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Schwierige Aufgabe. 1001 CDU-Delegierte sollen im Dezember einen Nachfolger für Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer wählen.

© REUTERS

Geplantes Treffen in Stuttgart : CDU erwägt Parteitag auf Raten 

Die CDU will trotz Corona einen neuen Vorsitzenden wählen und gleichzeitig über die Frauenquote debattieren. Das stellt die Partei vor Herausforderungen. 

Von Robert Birnbaum

Es gibt Gedanken, bei denen wird es manchem im Konrad-Adenauer-Haus gleich ganz blümerant. „Der CDU-Parteitag wird zum neuen Ischgl - das fehlte gerade noch“, stöhnt dieser Tage einer aus der Parteizentrale. 

Vor der Sommerpause hatten alle Verantwortlichen in der CDU gehofft, dass der Kongress zur Wahl des neuen Chefs ein herausforderndes, jedoch mit der erworbenen Corona-Routine ganz gut zu bewältigendes Projekt wird. Aber die Zahl der Neuinfektionen steigt gerade wieder in bedrohliche Höhen, statt sich bei ein paar hundert am Tag einzupegeln. Da sind kreative Lösungen gefragt. Zum Beispiel der Parteitag auf Raten. 

Das Thema beschäftigt inzwischen jede Präsidiumssitzung. Beim letzten Treffen, berichten Teilnehmer, kam sogar die Möglichkeit zur Sprache, den Parteitag noch einmal zu verschieben, vom 3. Dezember ins nächste Frühjahr. Aber im Ernst will das niemand. Auch aus dem Kreis der Kandidaten war der amtierenden Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer signalisiert worden, dass sie die Entscheidung wollen. 

Aus dem traditionellen Parteiabend am Buffet wird wohl nichts

So beschloss man einmütig: Zumindest die Wahlen finden statt. Es bleibt auch vorerst bei den Planungen für den Ort, das Stuttgarter Messegelände. Sollte die Corona-Lage eine kurzfristige Absage erzwingen, müsse man die Kosten eben tragen. Die können bei mehrtägigen Kongressen leicht in die Millionen gehen. 

Aber es rechnet ohnehin niemand mehr damit, dass die 1001 Delegierten mehrere Tage in den Messehallen sitzen oder sich gar abends zum traditionellen Parteiabend am Buffet treffen können. Der Trend geht zum gemischten real-virtuellen Kurzparteitag. Gäste zum Beispiel lassen sich per Videobotschaft zuschalten, wobei das bei manchen Gästen schon wieder zum Politikum geraten kann: Markus Söder dürfte sich die Chance zum Live-Grußwort als CSU-Chef nur ungern nehmen lassen. 

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Bei den Wahlen - sei es zum Vorsitzenden, sei es die ebenfalls anstehende Neuwahl von Präsidium und Vorstand - führt an der leibhaftigen Anwesenheit ohnehin kein Weg vorbei. Das Parteiengesetz lässt bisher Online- oder Briefwahlen nicht zu. Und wenn schon mal alle beisammen sind, können sie auch gleich über Satzungsänderungen oder das neue Grundsatzprogramm abstimmen. 

Debatte über Frauenquote könnte vorgezogen werden

Dass die Debatte darüber ebenfalls im Saal stattzufinden habe, steht aber nirgendwo. Deshalb wird erwogen, die - absehbar strittige - Diskussion zum Beispiel über die Frauenquote als virtuelles Format vorzuziehen. Der Parteitag fände dann quasi auf Raten statt. 

Doch selbst damit bleibt er eine Herausforderung: Die Hallenlüfter auf volle Leistung, die Delegierten auf Abstand mit Plexi-Wänden dazwischen. Die Presse soll in einer zweiten Halle daneben vor Bildschirmen arbeiten. Delegierte sollen in den Pressesaal dürfen, umgekehrt eher nicht. 

Der Veranstaltungsort Stuttgart bereitet Kopfzerbrechen

Etwas Kopfzerbrechen bereitet den Planern noch der Ort. Stuttgart kam zum Zug, weil Baden-Württemberg im nächsten Frühjahr den Landtag neu wählt. Es liegt aber ziemlich am Rand der Republik. Soll der Parteitag als Live-Ereignis wirklich nur einen Tag dauern, wäre ein zentralerer Ort wie etwa Hannover besser. Die meisten Delegierten könnten morgens an- und abends heimreisen, ohne stundenlang im Zug zu sitzen.  

Vorerst, wie gesagt, bleibt es aber bei Stuttgart als Veranstaltungsort. Auch die nur halb scherzhaft gemeinte Idee eines führenden Christdemokraten, in ein Fußballstadion unter freien Himmel auszuweichen, hat selbst der Urheber nicht weiter propagiert.  Die Idee mit dem Fußballstadion verweist allerdings auf das Generalproblem. Sollten bis Dezember Großveranstaltungen immer noch oder wieder verboten sein, mithin Versammlungen über 1000 Menschen, kann die Regierungspartei sich nicht ausnehmen. Fußball nein, Parteitag doch - beim Gedanken an das öffentliche Echo wird es manchem in der CDU gleich wieder flau.  

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