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Die "Fridays for Future"-Bewegung ist am Freitag erstmals wieder auf die Straße gegangen, in Berlin am Brandenburger Tor und in vielen anderen Städten.

© Foto: Kay Nietfeld/dpa

„Fridays for Future“ – zurück auf der Straße: Die Angst um die Zukunft ist die Angst ihrer Generation

Ohne Wende in der Klimapolitik keine Zukunft. Das skandieren die Jungen. Die Alten haben viel Zukunft schon hinter sich - und andere Ängste. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Ariane Bemmer

In der Pfütze liegt ein laminierter DinA4-Zettel, darauf schillert in bunten Buchstaben der Slogan: „Was nützen null Fehlstunden, wenn es keine Zukunft gibt“. Verloren vermutlich auf dem Weg zum Brandenburger Tor. Da trafen sich am Freitag die Aktivisten von „Fridays for Future“, kurz „FFF“. Es war der erste leibhaftige Aufmarsch der Klimabewegungsanhänger nach Monaten, in denen sie coronabedingt nur virtuell auftreten konnten.

Die Massen, die sie zuvor mobilisiert haben, kamen dabei nicht zusammen. Aber an ihrem Anliegen und den dystopischen Botschaften hat sich nichts geändert. Keine Zukunft mehr, das ist das Mantra von „FFF“: Wenn sich nicht superschnell etwas ändert an der Art, in der die Menschheit auf den Klimawandel reagiert, ist es zu spät. Dann steigen Meerespegel, verdorren Böden, kippt der Golfstrom, wird alles anders, werden Menschen, die jetzt schon auf der Welt sind, keine Zukunft mehr auf ihr haben.

Keine Zukunft – schlimmer geht’s nicht. Nicht für junge Leute. Es ist, anders als die Coronaangst, die eher eine Ereignisangst ist, eine Generationenangst. Genauer: ihre Generationenangst.

Je älter die Leute sind, desto mehr Zukunft liegt hinter ihnen. Vieles von dem, was an Hoffnungen, Erwartungen und auch Ängsten daran geknüpft war, hat sich erledigt, kam anders, ist gut oder nicht, wird aber mehr oder weniger akzeptiert, weil sich das Vergangene ohnehin nicht ändern lässt.

Die Zukunft ist dann nicht mehr, was sie mal war: ein kühner Entwurf für den weiten, noch unbefestigen Rest des Lebens. Eher ist sie zu einem Szenario geronnen, das sich entlang bereits eingeschlagener Pflöcke halbwegs absehbar fortentwickeln wird. Der Slogan „Keine Zukunft mehr“ verliert seinen Schrecken.

Stattdessen erschrickt man vielleicht eher über „Kein Geld mehr“. Denn ab einem gewissen Punkt lässt sich – zumindest mit konservativen Methoden – an den zu erwartenden Altersbezügen nicht mehr viel ändern. So dürfte bei etlichen Menschen in ihren 50ern das Thema Altersarmut ähnliche Beklemmungen auslösen wie die Klimafrage bei den Jungen.

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Diejenigen wiederum, die ihre Erwerbstätigkeit lange beendet haben, die auf das Leben vor allem zurückzublicken und wissen, wie sie mit der Bilanz zurechtkommen (ob spirituell oder finanziell), haben wieder ihre eigenen Ängste und Befürchtungen. Es sind Sorgen vor dem Alleinsein, die Aussicht, die Familie, Kinder und besonders die Enkelkinder längere Zeit nicht sehen zu können, weil man ja nicht weiß, wie viele Gelegenheiten es noch geben wird.

Keine Zukunft mehr? Ab einem gewissen Alter eine Tatsache

Das wurde während der Coronabeschränkungen mehr als deutlich, als in Umfragen fast alle älteren Befragten vor allem das Kontaktverbot mit Familienangehörigen am Ärgsten beklagten. Keine Zukunft mehr – das ist, je älter die Menschen sind, immer weniger eine Frage, es ist ab einem gewissen Punkt bloß eine Feststellung.

Aber natürlich ist Zukunft immer und muss immer sein. „Nach mir die Sintflut“ ist zwar inzwischen theoretisch nicht mehr ausgeschlossen, aber umso mehr kein Motto, dessen Ausbreitung eine Gesellschaft als Ganzes überstehen würde. Eine Möglichkeit, der Jugend mehr Verantwortung zu überlassen, wäre die Herabsetzung des Wahlalters auf 16. Es würde womöglich auch die Generationen in ihren manchmal auseinanderklaffenden Sorgen enger zusammenführen.

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