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Der Mainzer Arzt Gerhard Trabert behandelt Wohnungslose und andere Menschen ohne Krankenversicherung. Nun kandidiert er für das Amt des Bundespräsidenten.

© imago images/epd/Kristina Schäfer

Gerhard Trabert tritt gegen Steinmeier an: Der Arzt der Armen

Die Linkspartei nominiert den Mediziner Gerhard Trabert für das Amt des Bundespräsidenten. Er kümmert sich seit Jahren um Obdachlose.

Die Sache gilt als aussichtslos, doch das hält Gerhard Trabert nicht ab. Der Mainzer Arzt und Sozialpädagoge will am 13. Februar Frank-Walter Steinmeier herausfordern.

Die Linkspartei nominierte den 65-Jährigen zu ihrem Kandidaten für die Wahl des Bundespräsidenten. Darauf verständigten sich die Führungsgremien von Partei und Fraktion am Montag einstimmig. Seine Kandidatur richte sich nicht gegen jemanden, sondern für etwas, betont Trabert auf seiner Webseite. „Ich möchte die Kandidatur nutzen, um auf die Armut und soziale Ungerechtigkeit in diesem Land hinzuweisen, und um als Fürsprecher von Menschen aufzutreten, die zu wenig gehört werden.“

Seit vielen Jahren kümmert sich Trabert in Mainz um Obdachlose. Dabei wartet er nicht darauf, dass diese zu ihm kommen, sondern sucht sie mit seinem Arztmobil, einem zur Praxis umgebauten Kleinbus, auf der Straße auf. Jeder Mensch habe das Recht auf eine würdevolle Gesundheitsversorgung, sagt er. Für seine Arbeit wurde er mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet.

Als Arzt in Krisengebieten - und bei den Flutopfern an der Ahr

Trabert, der auch eine Professor für Sozialmedizin innehat, ist zudem immer wieder in den Krisengebieten der Welt im Einsatz, vom Tsunami-Gebiet in Sri Lanka bis zu den Flüchtlingslagern auf den griechischen Inseln. Auch im vergangenen Jahr meldete er sich als Helfer für ein Katastrophengebiet, das allerdings dieses Mal mitten in Deutschland lag: Mit seinem Arztmobil fuhr Trabert zu den Flutopfern an der Ahr.

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Es ist nicht das erste Mal, dass Trabert bei einer eigentlich für ihn aussichtslosen Wahl antritt: Im vergangenen Jahr kandidierte der Arzt in seiner Heimat Mainz als Direktkandidat für den Bundestag. Zwar gehört er keiner Partei an, aber er wurde von den Linken unterstützt. Er wolle den Menschen Gehör verschaffen, die bisher nicht oder kaum gehört würden, sagte er. Sein Wahlkampfplakat zeigt ihn mit einem offenbar wohnungslosen älteren Mann, dessen Gesicht vom Leben gezeichnet scheint. Die beiden schauen einander in die Augen, sie kommen sich dabei so nahe, dass sich ihre Stirnen berühren. „Menschen begegnen: gleichwürdig - gleichwertig“, lautete der Wahlkampfslogan. Er verfehlte zwar den Einzug in den Bundestag, kam aber auf fast 25000 Erststimmen.

Seltene Geschlossenheit bei den Linken

Die Linken-Vorsitzende Susanne Hennig-Wellsow erklärte, Trabert sei „ein Mensch der Tat mit großem Herzen“. Auch Fraktionschef Dietmar Bartsch betonte, der Kandidat sei „würdig und eine gute Wahl für das Amt des Bundespräsidenten“. Ähnlich äußerte sich die Berliner Sozialsenatorin Katja Kipping (Linke). Bei dieser Entscheidung zeigten Parteivorstand und Fraktion seltene Einigkeit, von einem gemeinsamen Vorschlag der Parteichefinnen und der Fraktionsvorsitzenden ist die Rede.

Zuletzt waren zwischen den beiden Führungsgremien deutliche Risse erkennbar geworden. Der Fraktionsvorstand hatte die Leitung des Bundestagsausschusses für Klima und Energie an den Abgeordneten Klaus Ernst vergeben. Dies war im Parteivorstand auf massive Kritik gestoßen, da Ernst als vehementer Verteidiger der Gaspipeline Nord Stream 2 gilt und ihm wenig klimapolitische Expertise zugeschrieben wird.

Hinter Traberts Nominierung steht auch der Versuch der Linken, sich mit ihrem zentralen Thema der sozialen Gerechtigkeit in der Öffentlichkeit in Erinnerung zu rufen. Eine Person, die sich sowohl für Obdachlose in Deutschland als auch für die Rettung von Flüchtlingen im Mittelmeer einsetzt, ist zudem bei allen Gruppierungen innerhalb der Linken mehrheitsfähig. Bei der Bundespräsidentenwahl 2017 hatten die Linken den Armutsforscher Christoph Butterwegge aufgestellt, fünf Jahre zuvor die Journalistin Beate Klarsfeld.

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