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Das umstrittene Plakat zur Kampagne "Dein Land. Deine Zukunft. Jetzt!"

© imago/Chris Emil Janßen

Freiwillige Rückkehr: Innenministerium reagiert auf Kritik an Plakatkampagne

Mit einer Plakatkampagne für Rückkehrerprogramme hat das Bundesinnenministerium für Irritationen gesorgt. Nun lädt die Behörde Kritiker zum Gespräch.

Seit Tagen hagelt es Kritik für die neue Plakatkampagne des Bundesinnenministeriums „Dein Land. Deine Zukunft. Jetzt!“: Sie sei „in jeder Form würdelos“, sie erreiche ein „neues Niveau an Fremdenfeindlichkeit“ und vermittle die Botschaft „Flüchtlinge und Ausländer, Ihr seid hier unerwünscht!“, heißt es in den Sozialen Medien. Diese Kritik scheint nun zu fruchten. Am kommenden Montag sind die Initiatoren der zwei Gegenkampagnen,  Yann Leretaille und Hannah Hübner, sowie Mitglieder von Migrantenverbänden zu einem Gespräch im Bundesinnenministerium eingeladen. In einem einstündigen Termin mit dem Stabsleiter für Migration und Rückkehr, Christian Klos, sollen die Kritikpunkte und mögliche Verbesserungen für zukünftige Kampagnen besprochen werden.

Auch Menschen mit Migrationshintergrund fühlen sich angesprochen

Ziel der BMI-Kampagne war es eigentlich, Personen ohne Bleibeperspektive auf die Möglichkeit der freiwilligen Rückkehr aufmerksam zu machen. Doch die Plakate mit der Formulierung „Dein Land. Deine Zukunft. Jetzt!“ sorgten für Irritationen. Auch anerkannte Flüchtlinge oder Menschen mit Migrationshintergrund fühlten sich angesprochen. „Viele meiner ausländischen Mitarbeiter fragten mich, ob sie mit dem Plakat gemeint seien“, erzählt Yann Leretaille, „das zeigt, wie fehlgeleitet und schlecht formuliert die Kampagne ist.“

Leretaille ist Initiator der Gegenkampagne „Berlin Founders Unite!“. Mit über 70 Unterstützern aus der Berliner Technik-Start-up-Szene hatte er sich in einem offenen Brief an das Bundesinnenministerium gegen die Plakataktion eingesetzt. „Wir wollen deutlich machen, welchen Schaden die Kampagne kulturell und wirtschaftlich anrichtet“, sagt Leretaille.

Kampagne funktioniert nicht über Plakatwerbung

Bei den Programmen zur freiwilligen Rückkehr geht es, so das Bundesinnenministerium, in aller Regel um Ausreisepflichtige oder Personen mit geringer Bleibeperspektive, die sich noch im Asylverfahren befinden. Anerkannte Flüchtlinge werden als Anspruchsberechtigte ebenfalls nicht ausgeschlossen, wenn sie eigenverantwortlich entscheiden, freiwillig ins Herkunftsland oder in ein aufnahmebereites Drittland zu ziehen. Durch die bundesweite Plakatierung soll die Zielgruppe „vor Ort“ erreicht werden, ließ das Bundesinnenministerium verlauten. Das sieht Stefan Mannes von der Werbeagentur kakoii kritisch: „Kampagnen, die sich an so eine fein definierte Zielgruppe wie Ausreisepflichtige richten, funktionieren nicht über Plakatwerbung.“ Die Rückreise sei ein sehr sensibles Thema, sagt er. „Wenn man jemanden dazu bringen möchte, einen solchen Schritt zu gehen, muss man intensiver mit der Person kommunizieren – sei es über spezielle Online-Netzwerke oder geschulte Beratungsstellen.“

"Rückkehr ist kein Schnäppchen zu Weihnachten"

Die Initiatoren der Onlinepetition „Weg mit #Rückkehrwerbung des BMI“ würden eine sachliche, transparente Aufklärung zum Thema freiwillige Rückkehr begrüßen. Aber nicht diese Werbung. „Rückkehr ist kein Schnäppchen zu Weihnachten“, heißt es in ihrer Petition, die Werbung bestärke und legitimiere rechte Denkmuster.

Leretaille sieht das ähnlich: „Es scheint mehr darum zu gehen, der Öffentlichkeit zu zeigen, dass es eine Kampagne gibt und die Regierung etwas unternimmt, anstatt wirklich etwas für die ausreisepflichtigen Menschen zu tun.“

Die Idee, finanzielle Anreize für eine freiwillige Ausreise zu schaffen, ist nicht neu. Schon seit den 1980er Jahren gibt es Rückkehrprogramme. Die aktuelle Kampagne ist eine Programmkomponente der „Starthilfe Plus“ und wurde schon einmal von Dezember 2017 bis Februar 2018 aufgelegt. „Starthilfe Plus“ gewährt jedem Rückkehrer zwischen 500 und 1200 Euro, ausgezahlt in zwei Tranchen. Mit der 500 000 Euro teuren DLDZJ-Kampagne gibt es nun noch bis zum 31. Dezember zusätzlich einen Wohnkostenzuschuss. Bis zum 31. Oktober hatten 14 183 Personen eine Rückreiseförderung beantragt, das ist nur ein Bruchteil der rund 235 000 Ausreisepflichtigen. 2017 waren es im gesamten Jahr noch 29 500 Menschen. Insgesamt geht die Zahl der freiwilligen Rückkehrer schon seit Jahren zurück.

Regina Wank

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