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Zeit für eine schnelle Zigarre zwischen vielen Terminen in Berlin: Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba.

© Michele Tantussi/REUTERS

G7- und Nato-Außenminister: Offene Debatte über die eigenen Ziele im Krieg

Die Chefdiplomaten der größten Industrienationen und der Nato tagen in Deutschland. Was sind Ihre wichtigsten Aufgaben in der Krise? Eine Analyse.

Von Hans Monath

Die deutsche Außenministerin brachte ihren ukrainischen Kollegen praktischerweise von ihrem Besuch in Kiew gleich mit zurück. Denn Annalena Baerbock hatte Dmytro Kuleba eingeladen, im Anschluss an die Zugfahrt aus der ukrainischen Hauptstadt nach Polen mit ihr im Flugzeug nach Berlin zu reisen. Dort traf Kuleba am Donnerstag unter anderem Vizekanzler Robert Habeck (Grüne), Entwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) sowie wichtige Vertreter deutscher Parteien und Bundestagsfraktionen, darunter aus SPD, Union und Grünen.

Kuleba wird von Berlin nach Schleswig-Holstein weiterfahren. Denn er ist wie sein Kollege Nicu Popescu aus Moldau zum Treffen der G7-Außenminister in Weissenhaus eingeladen, das Deutschland als Vorsitzender der Gruppe der wichtigsten Industrienationen ausrichtet. Die Ukraine wehrt sich erbittert gegen den Angriffskrieg Russlands. Moldau lebt im Bewusstsein, dass es das nächste Ziel sein könnte. Beide Gäste dürften daran interessiert sein, was die G7-Staaten für ihre Unterstützung tun können. So hatte Baerbock bei ihrem Besuch in Moldau im März Hilfe bei der Versorgung und Verteilung der vielen ukrainischen Flüchtlinge in dem Land zugesagt.

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Das Gremium der großen Industrienationen hat sich seit Beginn des Kriegs als schlagkräftiges Instrument für Abstimmungen und Entscheidungen zur Eindämmung Russlands erwiesen, die über die Nato hinausweisen. Japan hatte lange auf einen Ausgleich mit Moskau gesetzt und gehofft, damit Zugeständnisse im Streit um die südlichen Kurilen-Inseln zu erzielen. Nun hat Tokio russische Diplomaten ausgewiesen und trägt viele der Sanktionen mit.

Beim anschließenden Treffen der Nato-Außenminister sind deren Kollegen aus Finnlands und Schweden, Pekka Haavisto und Ann Linde, zu Gast – kurz nach der historischen Entscheidung Finnlands, Mitglied zu werden. Stockholm und Helsinki stimmen sich in dieser Hinsicht eng ab, weshalb auch Schweden bald ins Bündnis streben dürfte.

Auf der Tagesordnung stehen könnten deshalb Sorgen der Skandinavier wegen der eigenen Verletzbarkeit in der Zeit zwischen Antrag und Beitritt. Denn in dieser Zeit greift das Bündnisversprechen der Nato (Artikel 5) noch nicht.

Beste Freunde - so zumindest präsentierten sich der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba (links) und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne).
Beste Freunde - so zumindest präsentierten sich der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba (links) und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne).

© Tobias SCHWARZ/AFP

Die Ratifizierung des Vertrags durch alle Mitgliedsstaaten könnte Monate dauern. Auf der anderen Seite scheint Russlands Militär schon in der Ukraine an seine Grenzen zu stoßen. Zudem sitzen finnische Vertreter als Gäste schon in Nato-Gremien und finnische Truppen nehmen an gemeinsamen Manövern teil. 

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Erwartet wird von dem Treffen auch eine strategische Debatte darüber, was die Ziele des Bündnisses in der Auseinandersetzung mit Russland sind. Nicht nur in Berlin hatten widersprüchliche Äußerungen von US-Präsident Joe Biden für Verwirrung gesorgt, die zeitweise nach „regime change“ klangen. Neue Sanktionen werden wohl nicht beschlossen, denn die EU arbeitet derweil an ihrem 6. Sanktionspaket. 

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