zum Hauptinhalt
In Bad Lauchstaedt ist eine Gasspeicheranlage zu sehen.

© REUTERS/Annegret Hilse

Update

Füllstand um 0,3 Prozent gestiegen: Gas fließt trotz deutlicher Lieferreduzierung weiter in Speicher

Noch lagern die deutschen Speicher den wichtigen Rohstoff Gas ein. Doch der Bundeswirtschaftsminister will Vorbereitungen für ein neues Energiesystem treffen.

Trotz stark reduzierter Liefermengen aus Russland fließt weiter Gas in die deutschen Speicher. Vom vergangenen Dienstag auf Mittwoch habe sich der Füllstand leicht um 0,3 Prozentpunkte auf 67,5 Prozent erhöht, berichtete die Bundesnetzagentur am Freitag in ihrem täglichen Gas-Lagebericht. Seit Mittwoch liegen die Liefermengen aus der Ostseepipeline Nord Stream 1 nur noch bei etwa 20 Prozent der Kapazität.

[Wenn Sie aktuelle Nachrichten aus Berlin, Deutschland und der Welt live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können.]

Eine neue Verordnung sieht vor, dass die deutschen Speicher am 1. September zu mindestens 75 Prozent gefüllt sein müssen. Um das Ziel zu erreichen, müssen damit rein rechnerisch bis zum 31. August täglich gut 0,2 Prozentpunkte hinzukommen.

Die Großhandelspreise gingen am Freitag leicht zurück. Sie lägen in Folge der erneuten Lieferreduzierung aber weiter auf sehr hohem Niveau, berichtete die Behörde weiter. Unternehmen und private Verbraucher müssten sich auf deutlich steigende Gaspreise einstellen.

Bei einigen sorgt das inzwischen für Empörung. Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) wurde bei einem Bürgerdialog in Bayreuth am Donnerstagabend mit lautstarken Protesten empfangen und verteidigte den Kurs der Bundesregierung. Deutschland dürfe trotz der finanziellen Nachteile durch stark gestiegene Energiepreise den russischen Krieg gegen die Ukraine nicht tolerieren, sagte er. Die Protestierenden waren bei der Veranstaltung insgesamt in der Minderheit.

„So schnell wie möglich Energiesystem umstellen“

Deutschland müsse so schnell wie möglich unabhängig von russischen Energien werden, betonte Habeck. Dafür will der Grünen-Politiker unter anderem den Ausbau der erneuerbaren Energien beschleunigen. „Wir müssen so schnell wie möglich unser Energiesystem umstellen, weg von fossilen Energieträgern, hin zu erneuerbaren Energien“, sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Ab Samstag sollen etwa die Vergütungssätze für alle neuen Photovoltaikanlagen steigen.

Habeck erwartet einen „entscheidenden Schub“ für die Solarenergie. Bis zu 13,4 Cent pro Kilowattstunde sollen diejenigen erhalten, die ab Samstag eine neue Photovoltaikanlage in Betrieb nehmen. Zugleich gilt der Grundsatz, dass erneuerbare Energien im sogenannten „überragenden öffentlichen Interesse“ liegen und bei Abwägungen Vorfahrt haben.

„Das ist entscheidend, um das Tempo zu erhöhen“, sagte Habeck. Erneuerbare Energien seien angesichts der aktuellen Lage zu einer Frage der „nationalen und europäischen Sicherheit geworden“.

Robert Habeck steht beim Besuch der Bayreuther Stadtwerke in einer Gesprächsrunde.
Robert Habeck steht beim Besuch der Bayreuther Stadtwerke in einer Gesprächsrunde.

© IMAGO/HMB-Media/Schumacher

Eine Inbetriebnahme der Pipeline Nord Stream 2 von Russland nach Deutschland lehnte Habeck am Freitag erneut ab. Deutschland müsse weniger abhängig werden und Russland habe sich bei der Energieversorgung als unzuverlässig erwiesen. Habeck verwies außerdem auf die internationale Allianz in der Ukraine-Politik. Vor allem die USA sind entschieden gegen die Pipeline.

Afrikanische Staaten wollen Pipeline bauen

Die afrikanischen Staaten Algerien, Niger und Nigeria wollen indes eine lang geplante Erdgas-Pipeline durch die Sahara bauen. Die drei Länder unterzeichneten dafür eine Absichtserklärung, wie die staatliche Nachrichtenagentur in Algerien am Donnerstagabend bekannt gab.

Die 4000 Kilometer lange Pipeline soll in kurzer Zeit fertig gestellt werden, sagte demnach der algerische Minister für Energie und Bergbau, Mohammed Arkab. Einen genauen Zeitplan nannte er nicht.

Nach Angaben aus Algerien, dem weltweit zehntgrößten Erdgasproduzenten, soll die Pipeline an Europa angebunden werden und jährlich 30 Milliarden Kubikmeter Gas liefern können. Die drei Länder betrachten das Projekt daher auch als Investitionsvorhaben, seitdem sich Europa nach dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine auch nach anderen Lieferanten umschaut.

Die Kosten für die Pipeline werden nach offiziellen Angaben auf rund 13 Milliarden US-Dollar (12,8 Mrd Euro) geschätzt, 90 Prozent davon sollen von Algerien und Nigeria finanziert werden.

Bereits vor mehr als einem Jahrzehnt hatten sich Vertreter der Staaten getroffen, um das Projekt zu planen. In der Vergangenheit hatten Mineralölunternehmen wie Total oder Shell Interesse an der Pipeline gezeigt, aber auch der russische Staatskonzern Gazprom unterzeichnete vor Jahren eine Kooperation mit Nigeria.

Bauarbeiten für LNG-Terminal laufen an

Stattdessen soll Niedersachsen nun die Möglichkeit eines zweiten Terminals für Flüssigerdgas (LNG) in Wilhelmshaven prüfen. Darüber gab es laut Landesumweltministerium Gespräche mit dem Bundeswirtschaftsministerium. Ein konkreter Standort und ein möglicher Startzeitpunkt könnten aber noch nicht genannt werden. In einem bis eineinhalb Jahren könne womöglich ein neuer Anleger gebaut werden.

Die Bauarbeiten für das erste LNG-Terminal in Wilhelmshaven sind angelaufen. Wenn alles nach Plan geht, kalkuliert das Bundesland mit einem Betriebsstart Ende Dezember. Als weitere LNG-Standorte stehen neben Stade in Niedersachsen bereits Brunsbüttel in Schleswig-Holstein sowie Lubmin in Mecklenburg-Vorpommern fest. (dpa)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false