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Papst Franziskus (links) und der emeritierte Papst Benedikt (Archivbild vom Dezember 2018)

© dpa/Vatican Media

Früherer Papst verteidigt den Zölibat: Benedikt riskiert die Spaltung der Kirche

Ex-Papst Benedikt verteidigt die Pflicht zur Ehelosigkeit für Priester und fordert Nachfolger Franziskus heraus. Das kann nicht gutgehen. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Erstaunlich ist ein gelindes Wort für diesen Vorgang: Der gewesene Papst widerspricht dem amtierenden. Joseph Ratzinger – denn der ist Benedikt XVI. – meint, Nachfolger Franziskus mahnen zu müssen; er soll den Zölibat erhalten.

Nicht nur, dass Ratzinger mit seinem spektakulären Rücktritt im Februar 2013, dem ersten seit Jahrhunderten, Unterordnung und Gehorsam versprochen hat und sich nicht daran hält. Was für sich gesehen schon eine Unverschämtheit ist.

Mehr noch, er stärkt die erzkonservativen Kräfte im Vatikan, genauer: der Kurie, die Franziskus schon die ganze Zeit das Leben schwer machen. So wird aus der Unverschämtheit eine Herausforderung. Und das soll gutgehen?

„Ich kann nicht still bleiben“, schreibt der Ex-Papst – doch, das kann er. Das muss er. Mag Ratzinger auch eine Aufweichung des Zölibats als des Teufels ansehen, seine Sache ist das nicht (mehr). Auch er muss Entscheidungen des Papstes akzeptieren; und gerade Ratzinger als ehemaliger, äußerst strenger Chef der Glaubenskongregation – der Nachfolge der Inquisition – sollte das.

Benedikt erkennt die Zeichen der Zeit nicht

Dass er sich jetzt in einem Buch mit dem konservativen Kardinal Robert Sarah äußert, zeigt allerdings zum einen sein ungemindertes Sendungsbewusstsein; Ratzinger galt auch sich selbst als ein großer Gelehrter. Zum anderen wird daran seine restaurative Sicht auf die Kirche überdeutlich: Ein Mann könne nicht der Familie und der Kirche zugleich dienen – wer so denkt, ist aus der Zeit gefallen. Oder, mit der Bibel gesagt, hat die Zeichen der Zeit nicht erkannt.

Das aber wiederum ist bei Ratzinger auch nichts Neues. Warum ist er gleich noch mal nicht mehr Pontifex? Weil er die Kraft nicht hatte, die das Amt für die Mühen der Ebene erfordert; weil er weltabgewandt war; weil die Kurie ihn beherrschte; weil die Wellen des Missbrauchsskandal über ihm zusammengeschlagen wären. Reformen waren seine Sache nie, auch da nicht. Ratzinger ist ein Dogmatiker. Mit 92 wird er sich auch gewiss nicht mehr ändern.

Es ist nicht das erste Mal, dass Ratzinger mit einer Äußerung zum Pontifikat von Franziskus auffällig wird. Ausgerechnet im vergangenen Jahr gab es einen – entsprechend umstrittenen – Aufsatz, in dem er den massiven sexuellen Missbrauch durch katholische Geistliche auf die sexuelle Revolution der 68er-Bewegung zurückführt.

Was daran erinnert, dass schon 2005 statt des Deutschen Joseph Ratzinger der Argentinier Jorge Mario Bergoglio, der heutige Franziskus, hätte gewählt werden können. Nur hatten die Konservativen, angeführt vom einflussreichen Kölner Kardinal Joachim Meisner, schon längst vor dem Konklave alle Strippen für den seinerzeitigen Dekan des Kardinalskollegiums und Präfekten der Glaubenskongregation gezogen; und Köln ist in der katholischen Hierarchie das „Rom des Nordens“.

Ein zurückgetretener Papst sollte sich „verbergen“

Dass nun in der Kirche eine Mehrheit sich für die Priesterweihe verheirateter Männer ausspricht, als Folge der Missbrauchsdebatten und weil es immer weniger Geistliche gibt, die Messen feiern können, ficht den Ex-Papst in seinem starren Denken nicht an. Franziskus in seiner Scham über das Geschehene und in seinem Mitgefühl mit den Gläubigen, der noch dazu sagt, dass es sich beim Zölibat um eine veränderbare Tradition handle und eben nicht um ein Dogma, ist Ratzinger offenkundig ein Gräuel. So sehr, dass der dafür geradezu die Kirchenspaltung riskiert.

Um die eingangs gestellte Frage wieder aufzunehmen: Das kann nicht gutgehen. Der zurückgetretene Papst, so lautete die Anforderung an ihn, solle sich „verbergen“. Richtig. Es kann nur einen Papst geben.

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