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Die 70-Jährige Shirin Ebadi setzt sich für Freiheitsrechte im Iran ein. Auch Todesdrohungen halten sie nicht davon ab.

© imago/Mauersberger

Friedensobelpreisträgerin Ebadi: Mit gezielten Sanktionen gegen Irans Machthaber

Wie Friedensnobelpreisträgerin Shirin Ebadi Teherans Verstöße gegen die Menschenrechte anprangert - und warum sie an politische Veränderungen glaubt.

Sie hat lange durchgehalten. Ließ sich auch von Drohungen und Übergriffen nicht einschüchtern. Shirin Ebadi setzte sich als Anwältin unermüdlich für Menschenrechte im Iran ein und legte sich so immer wieder mit dem Mullahs an. Dafür wurde ihr 2003 der Friedensnobelpreis verliehen.

Doch als es sechs Jahre später zu Massenunruhen kam, Tausende Menschen im Zuge der „Grünen Bewegung“ gegen die Machthaber und für mehr Demokratie demonstrierten, musste Ebadi ihre Heimat verlassen. Das Regime wütete gegen den Widerstand. Es gab viele Tote, Ebadi ging ins britische Exil.

"Ich habe keine Angst"

Ihrer Rolle als Aktivistin ist die heute 70-Jährige treu geblieben, streitet für Menschenrechte im Iran, prangert Verstöße an, engagiert sich für Minderheiten. Am Donnerstag tut Ebadi das energisch von Berlin aus. Eingeladen von der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) und dem Verein Karamat liest sie den Herrschenden in Teheran die Leviten.

„Ich habe trotz aller Drohungen keine Angst. Es ist meine Pflicht, die Wahrheit zu sagen.“ Also deutlich zu machen, wie gnadenlos die Machthaber gegen Andersdenkende und Andersgläubige vorgehen. Zum Beispiel gegen die Sufis. Wie viele andere Gruppen wird diese religiöse Gemeinschaft diskriminiert und verfolgt. Dabei seien etwa die Mitglieder des Gonabadi-Ordens allesamt friedliebende Menschen, die gar nichts mit Politik am Hut hätten, betont Ebadi.

Mullahs gegen Sufis

Dennoch sehen die Mullahs in den Anhängern des Sufismus eine Gefahr, weil sie den schiitischen Islam – im Iran Staatsreligion – anders interpretierten. Die Folge: Derwische werden festgenommen und schikaniert. Erst vor wenigen Monaten wurde das Oberhaupt des Gonabadi-Ordens unter Hausarrest gestellt. Als seine Gefolgsleute dagegen protestierten, landeten sie im Gefängnis. Viele von ihnen säßen heute in Einzelzellen und würden misshandelt, sagt Ebadi.

So wie den Sufis ergeht es auch anderen Gruppen im Iran, die dem Regime nicht genehm sind. Es gebe „Breitbandmenschenrechtsverletzungen“, sagt Martin Lessenthin, Sprecher des Vorstands der IGFM. Aber es mangele an Einsatz für die Verfolgten, nicht zuletzt auf diplomatischer Ebene. Dabei müsste den Tätern klar gemacht werden, dass sie damit nicht ohne Weiteres durchkommen.

Ali Chamenei, Irans mächtigster Mann, erteilt Gesprächen mit den USA eine klare Absage.
Ali Chamenei, Irans mächtigster Mann, erteilt Gesprächen mit den USA eine klare Absage.

© Iranian Supreme Leader office /dpa

Was Shirin Ebadi ähnlich sieht. Sie plädiert daher für „persönliche“ Sanktionen gegen die Mullahs und ihre willigen Helfershelfer. So sollten Richter, die politische Urteile fällten, nicht mehr in die EU einreisen dürfen. Ebenfalls wäre es ein probates Mittel, ausländische Konten der Menschenrechtsverletzer einzufrieren.

Von Wirtschaftssanktionen hält Ebadi gar nichts. „Solche Strafmaßnahmen führen nur dazu, dass die einfachen Menschen ärmer werden. Jene wiederum, die dem Regime angehören, häufen Reichtum an.“ Bliebe es bei den von den USA verhängten Sanktionen, drohe der Iran zu einem weiteren Venezuela zu werden.

Armut und Arbeitslosigkeit

In der Tat hat sich die ökonomische Situation in der Islamischen Republik in den vergangenen Monaten nochmals dramatisch verschlechtert. Die Landeswährung Rial ist im freien Fall, die Arbeitslosigkeit nimmt ebenso zu wie die Armut. Viele Iraner wissen kaum noch, wie sie ihre Familien über die Runden bringen sollen. Vor allem junge Menschen haben die Hoffnung verloren, dass sich bald etwas zum Besseren wendet.

Immer wieder kommt es deshalb zu Protesten – gegen die Misswirtschaft der Regierenden und die grassierende Korruption. Das Regime reagiert auf diese Unmutsbekundungen in gewohnter Manier, also mit großer Härte. Dennoch ist Shirin Ebadi zuversichtlich, dass sich die politischen Verhältnisse in absehbarer Zeit ändern. „Ich bin sicher, dass die Demokratie bald im Iran einziehen wird. Denn die Unzufriedenheit wird Tag für Tag stärker.“

Dass die Machthaber in Teheran einknicken und sich zu Verhandlungen über das von US-Präsident Donald Trump aufgekündigte Atomabkommen bereiterklären, ist allerdings nicht zu erkennen. Erst am Mittwoch erteilte Revolutionsführer Ajatollah Ali Chamenei, Irans geistliches und politisches Oberhaupt, Gesprächen mit Washington eine klare Absage. Nach Kompromissbereitschaft klingt das nicht gerade.

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