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Greta Thunberg ist binnen 14 Monaten vom Schule schwänzenden Mädchen zur Ikone einer internationalen Jugendbewegung aufgestiegen.

© Minas Panagiotakis/Getty Images/AFP

Friedensnobelpreis für Greta Thunberg?: Nein, denn sie infantilisiert das Verständnis von Politik

Ihre Bewegung tut so, als kenne die Klimaforschung nur eine Wahrheit. Außerdem gibt es inzwischen Fortschritte beim Klimaschutz. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Christoph von Marschall

Die 16-jährige Klima-Aktivistin Greta Thunberg könnte am Freitag den Friedensnobelpreis erhalten. Sollte sie die Auszeichnung bekommen? Lesen Sie hier, was dagegen spricht. Unter diesem Link finden Sie das „Pro“.

Der Friedensnobelpreis für Greta Thunberg? Bloß das nicht, bitte! Das 16-jährige Mädchen, das unter dem Asperger-Syndrom leidet, verdient Bewunderung, wie sie mit ihrer Krankheit umgeht. Aber verdient sie die renommierteste Auszeichnung der Erde? Den Friedensnobelpreis soll nach der Intention des Stifters Alfred Nobel die Person erhalten, die am meisten für die Abrüstung oder für die Förderung des Friedens getan und damit „im vergangenen Jahr der Menschheit den größten Nutzen erbracht“ hat.
Trifft das auf Greta Thunberg zu? Wohl kaum.

Die Politik hat nichts getan? Eine glatte Lüge

Es ist eine Leistung, binnen 14 Monaten vom Schule schwänzenden Mädchen zur Ikone einer internationalen Jugendbewegung aufzusteigen. Aber ihre Botschaften und Kommunikationsmethoden sind bedenklich für die Demokratie. Die Greta-Bewegung steht für eine Infantilisierung des Verständnisses, was Politik leisten soll – und leisten kann. Sie verbreitet Unwahrheiten. Sie nimmt für sich eine angeblich gesicherte wissenschaftliche Wahrheit in Anspruch, die bei näherem Hinsehen darin besteht, abweichende wissenschaftliche Meinungen zu Häresie zu erklären.

Selbstverständlich wäre es unethisch, Greta ihre Krankheit und deren Symptome vorzuhalten, darunter eine Störung der körperlichen Entwicklung, Schwächen in der sozialen Interaktion, fehlendes Einfühlungsvermögen für Menschen mit anderen Problemen, ausgeprägte Spezialinteressen samt der Forderung, die Mitmenschen müssten die Welt so wie sie sehen. Man muss aber auch nicht den genialen Propagandatrick mitmachen, Krankheitsmerkmale wie die autistische Verengung der Wahrnehmung zu einem Verhalten zu erklären, das preiswürdig ist.

Greta und ihre Fans behaupten, die Politik habe die Erde untätig in eine Klimakatastrophe gleiten lassen. Der Klimanotstand ist weder eingetreten noch steht er kurz bevor. Menschen, die etwas älter als 16 sind, wissen, wie Deutschland vor 20, 30 Jahren aussah und was sich alles verbessert hat. Zweitakter und die meisten Kohleheizungen sind verschwunden, die Autos haben Abgasreinigung. In der Ruhr und im Rhein kann man wieder schwimmen. Die Emissionen sind heute um 23 Prozent geringer als 1990. Man darf kritisieren, das sei zu wenig. Aber die Behauptung, es sei nichts geschehen, ist eine glatte Lüge. Ignoranz muss man weder beklatschen noch auszeichnen.

Sie klagt nur an. Lösungsvorschläge hat sie nicht

Von Greta kommen keine Anregungen, wie die Politik die Verantwortung für die Bürger und die wirtschaftlichen Grundlagen ihres Alltags mit der Verantwortung für das Klima verbindet. „How dare you!“, klagt sie Staats- und Regierungschefs beim UN-Gipfel in New York mit wutverzerrtem Gesicht an. Einen Weg weist sie nicht.

Handelt sie wenigstens aufklärerisch? „Unite behind the Science!“ Sie trägt die Forderung vor, als gebe es nur eine ewige Wahrheit. Die jährlichen Berichte des Weltklimarats (IPCC) sind jedoch keine Bibeln. Berechnungsmodelle für die Aufnahmefähigkeit der Ozeane und Landmassen für oder die Prognose der Erwärmung haben sich als fehlerhaft erwiesen. Das ist nicht schlimm. Es bedeutet Fortschritt, wenn der IPCC 2018 lernt, wo er bei den Prognosen 2013 geirrt hat. Widerspruchsgeist und Zweifel können Quellen der Erkenntnis sein.

Zweifler werden als „Klimaleugner“ diffamiert

Es behindert den Fortschritt hingegen, wenn die von Greta geförderte Bewegung „Friday's for Future“ Wissenschaftler, die die IPCC-Vorhersagen mit Skepsis betrachten und auf Fehlannahmen hinweisen wie Fritz Vahrenholt und seine internationalen Mitstreiter, als „Klimaleugner“ diffamieren.

In einer repräsentativen Umfrage lehnen 66 Prozent der Deutschen den Friedensnobelpreis für Greta ab; nur 15 Prozent sind dafür. Um das Urteilsvermögen der offenen Gesellschaft muss man sich trotz allen Hypes um Greta offenbar keine großen Sorgen machen.

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