zum Hauptinhalt
Moment der Entspannung auf Schloss Elmau: die G7

© REUTERS

G7 auf Schloss Elmau: So stark können sieben Schwache sein

Einzeln haben die G7 viel Macht, aber zusammen? Der Club muss sich stets erklären und rechtfertigen. Dabei hat er diesmal geliefert. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Robert Birnbaum

Wie stark können sieben Schwache sein? Die Frage hing über dem G-7-Gipfel wie die niedrigen Wolkendecke über dem Alpenschloss Elmau. Sie bildet den Kern der Kritik an dem Aufwand, mit dem das Treffen in Szene gesetzt wurde. Man muss nicht einem antipolitischen Neo-Puritanismus verfallen, der demokratischen Politikern jede Zurschaustellung verbieten würde, und kann trotzdem auf ein angemessenes Verhältnis zwischen Aufwand und Effekt pochen.

Niemand fragt nach den Kosten der UN-Vollversammlung oder eines EU-Gipfels, denn beide Institutionen erklären sich von selbst. Die G7 aber müssen sich selber erklären. Das ist in diesem Jahr besonders nötig.

Die Gruppe repräsentiert nach wie vor eine große Macht, vor allem ökonomisch. Doch fast jedes Mitglied hat Probleme, dieses Gewicht gemeinsam zur Geltung zu bringen. Die USA misstrauen nach allen üblen Erfahrungen im Irak ihrer Berufung zur Weltordnungsmacht. Die Europäer tun sich schwer damit, als regionale Ordnungsmacht einzuspringen. Frankreich und Italien bleiben Euro-Sorgenkinder, die Briten drohen, Europa zu sprengen; Japan strampelt aus der Rezession. Und alle zusammen schauen Angela Merkel an, ob sie nicht endlich das Problem mit diesem Zwergstaat in der Ägäis aus der Welt schafft.

Der G-7-Rahmen ist vertrackt

Von Wladimir Putin war noch gar nicht die Rede. Dabei zeigt der Ukraine-Konflikt vielleicht am klarsten, wie vertrackt der G-7-Rahmen sein kann. Für die Europäer ist Putin ein Herausforderer, für den Japaner Shinzo Abe ein Stabilitätspartner, für den Amerikaner Barack Obama unverzichtbar im Nahen Osten vom Iran bis Syrien. Daraus eine Haltung zur Ukraine-Frage zu entwickeln – und durchzuhalten –, ist keine Kleinigkeit.

So viel zum Problem G7. Und die Lösung, also die Rechtfertigung für den Club? Neuerdings ist da viel von „Wertegemeinschaft“ die Rede. Die Formel ist eine alte Bekannte aus den Sinnkrisenzeiten der Nato, insofern ein wenig verdächtig: Gemeinsame Werte sind ja schön, aber nur, wenn sie nicht zum preiswerten Ersatz für gemeinsames Handeln werden. Die G7, einst gegründet als Gruppe der Großen, wären als bloß Gutmeinende Sieben herzlich überflüssig. Merkel sagt übrigens „Verantwortungsgemeinschaft“. Das ist etwas mehr, eine Selbstverpflichtung. Und der Gipfel ist der Ort, um zu zeigen, was die Problembären-Truppe sich zutraut.

Die G7 haben beim Klima ein Zeichen gesetzt

Gastgeberin Merkel hat in Elmau viele Einzelprobleme aufgerufen, vom Kampf gegen Antibiotikaresistenz über Frauenförderung bis zum Plastikmüll in den Weltmeeren. Das ist jede Mühe wert. Doch dafür allein braucht es die G7 nicht. Für eine Entwicklungspolitik, die sich nicht nur als Landnahme mit anderen Mitteln versteht, braucht es den alten Westen schon eher. Und für eine konsistente Ukraine-Politik ist er unverzichtbar. Man bleibt mit Putin im Gespräch, zugleich kriegt der Ausgeschlossene keinen Sanktionenrabatt – das ist die richtige Doppelbotschaft.

Bleibt das Klima, langfristig die größte Aufgabe. Vor den Hotelfenstern der Sieben schmelzen die Alpengletscher. Mit Symbolpolitik ist das nicht zu stoppen. Zugleich geht ohne ein Zeichen der großen alten Industrieländer nichts. Die G7 haben dieses Zeichen gegeben. Es stehen viele Wenns und Abers dabei, und die Umsetzung wird schwierig. Trotzdem, für die Sieben ist das ziemlich stark. So schwach sind sie also gar nicht.

Zur Startseite