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Wär's digital nicht besser? Impfaktion im österreichischen Bezirk Schwaz.

© imago images/Eibner Europa

Freiheiten für Geimpfte: Grün ist auch diese Hoffnung

Kann die Europäische Union nach ihrem Versagen bei der Impfstoffbeschaffung jetzt mit einem digitalen Impfpass punkten? Ein Zwischenruf.

Ein Zwischenruf von Barbara John

Ab dem 1. Juni soll es einen digitalen EU-Corona-Impfpass geben, versprach EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen diese Woche: ein fälschungssicheres und in allen 27 EU-Staaten anerkanntes Zertifikat. Erste Frage: Wozu? Es gibt ja schon das gelbe, weltweit gültige Impfbuch der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Wer sich derzeit gegen Corona impfen lässt, hat es bei sich, damit die verabreichten Vakzine eingetragen werden.

Bisher diente es auch dazu, notwendige Immunisierungen etwa gegen Meningokokken oder Gelbfieber nachzuweisen, um in bestimmte Länder einreisen zu können. Fälschungssicher ist dieses Dokument nicht und auch nicht digital. In Corona-Zeiten sind das aber unverzichtbare Eigenschaften, um bei Reisen oder Freizeitaktivitäten den Impfschutz mit Internet-Backup dokumentieren zu können. Einen solchen Nachweis zu fordern, ist ein Gebot der Stunde, und die EU Kommission will liefern. Aber ist sie der politisch komplexen Aufgabe gewachsen, in kurzer Zeit ein gemeinsames Impfbuch und den Umgang damit zu managen?

Beim Beschaffen von genug Impfstoffen war sie es nicht. Deshalb liegt die Erst-Impfquote in der Europäischen Union bei unter vier Prozent, weit niedriger als außerhalb. In Deutschland sind es 4,2 Prozent, in Israel – ohne die unter 16-Jährigen – 70 Prozent. Und weil sich das Virus nicht stoppen lässt mit Impfdokumentation, sondern nur mit Millionen Dosen Impfstoff, konzentriert sich die Diskussion bei uns nicht auf die Freiheiten, die ein Pass bringt.

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Stattdessen steht die Forderung im Zentrum, Geimpften keine „Sonderrechte“ zu gewähren. (Ethikrat und Bundeskanzlerin). Wer wagt es schon den 96 Prozent Nicht-Geschützten das „Gönnen können“ für die Wenigen schmackhaft zu machen. Das bringt die verkehrte Reihenfolge mit sich: In Israel ist der „Grüne Pass“ eine logische Folge der Rekordimpfungen, in der EU stehen wir vor dem dritten Lockdown wegen des Impfmangels und führen eine Fairnessdiskussion, obwohl die Rückgabe von Grundrechtsfreiheiten an Geimpfte niemandem etwas wegnähme.

Bedenken gibt es auch über das geplante zentrale EU-Impfregister, wo persönliche Gesundheitsdaten aus 27 Mitgliedsländern gespeichert wären. Es könnte unbeherrschbare Risiken geben. Ein Blick in die Zukunft: Der digitale grüne EU-Impfpass wird auf sich warten lassen, so wichtig er ist. Aber Fluggesellschaften und andere Dienstleister sind schon dabei, Lösungen für Geimpfte zu praktizieren. Das erzeugt Impfdruck und gewährt Freiheiten.

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