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In der Kritik: Raed Saleh, Fraktionsvorsitzender der SPD im Berliner Abgeordnetenhaus

© dpa/Gregor Fischer

Gastkommentar jüdischer Sozialdemokraten: „Raed Saleh hat viele engagierte Menschen zutiefst verunglimpft“

Nach seiner umstrittenen Aussage zur „demokratischen Mitte“ stellen jüdische Parteifreunde Saleh als künftigen SPD-Chef in Berlin in Frage. Ein Gastkommentar.

„Uneingeschränkt zur Demokratie und zum Grundgesetz stehen nur die Parteien der linken Mitte – nämlich SPD, Grüne und Linke" – das schreibt der Berliner SPD-Fraktionschef Raed Saleh in einem Gastbeitrag in der „Berliner Zeitung“ vom vergangenen Freitag. Das löste heftige Reaktionen aus.

Auch der Arbeitskreis jüdischer Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten Berlin und Brandenburg hat sich geäußert. Hier dokumentieren wir die Stellungnahme der Vorsitzenden des Arbeitskreises, Reneé Röske und Mirko Freitag, im Wortlaut.

Mit einem Gastbeitrag in der „Berliner Zeitung“ am 14.2.2020 hat Raed Saleh seiner Partei ein vergiftetes Valentinstaggeschenk gemacht und großen Schaden angerichtet.

In den vergangenen Jahren hat sich etwas in Deutschland verändert, das die jüdische Gemeinschaft zutiefst verunsichert. Antisemitische Übergriffe gehören wieder zum Alltag in Deutschland. Auch bzw. gerade bei uns in Berlin. An Berliner Schulen müssen jüdische Schülerinnen und Schüler Angst haben, sich als Jude zu outen. Religiöse Juden vermeiden, ihre Kippa auf den Straßen offen zu tragen, aus Angst vor Übergriffen.

Der versuchte Anschlag in Halle auf eine Synagoge, ausgerechnet am Jom Kippur, unserem höchsten Feiertag, war der bisherige Höhepunkt einer brutalen antisemitischen Welle.

In der jüdischen Community wird zunehmend die Frage gestellt, ob es eine Zukunft für jüdisches Leben in Deutschland gibt. Aber so schlimm diese Entwicklung auch ist, muss man ebenso offen sagen, dass die politische, gesellschaftliche und kulturelle Elite fest an der Seite der jüdischen Gemeinschaft stand und steht.

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Dass Antisemitismus bekämpft werden muss und niemals akzeptiert werden darf, war und ist Konsens zwischen den demokratischen Parteien. Dazu gehört selbstverständlich auch: mit einer radikalen Partei wie der AFD darf es keinerlei Zusammenarbeit geben. Diese Partei möchte Deutschland grundlegend verändern - nicht zum Positiven.

Uns fehlen die Worte dafür, dass die thüringische CDU und FDP diesen Konsens verlassen wollten. So etwas ist in der Geschichte der SPD noch niemals vorgekommen. Bei allen innerparteilichen Streitigkeiten gibt es einen völligen Konsens: Wehret den Anfängen.

Nicht nur der massive Protest aus CDU und FDP gegen den Tabubruch in Erfurt hat aber auch gezeigt, dass es viele aufrechte Menschen bei der CDU und der FDP gibt, die sich für das jüdische Leben in Deutschland einsetzen, die sehr aktiv für die deutsch-israelischen Beziehungen eintreten und Antisemitismus jeder Art entschieden ablehnen.

In einer Zeit, in der die Extremisten jeder Art immer stärker werden und die Gesellschaft zunehmend polarisiert wird, müssen alle demokratischen Kräfte zusammenhalten. Raed Saleh hat mit seinem Frontalangriff auf CDU und FDP viele engagierte Menschen zutiefst verunglimpft. Freuen kann sich über diese unnötige Eskalation lediglich die AFD

Zudem hat Herr Saleh vergessen, zu erwähnen, dass gerade in der Partei Die Linke im Hinblick auf Israel viele Fragen offen sind.

Giffey wäre auch eine wunderbare Parteivorsitzende

Unsere Partei befindet sich, auch in Berlin, in einer schweren Krise, wie alleine schon die Berliner Umfragewerte zeigen. Mit Franziska Giffeys Bereitschaft, den Parteivorsitz zu übernehmen und Regierende Bürgermeisterin unserer Stadt werden zu wollen, hat die SPD endlich wieder eine realistische Option für die kommenden Wahlen.

Franziska Giffey wäre nicht nur eine hervorragende Regierende Bürgermeisterin, sondern auch eine wunderbare Parteivorsitzende, die die Partei wieder dort hin führen könnte, wo sie hingehört: als stärkste Kraft ins Berliner Abgeordnetenhaus. Es gibt viele Berliner Sozialdemokraten, die statt Raed Saleh an ihrer Seite als Parteivorsitzende stehen könnten - aber wir sind uns sicher, dass Franziska Giffey auch alleine die Partei wieder zurück zur alten Stärke führen könnte.

Reneé Röske, Mirko Freitag

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