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Der Bundesrat will der NPD die öffentliche Parteienfinanzierung entziehen.

© Julian Stratenschulte/dpa

Geldentzug für die NPD: Bundesrat beschließt Gang zum Bundesverfassungsgericht

Die Entscheidung war einstimmig. Damit die NPD keine öffentliche Parteienfinanzierung bekommt, zieht der Bundesrat vor das Bundesverfassungsgericht.

Von Frank Jansen

Erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik droht einer verfassungsfeindlichen Partei der Verlust aller Zuschüsse aus öffentlichen Mitteln. Der Bundesrat beschloss am Freitag einstimmig, ein Verfahren zum Ausschluss der NPD aus der staatlichen Parteienfinanzierung einzuleiten. „Es kann nicht sein, dass diese Partei auch nur mit einem Euro unterstützt wird“, sagte Saarlands Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) in der Sitzung der Länderkammer. Kramp-Karrenbauer hatte als Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz den Antrag auf Entscheidung des Bundesrates gestellt.

Die Länderkammer wird nun beim Bundesverfassungsgericht beantragen, der NPD für sechs Jahre sämtliche staatlichen Gelder vorzuenthalten. Auf eine solche Frist hatten sich Bundestag und Bundesrat im Sommer 2017 verständigt, als sie das Grundgesetz zum Nachteil verfassungsfeindlicher Parteien änderten. Diesen soll es möglich sein, sich innerhalb von sechs Jahren so zu mäßigen, dass der Staat den Geldhahn doch wieder öffnen kann.

Es sei ein „starkes Signal“, dass alle 16 Bundesländer gemeinsam im Bundesrat den Antrag zur Einleitung des Verfahrens stellen, sagte die Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern, Manuela Schwesig (SPD), in der Bundesratsdebatte. Es sei wichtig, dass eine Demokratie zeige „wo es Grenzen gibt“. Und die Grenze sei erreicht, „wo die Demokratie selbst in Frage gestellt wird“. Schwesig betonte, in ihrem Bundeslang sei die NPD weiterhin „sehr umtriebig“, obwohl die Rechtsextremen 2016 den Landtag nach zehn Jahren verlassen musste.

Belege für Verfassungsfeindlichkeit

Berlins Innensenator Andreas Geisel (SPD) verwies auf die Lehren aus der Nazizeit. „Wir sind aus dem völkisch-nationalistischen Wahnsinn in ein Zeitalter der Demokratie und Menschenwürde eingetreten“, sagte Geisel. „Wir dürfen nicht zulassen, dass diese unbezahlbaren Werte durch politische Irrläufer in den Dreck gezogen und gefährdet werden – und die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler dies auch noch bezahlen.“ Die NPD hatte in den vergangenen Jahren aus den Staatskassen meist um die eine Million Euro erhalten.

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) nannte den Anlass für die Entscheidung des Bundesrates und die vorausgegangene Änderung des Grundgesetzes. Das Bundesverfassungsgericht habe „eine neue Tür geöffnet“. Gerichtspräsident Andreas Voßkuhle hatte im Januar 2017 im Vorwort zum Urteil im NPD-Verbotsverfahren auf die Möglichkeit einer Änderung der Parteienfinanzierung hingewiesen. Im Urteil selbst wiesen die Richter den Antrag des Bundesrates ab, die rechtsextreme Partei aufzulösen.

Voßkuhle und seine Kollegen betonten zwar die Verfassungsfeindlichkeit der NPD, hielten sie aber für zu klein und unbedeutend, um ein Verbot auszusprechen. Bundesrat und Bundestag griffen jedoch die Anregung zur Parteienfinanzierung auf und beschlossen im Sommer die Änderung von Grundgesetz-Artikel 21. Die jetzt erfolgte Entscheidung der Länderkammer, beim Bundesverfassungsgericht einen Antrag zum Entzug der staatlichen Gelder für die NPD zu stellen, ist der zweite Schritt.

Verbotsverfahren gegen die Partei war 2003 gescheitert

Der nächste wird ähnlich wie beim Verbotsverfahren die Sammlung von Material sein, das die Verfassungsfeindlichkeit der NPD und damit die Notwendigkeit des Entzugs staatlicher Gelder belegt. Die Belege müssen die Sicherheitsbehörden, vor allem der Verfassungsschutz, zusammenstellen. Für den Antrag, der dann in Karlsruhe eingereicht werden soll, wie auch für die Verhandlung dort will der Bundesrat wieder seine beiden Prozessbevollmächtigen aus dem Verbotsverfahren aktivieren. Die Berliner Rechtswissenschaftler Christian Waldhoff und Christoph Möllers hatten die Länderkammer vertreten.

„Die Anforderungen und Maßstäbe jetzt sind dieselben wie beim Verbotsverfahren“, sagte Waldhoff am Freitag dem Tagesspiegel. Die Sicherheitsbehörden müssten Material liefern, das nicht auf V-Leute zurückzuführen sei. An der Anwesenheit von Spitzeln in Führungsetagen der NPD war 2003 das erste Verbotsverfahren gegen die Partei gescheitert.

Die Rechtsextremen selbst wurden bereits im Vorgriff auf die von ihnen erwartete, aktuelle Entscheidung des Bundesrates tätig. Schon im September 2017 schickte NPD-Anwalt Peter Richter dem Bundesverfassungsgericht eine Organklage gegen die Änderung des Grundgesetzes. Wann in Karlsruhe darüber entschieden wird, ist offen. Möglicherweise führt der Zweite Senat die Organklage der NPD und den Antrag des Bundesrates auf Entzug der staatlichen Finanzierung für die Partei zu einem Verfahren zusammen.

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