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Teilnehmer des "Mahngang Täterspuren" des Bündnis Dresden Nazifrei laufen am Montag durch die Innenstadt von Dresden.

© dpa

Gedenken an 2. Weltkrieg: Dresden tritt dem Opfermythos entgegen

Die Stadt erinnert auf vielfältige Weise an ihre Zerstörung 1945. Der Gedenktag steht im Zeichen der Menschlichkeit - und ist in der Stadt heftig umstritten.

Die Stadt Dresden hat am Jahrestag der Zerstörung im Zweiten Weltkrieg auch an seine eigene NS-Vergangenheit erinnert. Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) legte an einem Gedenkstein auf dem zentralen Altmarkt eine weiße Rose nieder. Dort waren nach den Luftangriffen alliierter Bomber am 13. Februar 1945 und in den beiden Tagen danach die Leichen von knapp 7000 der insgesamt etwa 25.000 Todesopfer verbrannt worden. Hilbert sagte, es sei wichtig, „daran zu erinnern, was der Krieg an Leid über die Menschen bringt“.

Das Dresdner Gedenken steht in diesem Jahr im Zeichen der Menschlichkeit und ist in der Stadt heftig umstritten. Zwei im Vorfeld des Jahrestages installierte Kunstprojekte, die an das Leid ziviler Opfer in aktuellen Krisen erinnern, hatten für scharfe Kritik vor allem aus dem Umfeld der islam- und fremdenfeindlichen Pegida geführt. Hilbert, der schon vor dem Gedenktag vor einem Dresdner Opfermythos gewarnt hatte, sah sich in sozialen Netzwerken sogar Morddrohungen ausgesetzt.

Trotzdem betonte er am Montag nochmals, dass bei den Verbrechen der Nazi-Zeit wie Judenverfolgung, Euthanasie oder Bücherverbrennung auch und gerade in Dresden „Täter am Werke waren“. „Insoweit hat die Dresdner Bevölkerung Schuld auf sich geladen“, sagte Hilbert, auch wenn die „Stadt an sich weder schuldig noch unschuldig“ sein könne.

Am Vormittag hatte der „Mahngang Täterspuren“ zu Schauplätzen der NS-Herrschaft in der Stadt geführt. Damit widerlegen die Organisatoren schon seit Jahren den Mythos einer „unschuldigen Stadt“ mittels historischer Fakten. Den Höhepunkt des Dresdner Gedenkens bildete am Abend eine dichte Menschenkette für Frieden und Versöhnung, mit der die über 12 000 Teilnehmer beide Seiten der Elbestadt miteinander verbanden.

Die Menschenkette schweigt

Heinrich Timmerevers, Bischof des Bistums Dresden-Meißen, beklagte beim abendlichen Gottesdienst in der Dresdner Kathedrale die Lautstärke des Gedenkens in der Stadt: „Ich möchte heute lieber schweigen. Die Dresdner Menschenkette schweigt. Das macht Mut. Vielleicht braucht man an diesem Tag sogar Mut, um zu schweigen“, so Timmerevers. Er erinnerte auch an die Wappen an der Fassade des Dresdner Rathauses: „Wappen von Städten, die ein ähnliches Schicksal zu erleiden hatten wie Dresden: Leningrad, Breslau, Lidice, Coventry. Das singuläre Ereignis des 13. Februars 1945 in Dresden wird plötzlich nicht mehr singulär. Es bekommt auch andere Namen.“

Ebenfalls am Montag bestätigte die Staatsanwaltschaft Dresden einen Bericht der „Sächsischen Zeitung“, dass die Ermittlungen gegen den umstrittenen Richter Jens Maier wegen Volksverhetzung eingestellt seien. Maiers Auftritt im Umfeld der skandalösen Dresdner Rede des AfD-Politikers Björn Höcke sei zwar „grenzwertig“, erfülle aber keinen Straftatbestand, hieß es. Maier hatte dort von deutschem „Schuldkult“ sowie „Mischvölkern gesprochen. Der Richter war erst jüngst auf Platz zwei der sächsischen AfD-Landesliste zur Bundestagswahl gewählt worden – hinter Spitzenkandidatin Frauke Petry.

Auch Bernd Höcke selbst war an einem 13 Februar schon einmal in Dresden: Eine Szene des Films „Come Together“ von Barbara Lubich (2012) zeigt ihn inmitten Hunderter Neonazis am 13. Februar 2010 vor dem Bahnhof in Dresden. Er trägt einen schwarzen Mantel, einen grauen Schal und eine schwarze Pudelmütze. Im Hintergrund ist eine thüringische Flagge zu sehen. Die AfD Thüringen bestätigte die Teilnahme. Höcke habe dort „mit zwei Freunden an einer friedlichen Gedenkveranstaltung für die Opfer der Bombardierung Dresdens teilgenommen“.  

Annette Binninger

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