihnachtsbaummärkte dürfen offen bleiben.
  • Körpernahe Dienstleistungen, wie der Begriff lautet, müssen ebenfalls schließen – also Frisiersalons, Massagepraxen, Tätowierstudios und ähnliche Betriebe. Medizinisch ausgerichtete Praxen wie die Podologie oder Physiotherapeuten können öffnen.
  • Die Schulen und Kindertagesstätten sollen ebenfalls schließen, auch vom kommenden Mittwoch an. Oder es wird die Präsenzpflicht im Unterricht aufgehoben. Distanzlernen soll angeboten werden, ebenso eine Notbetreuung. Unklar ist noch, wie diese definiert wird - Söder benutzet die Formulierung "für alle, die sie brauchen". Im Frühjahrs-Lockdown war sie auf bestimmte Berufsgruppen beschränkt worden. Eltern sollen die Möglichkeit haben, für die Betreuung ihrer Kinder daheim bezahlten Urlaub zu nehmen. Insgesamt bedeutet das, dass die Weihnachtsferien überall vom 16. Dezember bis 10. Januar reichen. Das hatte das Kanzleramt schon Ende November ins Gespräch gebracht, war damit aber am Widerstand in der Mehrheit der Länder gescheitert.
  • Betriebe sollen, wo möglich, in der Zeit bis 10. Januar entweder Betriebsferien machen oder großzügige Home-Office-Lösungen anbieten. Das ist allerdings keine Vorschrift, sondern eine Bitte.
  • Gottesdienste sind zulässig, aber unter Auflagen wie Mindestabstand, Maskenpflicht und Verzicht auf Gesang. Eventuell wird eine Anmeldepflicht für Besucher verlangt.
  • In Alten- und Pflegeheimen werden die Schutzmaßnahmen erhöht. So soll der Bund medizinische Schutzmasken zur Verfügung stellen und die Kosten für Schnelltests übernehmen. Das Personal in Alten- und Pflegeeinrichtungen soll mehrmals pro Woche verpflichtend getestet werden. Entsprechende Tests soll es möglichst auch bei mobilen Pflegediensten geben. In Regionen mit hohen Fallzahlen sollen Besucher im Heimen aktuelle negative Coronatests vorlegen müssen.
  • Reisen werden zwar nicht verboten, doch wird ein Appell beschlossen, nicht notwendige Reisen im Inland und ins Ausland bleiben zu lassen. Die Quarantäneregelung bei Einreisen aus Risikogebieten bleibt – sie läuft auf zehn Tage Quarantäne hinaus, die aber durch einen negativen Test nach fünf Tagen beendet werden kann.
  • Ab Mittwoch dürfen keine alkoholischen Getränke mehr in der Öffentlichkeit konsumiert werden. Das Verbot soll zunächst bis zum 10. Januar gelten. Verstöße sollen mit einem Bußgeld belegt werden.
  • In allen Hotspots ab einer Inzidenz von 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnern pro Woche, derzeit also im Großteil des Bundesgebiets, sollen zusätzliche Einschränkungen gelten, spätestens ab einem Inzidenzwert von 200 sollen zusätzliche Ausgangsbeschränkungen geprüft werden.
  • Die finanzielle Unterstützung für geschlossene Unternehmen und für betroffene Selbständige wird ausgeweitet. Die schon beschlossene Überbrückungshilfe der Bundesregierung zur Deckung von Fixkosten wird daher auf maximal 500.000 Euro pro Monat erhöht. Wertverluste bei Waren sollen über besondere Abschreibungsregeln aufgefangen werden können. Zur Entlastung bei Mieten und Pachten wird eine Regelung eingeführt, wonach die Beschränkungen eine schwerwiegende Veränderung der Geschäftsgrundlage darstellen können. Damit wären für Mieter und Pächter Minderungen möglich.
Schon am Mittwoch muss der Einzelhandel schließen.
Schon am Mittwoch muss der Einzelhandel schließen.

© Markus Scholz/dpa

Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) nannte die Maßnahmen „einschneidend für alle Beteiligten“ – und es seien alle beteiligt: Familien, Unternehmer, Kulturinstitutionen. Müller begründete den Lockdown mit dem Schutz für die Bevölkerung. „Letztendlich bleibt der Maßstab der Gesundheitsschutz“, sagte der SPD-Politiker. „Der Gesundheitsschutz ist das A und O.“

Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) sagte, bei den Beratungen seien sich alle einig gewesen, "dass wir härtere "Maßnahmen brauchen". Er sehe denn auch kaum eine Perspektive für rasche Lockerungen. Mit Blick auf das vorläufige Enddatum der neuen Maßnahmen am 10. Januar sei diese Hoffnung zwar "da, aber doch sehr gering", sagte Woidke am Sonntag in Potsdam.

Söder hält Verlängerung über 10. Januar hinaus für möglich

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) betonte die Notwendigkeit, Kontakte auf ein absolutes Minimum zu reduzieren. Die beschlossenen Maßnahmen zielten vor allem anderen darauf ab, dieses Ziel zu erreichen. „Wir tun es nicht, weil wir es wollen, sondern weil, wir es müssen.“ Für den Freistaat kündigte Söder strikte nächtliche Ausgangsbeschränkungen an. 

Und er unterstrich, dass er eine Verlängerung des Lockdowns auch über den 10. Januar hinaus für möglich hält. Am 5. Januar soll es neue Beratungen geben.

Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) plant aufgrund des Lockdowns neue Milliarden-Hilfen. Für einen Monat werde dies wohl gut elf Milliarden Euro kosten, sagt der Vizekanzler. „Es wird eine sehr umfassende Wirtschafts- und Überbrückungshilfe geben.“ Bis zu 90 Prozent der Fixkosten von geschlossenen Geschäften würden übernommen. Bis zu 500.000 könnten das für einen Betrieb ein.

Laschet bezeichnet Berichte aus den Intensivstationen als „dramatisch“

NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) schwor die Menschen auf eine harte Zeit und Tage der Entbehrung ein. Die Berichte aus den Intensivstationen in Deutschland seien dramatisch, sagte Laschet am Sonntag in Düsseldorf.

Seit Oktober habe sich die Zahl der Covid-Patienten auf den Intensivstationen in NRW vervierfacht. Seit Samstag sei ihre Zahl auf über 1000 gestiegen. Es seien nur noch 15 Prozent der Intensivkapazitäten verfügbar - „mit sinkender Tendenz“.

„Wir brauchen jetzt eine Vor-Quarantäne vor dem Weihnachtsfest und deutliche Maßnahmen danach“, sagte Laschet. Hamsterkäufe und überfüllte Innenstädte müssten vermieden werden. „Der Lockdown muss schnellstmöglich kommen“. Mit den neuen Regeln entfielen auch Pläne, den Bürgern für Familien-Besuche über Weihnachten Übernachtungen in Hotels zu erlauben, erläuterte Laschet.

Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) appellierte an die Bürger, die mit dem harten Lockdown beschlossenen Kontaktbeschränkungen im privaten Kreis eigenverantwortlich umzusetzen. In Hessen werde dies nicht die Polizei kontrollieren, sagte Bouffier am Sonntag in Wiesbaden. Der vom Grundgesetz gesicherte Schutz der eigenen Wohnung gelte selbstverständlich. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir mit Polizei unter dem Weihnachtsbaum Verordnungen durchsetzen müssen", sagte Bouffier.

Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) rief dazu auf, den bevorstehenden Lockdown zu einer Verbesserung der Pandemielage zu nutzen. Es gehe nun darum, die ohnehin stillere Weihnachtszeit "zu nutzen, um mit Herunterfahren des öffentlichen Lebens eine deutliche Senkung der Infektionszahlen zu erzielen", sagte Dreyer am Sonntag in Mainz. Sie sprach von einem "deutlichen Signal, um die Krankenhäuser und Intensivstationen zu entlasten".

In den vergangenen Tagen habe sie sehr viele Gespräche mit gesellschaftlichen Akteuren geführt, sagte Dreyer. Dabei habe Einigkeit geherrscht, "dass wir diesen Shutdown brauchen, dass er notwendig ist". Es handle sich aber um einen "sehr schweren Schritt". "Niemand von uns hat diese Entscheidung leichtfertig getroffen", versicherte Dreyer. Für Rheinland-Pfalz kündigte sie bereits Fernunterricht in den Schulen bis zum 15. Januar an.

Zahlen gehen nach wie vor nach oben

Das Robert Koch-Institut hatte am Samstag 28.438 neue Corona-Infektionen gemeldet. Der bisherige Höchststand war am Freitag mit 29.875 gemeldeten Fällen erreicht worden. Am Samstag vor einer Woche hatte die Zahl bei 23318 gelegen.

Die Gesundheitsämter meldeten zudem 496 neue Todesfälle im Zusammenhang mit der Corona-Epidemie. Der bisherige Höchstwert von 598 Toten war am Freitag erreicht worden. Die Tendenz deutet damit wieder nach oben, nachdem mit dem Teil-Lockdown vom November zunächst eine Abflachung der Verlaufskurve gelungen war.

Was die Politik fürchtet, ist eine deutliche Zunahme der Ansteckungen über die Weihnachtsfeiertage. Die ursprüngliche Erwartung, mit den im November beschlossenen Maßnahmen - insbesondere der Schließung der Gastronomie - die Infektionszahlen so weit nach unten zu korrigieren, dass zu den Festtagen hin eine Lockerung der Kontaktbeschränkungen möglich würde, hat sich in den vergangenen Tagen endgültig zerschlagen.

Im Hintergrund der Beratungen steht auch die Erkenntnis, dass sich die Ansteckungen mit dem Coronavirus nicht viel anders gestalten als bei einer Grippe. Die Grippe aber greift nicht zuletzt in den Monaten Januar und Februar um sich. Während aber bei dieser Vireninfektion die hohe Zahl an Geimpften einen dämpfenden Effekt hat, werden Corona-Impfungen wohl erst deutlich nach dem Jahreswechsel beginnen können und zunächst die Zahl de Grippeimpfungen nicht erreichen.

[Hinweis: In einer vorherigen Version hieß es fälschlicherweise, Zusammenkünfte mit Geschwistern, deren Kinder und Haushaltsangehörige über Weihnachtstage seien nicht erlaubt. Der betreffende Satz wurde im Nachgang korrigiert.]

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