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Überfordert und starrsinnig. Virginia Raggi, Bürgermeisterin von Rom.

© dpa

"Fünf Sterne": Roms Bürgermeisterin steckt im Sumpf der Korruption

Die "Fünf-Sterne-Bewegung" wollte die mafiaverseuchte Hauptstadt ausmisten. Doch jetzt haftet auch an der Stadtregierung von Virginia Raggi der Mafia-Verdacht. Und Beppe Grillo wird plötzlich leise.

Auf dem Römer Kapitolshügel, dem Sitz der Stadtregierung, finden derzeit die Dreharbeiten für den Film „La Notte di Roma“ („Die Nacht von Rom“) statt. Die düstere Doku-Fiction basiert auf dem gleichnamigen Buch des Autorenduos Carlo Bonini / Giancarlo De Cataldo und handelt von der „Mafia Capitale“, der Hauptstadt-Mafia. Diese hatte in den letzten Jahren sowohl unter linken als auch rechten Bürgermeistern weite Teile der städtischen Behörden unterwandert – unter Mithilfe zahlreicher korrupter Lokalpolitiker und Spitzenbeamten. Der Skandal war der Hauptgrund gewesen für den glanzvollen Sieg von Virginia Raggi im vergangenen Juli.

Virginia Raggi und ihre „Fünf-Sterne-Bewegung“ von Beppe Grillo hatten einen radikalen Neuanfang in der heruntergekommenen Hauptstadt versprochen – und vor allem eines: „onestà“ (Ehrlichkeit). Und dann das: Am Freitag ist Raffaele Marra, der wichtigste Stabsmitarbeiter Raggis, wegen Korruptionsverdacht verhaftet worden. Laut den Ermittlern hat sich Marra von einem bekannten römischen Baulöwen, der ebenfalls hinter Gitter gewandert ist, kaufen lassen. Marra hatte bereits unter dem postfaschistischen Bürgermeister Gianni Alemanno eine Schlüsselposition innegehabt – dessen Regierung gilt als die korrupteste der letzten Jahrzehnte in Rom.

Durch Marra wurde der Virus von „Mafia Capitale“ gleichsam in Raggis neue Stadtregierung getragen. Beppe Grillo hatte die Bürgermeisterin schon vor Monaten gedrängt, auf die Dienste des „Rasputins vom Kapitol“ zu verzichten, wie Marra in den Medien genannt wird. Doch die 38-jährige Anwältin, die bei ihren Personalentscheidungen von Anfang an ein unglückliches Händchen gehabt hatte, weigerte sich, ihren Vertrauten aufzugeben. Ein weiterer Fall liegt erst wenige Tage zurück: Die für die Müllentsorgung zuständige Stadträtin Paola Muraro musste zurücktreten – gegen sie wird ebenfalls ermittelt. Auch an Muraro hatte Raggi bis zuletzt verbissen festgehalten.

Die Ermittler haben bereits alle Akten beschlagnahmt, welche die Personalentscheidungen der Bürgermeisterin betreffen. Unter anderem ist ruchbar geworden, dass Raggi still und leise auch noch den Bruder von Marra befördert hatte – und dass dieser nun dreimal mehr verdient als auf seiner alten Stelle. Die ohne Ausschreibung erfolgte Beförderung ist nicht nur mit der versprochenen Transparenz und der „onestà“ schwer vereinbar – sondern sie birgt auch die Gefahr, dass die Bürgermeisterin bald persönlich ins Visier der Justiz geraten könnte.

Eine eklatante Überforderung und Untätigkeit

Für Beppe Grillo und seine Protestbewegung sind die Vorgänge eine Katastrophe. Denn in Rom wollten die „Grillini“ beweisen, dass sie nicht nur protestieren, sondern auch regieren können – um dann bei den möglicherweise bald bevorstehenden Parlamentswahlen die Macht auch auf nationaler Ebene zu übernehmen. Diesen Beweis ist Raggi kläglich schuldig geblieben: Sie hat bisher eine eklatante Überforderung und Untätigkeit gezeigt.

Kein Trost für Grillo ist ein gleichzeitiger Korruptionsskandal in Mailand, wo der sozialdemokratische Bürgermeister Giuseppe Sala am Freitag erklärte, er werde sein Amt ruhen lassen. Sala war Sonderkommissar für die Expo 2015 gewesen; nun ermitteln die Staatsanwälte. Normalerweise wären solche Ermittlungen ein gefundenes Fressen für Grillo, um traditionelle Parteien anzugreifen – diesmal ist der Genueser Ex-Komiker stumm wie ein Fisch.

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