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Geheime Geschichte: Am Anfang waren Nazis

Trotz massiver Widerstände aus dem eigenen Apparat will nun auch der Bundesnachrichtendienst (BND) seine Geschichte wissenschaftlich erforschen lassen. Im Blickpunkt stehen dabei besonders die ersten zwei Jahrzehnte des Geheimdienstes.

Von Hans Monath

Berlin - Eine Entscheidung über die Art der Aufarbeitung stehe unmittelbar bevor, bestätigte BND-Sprecher Stefan Borchert dem Tagesspiegel. Voraussichtlich werde sich der Auslandsgeheimdienst in Absprache mit dem Kanzleramt für die Ausschreibung eines Forschungsprojekts über die ersten zwei Jahrzehnte des Dienstes entscheiden. Die Akten der Jahre 1945 bis 1968 würden an das Bundesarchiv übergeben und stünden dann Historikern und Journalisten zur Verfügung.

Das Bundeskriminalamt (BKA) hatte Ende 2007 angekündigt, die eigene Geschichte aufarbeiten zu lassen und insbesondere auch die personelle Kontinuität des eigenen Hauses mit NS-Organisationen aufzuklären. In der Öffentlichkeit wurde dieser Schritt sehr gelobt. Auch in dem 1956 als Bundesbehörde etablierten BND waren in der Gründungsphase viele ehemalige SS-, SD- und Gestapo-Offiziere beschäftigt. Dies bestätigte die Bundesregierung im Dezember auf eine FDP-Anfrage hin. Die BND-Vorläuferformation „Organisation Gehlen“ war im beginnenden Kalten Krieg von den US-Amerikanern aus der Aufklärungsabteilung „Fremde Heere Ost“ der Wehrmacht gebildet worden.

BDN-Präsident Ernst Uhrlau sagte vor fast zwei Jahren die Erforschung der Geschichte seiner Behörde zu. „Es ist ein Versprechen für die Zukunft, den BND mit seinen Archiven zu öffnen für diejenigen, die auch ein anderes Bild des Bundesnachrichtendienstes nach 1945 zeichnen und über seine Entstehungsgeschichte schreiben wollen“, erklärte er bei der 50-Jahr-Feier des BND im Mai 2006 in Berlin. Auf der gleichen Veranstaltung kam der Erlanger Historiker Gregor Schöllgen zu dem Urteil: „Vom Bundesnachrichtendienst wissen wir so gut wie nichts.“

Erschwert wurde die nun anstehende Entscheidung nach Tagesspiegel-Informationen auch durch massiven Widerstand gegen eine umfassende Offenlegung von Akten sowohl aus dem Apparat des BND wie aus der Geheimdienstabteilung des Kanzleramts. So scheiterte der Historiker Schöllgen im Kanzleramt mit dem Versuch, für ein eigenes Projekt einen möglichst ungehinderten Zugang zu den BND-Akten zu erreichen.

Die Bremser im BND-Apparat und im Kanzleramt fürchteten, zu viel Offenheit werde einen Präzedenzfall schaffen, auf den sich künftig auch parlamentarische Untersuchungsausschüsse berufen könnten. Zudem könne die Offenlegung von NS-Verstrickungen auch heutige BND-Mitarbeiter verunsichern, da wegen der Familienrekrutierung oft drei Generationen hintereinander bei dem Dienst arbeiten. Unter den Geheimdienstlern herrsche „eine panische Angst vor dem berechtigten Interesse der Öffentlichkeit am BND“, sagte ein Insider dem Tagesspiegel.

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