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Ziemlich beste Freunde: Markus Söder und Armin Laschet

© Tobias Schwarz/Pool via REUTERS

Gedankenspiele für nach der Wahl: Ist Armin Laschet erledigt, wenn die Union am Sonntag scheitert?

Sollte die Union bei der Wahl nicht Platz eins belegen, werden sich alle Blicke auf Markus Söder richten. Wie es dann weitergehen könnte.

Von Robert Birnbaum

Die Lage, das räumt einer aus der Union unumwunden ein, könnte außer Kontrolle geraten. Die Rede ist vom Wahlsonntag. Zwar zeigen alle hoffnungsfroh auf die jüngsten Umfragen: Im letzten „Politbarometer“ vor der Wahl ist die CDU bis auf zwei Prozentpunkte an die SPD herangerückt, 23 zu 25 Prozent.

Doch selbst bei Kanzlerkandidat Armin Laschet klingt eine gewisse Skepsis an, als er am Freitag im ZDF-„Morgenmagazin“ betont, die Union kämpfe weiter um Platz eins, aber zugleich feststellt: „Wir wissen vielleicht am Wahlabend noch nicht, wie der künftige Kanzler aussieht.“

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Dafür glauben viele in der eigenen Partei zu wissen, wie der Kanzler jedenfalls nicht aussieht, wenn es mit Platz eins nichts wird: Nicht so wie der Mann aus Aachen nämlich. Bei einem Rückstand, ja selbst einem Gleichstand mit der SPD werde der Regierungsauftrag an die SPD und Olaf Scholz gehen.

Unentschieden reicht auch nicht

In dem Fall helfe auch das Reden von einer Aufholjagd nicht, sagt ein erfahrener Christdemokrat voraus. Denn die Union würde an dem Abend als Verlierer dastehen, während SPD, Grüne und FDP im Vergleich zu 2017 zulegen oder ihr Ergebnis halten.

Viele rechnen damit, dass Laschet trotzdem versuchen würde, sich bei knappem Ausgang im Verhandlungsspiel zu halten. Verlieren könnte er selbst dabei nichts mehr.

Andere schon. Im Frühjahr kommen die nächsten Landtagswahlen, in NRW wird im Herbst gewählt. Opposition wäre schrecklich, sagt ein Christdemokrat, aber lieber ein schneller Schnitt als sich wochenlang von FDP-Chef Christian Lindner als Spielmasse in Ampel-Verhandlungen mit SPD und Grünen vorführen zu lassen.

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Bei der Frage, wer einem gescheiterten Kandidaten den Stöpsel aus dem Rettungsring zöge, schauen alle auf Markus Söder.

Der CSU-Chef hat Platz eins zur Bedingung gemacht. Bleibt der aus, wäre es nur konsequent, sich als CSU gleich allen Sondierungen zu verweigern und auch einem Versuch Laschets entgegenzustellen, sich als Fraktionschef über die Runden zu retten.

Was Söder darüber hinaus im Schilde führt, ist weniger berechenbar. Wilde Mutmaßungen machen in der nervösen Hauptstadt-Szene die Runde. Sie reichen von Aufkündigung der Fraktionsgemeinschaft mit der CDU bis zur Machtübernahme des Bayern – CSU auflösen in einen Landesverband der CDU, sich selbst als Chef zur Wahl stellen.

Putsch brauchte Parteibasis

Nun ist Söder einiges zuzutrauen. Sein mäßiges Wiederwahlergebnis beim CSU-Parteitag erinnert daran, dass er einen Putsch, der die Struktur der Union radikal verändern würde, nicht ohne breiteste Zustimmung der eigenen Partei riskieren könnte. Dabei an bayerischer Eigenständigkeit zu scheitern wäre aber zwei Jahre vor der Landtagswahl politisches Harakiri. Dazu neigt der Franke nicht.

Berechenbar hingegen ist, wer nach einem Scheitern Laschets sofort in der CDU den Finger heben würde. Es sind die üblichen Namen: Friedrich Merz, Jens Spahn, Norbert Röttgen, dazu Ralph Brinkhaus, der Fraktionsvorsitzender bleiben will.

Das Amt bekäme bei einer Niederlage strategische Bedeutung; der Fraktionschef wäre dann, mehr als der Parteivorsitzende, zugleich der Oppositionsführer.

Ob es bei der für Dienstag angesetzten Neuwahl zum Hauen und Stechen kommt, gilt als möglich, aber nicht ausgemacht. Brinkhaus vorläufig zu bestätigen, sagen führende Unionsleute, würde Zeit für grundsätzliche Klärungen lassen.

Dazu würde die Nachfolge im Parteivorsitz gehören. Die Neuwahl käme vermutlich sehr schnell. Laschet noch lange als Vorsitzenden auf Abruf zu behalten, gilt als undenkbar. Und sie hätte Folgen für die Fraktion. Denn in der Opposition, das hat zu Merz' ewigem Bedauern schon Angela Merkel 2002 durchexerziert, gehören Partei- und Fraktionsvorsitz eigentlich in eine Hand.

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