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Kindersegen: 1,5 Kinder bekommt eine Frau im Schnitt in Deutschland. Das sind so viele wie seit 33 Jahren nicht mehr.

© picture alliance/dpa

Geburtenrate in Deutschland: Frauen bekommen mehr Kinder

Zum fünften Mal in Folge kommen in der Bundesrepublik mehr Babys pro Frau zur Welt. Die Zahlen des Statistischen Bundesamtes zeigen: Das liegt nicht nur an Zuwanderinnen.

Die Zeiten des Geburtenrückgangs sind in Deutschland vorbei. Zum fünften Mal in Folge meldeten die Statistiker einen Anstieg der Geburten pro Frau. Frauen bekommen so viele Kinder wie seit 33 Jahren nicht mehr. "Diese Zahlen bestätigen unsere Forschungen, dass der Geburtenrückgang gestoppt ist", sagt Martin Bujard, Forschungsdirektor am Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung. Die Gründe für den Anstieg der Geburtenraten sieht er darin, dass familienpolitische Veränderungen vorgenommen wurden und dass mehr zugewanderte Frauen hier leben. "Doch trotz Zuwanderung ist auch eine Trendwende zu mehr Geburten unter Frauen deutscher Staatsangehörigkeit zu verzeichnen", sagt Bujard.

Rein statistisch bekommt eine Frau 1,5 Kinder

Die Zahlen sind eindeutig. Rein statistisch bekam eine Frau in Deutschland im Jahr 2015 durchschnittliche 1,5 Kinder, meldete am Montag das Statistische Bundesamt in Wiesbaden. Ähnlich hoch war diese Zahl zuletzt 1982 mit 1,51 Kindern je Frau gewesen. 2014 hatte die Geburtenziffer noch 1,47 betragen. Bei Frauen mit ausländischer Staatsangehörigkeit ist der Anstieg stärker als bei deutschen. Bei letzteren hat sich die Geburtenrate von 1,42 (2014) auf 1,43 Kinder je Frau im Jahr 2015 erhöht, aber nur leicht. Bei Frauen ausländischer Staatsangehörigkeit ist diese Zahl von 1,86 auf 1,95 relativ deutlich angestiegen. Eine Sprecherin des Statistischen Bundesamts teilte mit, dies sei vor allem auf die Zuwanderung von Frauen aus Südosteuropa zurückzuführen.

Wer länger in Deutschland lebt, bekommt weniger Kinder

Die Flüchtlingswelle im Herbst 2015 hat aber nicht zur steigenden Geburtenrate beigetragen, sagt Martin Bujard, denn die Frauen hätten bereits bei der Einreise schwanger gewesen sein müssen. Die Geburtenzahl unter den zugewanderten Frauen unterscheide sich je nachdem, wann die Frauen zuwanderten und aus welchen Ländern. Viele Migrantinnen, die länger in Deutschland leben, passten sich an das Geburtenverhalten der deutschen Frauen an. Es mache zudem einen Unterschied, wenn Frauen in erster oder zweiter Generation im Land leben. Zudem trügen kulturelle Prägungen des jeweiligen Landes zu unterschiedlichem Geburtenverhalten bei, sagt der Forscher. Die Geburtenziffer gibt die durchschnittliche Zahl der Kinder an, die Frauen im Alter zwischen 15 und 49 Jahren im jeweiligen Jahr bekommen haben.

Nachwuchs: 2015 kamen 738 000 Babys in Deutschland zur Welt.
Nachwuchs: 2015 kamen 738 000 Babys in Deutschland zur Welt.

© Felix Kästle/dpa

Aus früheren Veröffentlichungen des Statistischen Bundesamts vom September geht hervor, dass im Vergleich zu 2014 im vergangenen Jahr vor allem mehr Frauen rumänischer Herkunft und früher angekommener Syrerinnen mehr Kinder bekommen hatten. Bei Frauen türkischer Staatsangehörigkeit etwa waren die Zahlen hingegen zurückgegangen. Wie hoch ist der Anteil von Kindern, die Frauen ausländischer Herkunft in Deutschland bekommen? Von den insgesamt 738 000 im Jahr 2015 geborenen Kindern hatten 590 000 eine deutsche Mutter und 148 000 eine Mutter mit ausländischer Staatsangehörigkeit.

Mehr Geburten durch bessere Kinderbetreuung?

Dass tendenziell mehr Kinder zur Welt kommen, ist nach Ansicht von Martin Bujard auch auf familienpolitische Reformen zurückzuführen. "Der Ausbau der Kinderbetreuung und Ganztagsschulen trägt auf jeden Fall dazu bei", sagt Bujard, "die bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie hat langfristig einen positiven Effekt auf die Geburtenentwicklung." Familienministerin Manuela Schwesig (SPD) zeigte sich erfreut über die Zahlen: "Es ist ein schönes Signal, dass immer mehr Kinder in Deutschland geboren werden", teilte sie am Montag mit. Den Grund für den Anstieg sieht sie in einer verbesserten Bildungs- und Betreuungsinfrastruktur: "Mehr Kitaplätze und mehr Ganztagsschulen führen zu mehr Kindern", sagte Schwesig. "Mit dem ElterngeldPlus und dem weiteren Ausbau der Kinderbetreuung sind wir auf dem richtigen Weg".

Der Osten ist geburtenstärker als der Westen

Die Statistik des Statistischen Bundesamts gibt außerdem Aufschluss über ein Ost-West-Gefälle: In ostdeutschen Bundesländern lag die Geburtenrate mit 1,56 deutlich höher als im Westen mit 1,50. Frauen in Sachsen bekommen bundesweit im Durchschnitt die meisten Kinder (1,59, im Saarland ist dieser Wert mit 1,38 am niedrigsten. In Berlin blieb die Geburtenziffer mit 1,46 Kinder je Frau unverändert. Das höchste Wachstum wurde in Mecklenburg-Vorpommern registriert – 1,49 auf 1,55. Zwei Bundesländer bilden das Schlusslicht beim Wachstum. Brandenburg verzeichnete einen Rückgang von 1,55 auf 1,54, Niedersachsen einen von 1,53 auf 1,52. 2015 waren Mütter im Schnitt 31 Jahre alt, 2014 einen Monat jünger. Frauen ausländischer Herkunft sind mit 30 Jahren tendenziell ein wenig jünger. Während in Deutschland die Zahl neugeborener Kinder steigt, geht die Zahl der Mütter zurück: Untersuchungen des Statistischen Bundesamt von 2013 hatten gezeigt, dass immer weniger Frauen sich entschließen, Kinder zu kriegen, unter den 40- bis 44-Jährigen jede fünfte Frau. Wie sich dieser Trend weiter entwickelt, wird sich 2017 zeigen. Dann veröffentlicht das Bundesamt neue Zahlen darüber, wie viele Frauen überhaupt Kinder bekommen, sie werden mit Hilfe des Mikrozensus ermittelt.

Clara Lipkowski

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