zum Hauptinhalt
Ein Endlager für schwach- und mittelradioaktive Stoffe befindet sich mit Schacht Konrad bereits in Bau.

© dpa/ Silas Stein

Endlagersuche für Atommüll: Geologische Daten könnten zum Streitfall bei der Endlagersuche werden

Das Geologie-Datengesetz ist lange überfällig und wird für die Suche nach einem Atommüll-Endlager benötigt. Ein Entwurf des Gesetzes liegt dem Tagesspiegel vor.

Die Zeit drängt: Mitte 2020 sollen erstmals jene Gebiete benannt werden, die als Standort für ein Endlager für den deutschen Atommüll infrage kommen. Die an der Suche Beteiligten mussten lange warten, nun konnten sich die zuständigen Bundesministerien um das federführende Wirtschaftsressort (BMWi) auf einen Referentenentwurf für das Geologie-Datengesetz einigen. Für die Endlagersuche ist das Gesetz eine heikle Wegmarke, wird es bei der Endlagersuche doch eine wesentliche Rolle spielen.

Der Kernpunkt des Gesetzesentwurfs, der dem Tagesspiegel vorliegt: Viele geologische Daten, die bei der Endlagersuche verwendet werden, könnten unveröffentlicht bleiben. Kommt es zu Abweichungen von diesem Regelfall, wären Einzelfallabwägungen notwendig.

Daten von Unternehmen stehen im Fokus

Die Politik hat der Transparenz im novellierten Standortauswahlgesetz einen hohen Stellenwert eingeräumt. Damit sollen Konflikte wie der um den Standort Gorleben vermieden werden. Die Bevölkerung soll umfassend über das Verfahren informiert werden. Mit dem Geologie-Datengesetz soll nun die Bereitstellung der Daten geregelt und ihre öffentliche Zugänglichkeit erleichtert werden. Ein Referentenentwurf sollte bereits im Frühjahr vorliegen.

Im Fokus des Gesetzes stehen private Datenschätze, in vielen Fällen detaillierte Informationen über die Beschaffenheit des Untergrunds, die von Unternehmen etwa bei der Suche nach Erdgas oder Erdöl gesammelt wurden. Das Problem: Bislang kann die Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE), betraut mit der Standortsuche, solche Daten für ihre Zwecke zwar nutzen, nicht aber ohne Zustimmung ihrer Eigentümer veröffentlichen. Wenn im nächsten Jahr erste Festlegungen auf mögliche Endlagergebiete erfolgen, sind Widerstände in den Regionen kaum vermeidbar – vor allem, wenn die Entscheidungsgrundlage nicht vollständig nachvollziehbar wäre.

Veröffentlichung bewerteter Daten bräuchte in der Regel Einzelfallbetrachtungen

Im Regelfall würden viele Daten nicht veröffentlicht. Darunter sind sogenannte Bewertungsdaten, wenn Unternehmen komplexe Modelle des Untergrunds erstellen, um sich über die Beschaffenheit von Rohstoffen zu vergewissern. Die Ergebnisse der teuren Analysen wollen sie vor konkurrierenden Unternehmen geschützt wissen. Der Entwurf des BMWi, an dem auch Umweltministerium und Justizressort mitwirkten, folgt diesem Interesse. Dort heißt es: „Nichtstaatliche Bewertungsdaten (…) und die von der zuständigen Behörde angeforderten nichtstaatlichen Fachdaten (…) werden nicht öffentlich bereitgestellt.“

Auch Fachdaten, die im Zuge einer gewerblichen Tätigkeit entstanden sind, können je nach Fall erst fünf bis zehn Jahre nach ihrer Übermittlung an die Behörden veröffentlicht werden. Neuere Untersuchungen des Untergrunds ließen sich also nicht teilen. Doch das Gesetz sieht Ausnahmen vor, wenn etwa ein „überwiegend öffentliches Interesse“ daran besteht oder – im Falle von Bewertungsdaten – eine Veröffentlichung „für die Aufgabenerfüllung erforderlich“ ist.

Nur die einfachste Form der geologischen Informationen, sogenannte Nachweisdaten, die in Rohfassung vorliegen und nicht strukturiert sind, könnten bereits wenige Monate nach Übermittlung veröffentlicht werden. Staatliche geologische Datensätze sind ohnehin unproblematisch und können rasch veröffentlicht werden. Diese machen jedoch nur einen geringen Teil der Informationen aus, die für die Endlagersuche benötigt werden.

"Ihre Veröffentlichung sollte bei Verwendung der Regelfall sein"

Immer wieder betonten Umweltverbände und die Opposition im Bundestag in der Vergangenheit, dass die Endlagersuche ohne Transparenz scheitern könnte und die gesamte Datengrundlage veröffentlicht werden müsste. Das fordert auch das Nationale Begleitgremium unter ihrem Vorsitzenden Klaus Töpfer (CDU). „Das Gesetz müsste die Einmaligkeit der Endlagersuche viel stärker hervorheben, um Transparenz in jedem Fall zu gewährleisten", so Töpfer. „Geht es um die Veröffentlichung von Bewertungsdaten oder jüngeren Fachdaten, braucht es eine Beweislastumkehr. Ihre Veröffentlichung sollte bei Verwendung der Regelfall sein.“

Sylvia Kotting-Uhl, Vorsitzende des Umweltausschusses im Bundestag, hält den Gesetzestext im Vergleich zu vorherigen Entwürfen für einen Fortschritt. „Fraglich scheint allerdings weiterhin, ob das Gesetz die für die Endlagerung notwendige Transparenz ermöglicht“, so die Grünen-Politikerin. Alle Daten, die für die Entscheidungen der jeweilige Etappe der Endlagersuche relevant waren, müssten nachvollzogen werden können. Nachbesserungen müssten geprüft werden, auch müsse das Gesetz noch in diesem Jahr verabschiedet werden, "sonst lässt sich der erste große Zwischenbericht der BGE wohl nicht wie versprochen im Sommer veröffentlichen".

Stefan Studt, Vorsitzender der BGE-Geschäftsführung, meint hingegen, der Entwurf enthalte Regelungen, die „größtmögliche Transparenz“ für die Endlagersuche ermöglichten. Doch seien für den Fall, dass Bewertungsdaten oder jüngere Fachdaten veröffentlichten werden, Abwägungen im Einzelfall notwendig. Voraussetzung sei zudem, dass das Gesetz rasch in Kraft trete.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false