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In diesem Supermarkt ist es am Freitag zu einer Geiselnahme mit tödlichem Ausgang gekommen.

© AFP / Raymond Roig

Geiselnahme in Frankreich: Die Angst vor dem Terror ist allgegenwärtig

Vor der Geiselnahme durch einen IS-Anhänger in Südfrankreich hatten Anti-Terrormaßnahmen viele Attacken vereitelt. Doch alle wissen: Es kann jederzeit wieder passieren.

Wer in den beiden Seitenstraßen am Elyséepalast vorbeigehen will, muss durch eine Polizeisperre und erklären, wohin er möchte. In den Pariser Metros und Flughäfen begegnet man immer noch Polizisten mit Gewehren. Wer in das Einkaufszentrum unter Les Halles will, muss erst eine Sicherheitskontrolle über sich ergehen lassen. Die Sicherheitsbestimmungen sind seit den Anschlägen des „Islamischen Staates“ (IS) in Paris von 2015 zwar weniger geworden, aber immer noch präsent.

In Paris fühlen sich die Franzosen immer besonders gefährdet. Doch weit entfernt von der französischen Hauptstadt ist es an diesem Freitag zu einer Geiselnahme in einem Supermarkt gekommen. Nach dem letzten Stand soll es mindestens zwei Tote in dem Supermarkt in Trèbes in der Nähe von Carcassonne gegeben haben, sowie drei Verletzte, bevor der Geiselnehmer am Nachmittag von der Polizei getötet wurde. Der Täter hatte sich zur Terrormiliz IS bekannt und „Allahu Akbar“ (Gott ist groß) gerufen. Später reklamierte der IS die Tat für sich. Der Täter verlangte offenbar die Freilassung des Attentäters der Anschläge in Paris im Jahr 2015, Saleh Abdeslam.

Die meisten Kunden und Angestellten des Supermarktes konnten sich vorher in Sicherheit bringen. Viele Geiseln wurden freigelassen, während die Polizei mit dem Geiselnehmer verhandelte. Den Behörden war der Mann, der offenbar marokkanischer Abstammung ist bekannt, weil er sich radikalisiert haben soll. Die Antiterroreinheit der Pariser Staatsanwalt hat Ermittlungen aufgenommen und Frankreichs Premierminister Edouard Philippe sprach von einem Terrorakt. Außerdem wurden sechs Kilometer entfernt in Carcassonne Polizisten der Eliteeinheit CNRS angegriffen, ein Polizist wurde an der Schulter angeschossen. Eine weitere Person wurde ermordet bei Carcassonne gefunden. Es ist wahrscheinlich, dass die Vorfälle mit dem Supermarkttäter zusammenhängen.

Erinnerung an die Attentate in Paris

Das alles erinnert an die Attentate in Paris, bei denen am 13. November 2015 insgesamt 130 Menschen ums Leben kamen. Angefangen hatte die Attentatsserie am 7. Januar 2015 mit der Attacke auf die Satirezeitschrift Charlie Hebdo. In Frankreich starben seit 2015 bei Anschlägen von IS-Anhängern mehr als 240 Menschen. Allein in Nizza am französischen Nationalfeiertag, dem 14. Juli 2016, waren es 86. In den Monaten danach herrschte in Frankreich Panikstimmung. Die U-Bahnen waren leerer, die Museen von Touristen verlassen und in den Cafés gab es viele freie Plätze. Mittlerweile ist wieder Ruhe in Frankreich eingekehrt, die aufgeheizte Stimmung der Angst und Panik hat sich beruhigt. Doch alle sind sich bewusst, dass es immer wieder zu einem Vorfall kommen kann. Anschläge in anderen Ländern wie in Deutschland oder England sorgten aber dafür, dass sich die Franzosen nicht mehr allein in der Schusslinie sehen.

Gleich nach der Terrornacht vom 13. November 2015 rief die französische Regierung den Ausnahmezustand aus. Er wurde sechsmal verlängert, in der Bevölkerung regte sich kaum Widerstand dagegen. Der Ausnahmezustand hatte es den Behörden ermöglicht, präventiv gegen mutmaßliche Gefährder vorzugehen, selbst wenn nicht genug vorliegt, um Justizermittlungen einzuleiten. Mehr als 4500 Hausdurchsuchungen wurden unter Ausnahmerecht durchgeführt, zeitweise 400 Menschen unter Hausarrest gestellt. Die meisten Maßnahmen gab es jedoch kurz nach den Pariser Anschlägen. Präsident Emmanuel Macron hat den Ausnahmezustand erst im November 2017 durch ein neues verschärftes Antiterrorgesetz ersetzt, das von Kritikern als ein ständiger Ausnahmezustand gesehen wird. Polizei und Militär zeigen weiterhin an vielen Orten Präsenz. Das neue Sicherheitsgesetz übernimmt zentrale Ausnahme-Maßnahmen in abgeschwächter Form ins normale Recht. Auch weiterhin können die Behörden präventiv Wohnungen durchsuchen und die Bewegungsfreiheit von Menschen einschränken, die sie für Gefährder halten.

Innenminister Gérard Collomb sprach bei der Einführung der Anti-Terrorgesetze im November davon, dass 32 Anschläge durch den Ausnahmezustand verhindert wurden. Und Ende Februar erklärte er, dass allein seit Anfang des Jahres zwei Anschläge auf eine Sportstätte und auf Militärkräfte vereitelt worden seien. Die Maßnahmen sind allerdings umstritten. Kritiker sagen, dass nur wenig Hausdurchsuchungen zu Justizermittlungen geführt hätten.

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