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Ex-Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) und seine Frau Maike Kohl-Richter.

© Fredrik von Erichsen / dpa

Gerichtsbeschluss: Kanzleramt darf Suche nach verschwundenen Kohl-Akten geheim halten

Kein ausreichendes öffentliches Interesse, urteilt das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg nach einer Tagesspiegel-Klage. Der Deutsche Journalisten-Verband nennt das "absolut unverständlich"

Das Bundeskanzleramt darf seine Prüfungen zu verschwundenen Akten des verstorbenen Altkanzlers Helmut Kohl weiterhin geheim halten. Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hat eine Eilklage des Tagesspiegels zurückgewiesen, über den aktuellen Stand der internen Suche nach den Unterlagen informiert zu werden (Beschluss v. 24. Mai 2016, OVG 6 S 13.18).

Zur Begründung hieß es, es fehle an dem für gerichtliche Eilverfahren nötigen öffentlichen Interesse. Es gebe "keine Anhaltspunkte für einen in der Öffentlichkeit geführten Diskurs über zum Bundeskanzleramt gehörende Akten oder Aktenbestände, die sich nicht mehr im Bundeskanzleramt, sondern bei privaten Dritten befinden oder befinden könnten". Der Beschluss ist unanfechtbar. Das Verwaltungsgericht hatte dem Antrag in erster Instanz im Hinblick auf die laufenden Diskussion um das Kohl-Erbe noch stattgegeben.

Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) kritisierte den Beschluss: „Diese Entscheidung ist für den DJV absolut unverständlich. Es ist von aktuellem Interesse, ob und welche Akten fehlen“, heißt es in einer Stellungnahme, die dem Tagesspiegel vorliegt. „Derlei Zeitzeugnisse gehören nicht in private Hand.“ Das Oberverwaltungsgericht hätte stattdessen die Maßstäbe des Bundesverfassungsgerichts zur Dringlichkeit von Presseanfragen zugrunde legen müssen.

Medienberichten zufolge hatte Helmut Kohl nach dem Ende seiner Amtszeit hunderte Aktenbände mitgenommen, von denen ein Teil bei der Kohl-Witwe und Erbin Maike Kohl-Richter vermutet wurde. Im Rahmen des Gerichtsverfahrens wurde bekannt, dass im Kanzleramt ein Schreiben Kohl-Richters vorliegt, in dem die Witwe erklärt, über keine amtlichen Dokumente zu verfügen. Auch zum Fall des verstorbenen Altkanzlers Helmut Schmidt führt das Kanzleramt ein Prüfverfahren durch.

Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts befindet sich hier.

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