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US-Präsident Joe Biden.

© REUTERS/Joshua Roberts

Mord bleibt folgenlos: Bittere Anklage gegen Joe Biden im Fall Kashoggi

Für den saudischen Kronprinzen bleibt der Mord an dem Journalisten folgenlos. Den Herausgeber der „Washington Post“ macht das wütend.

Der Herausgeber der „Washington Post“ beschuldigt den neuen US-Präsidenten Joe Biden, Saudi-Arabien im Fall des ermordeten Journalisten Jamal Kashoggi einen "One Free Murder"-Pass gegeben zu haben. Zu deutsch: Einen Freifahrtschein für Mord.

Biden habe damit sein Wahlversprechen nicht eingehalten, weil er keine Sanktionen gegen den saudischen Kronprinzen selbst verhängt habe. Biden habe vor der Wahl versichert, das saudische Regime habe im Fall Kashoggi, „den Preis zu zahlen“, schreibt Post-Herausgeber Fred Ryan in einem Kommentar für seine Zeitung (hier zu lesen). Biden hatte im Wahlkampf den Verdacht geäußert, dass der Kronprinz den Befehl für den Mord gegeben habe. Unter Ex-Präsident Donald Trump pflegten die USA ein enges Verhältnis zum saudischen Regime.

Die US-Regierung hatte den Kronprinzen am Freitag dann erstmals offiziell für die Ermordung des Journalisten Khashoggi mitverantwortlich gemacht und Sanktionen zum Beispiel gegen eine saudischen Eliteeinheit verhängt, die am Mord beteiligt war.

"Unserer Einschätzung zufolge genehmigte Kronprinz Mohammed bin Salman einen Einsatz in Istanbul, Türkei, um den saudiarabischen Journalisten Jamal Khashoggi zu ergreifen oder zu töten", heißt es in dem teilweise geschwärzten Bericht, den US-Geheimdienstkoordinatorin Avril Haines freigab. Washington verhängte aber keine Sanktionen gegen bin Salman.

Ausland beobachtet die USA genau

Post-Herausgeber Ryan kommentiert das bitter: "Es scheint damit so, als würden Despoten, die einen aktuellen strategischen Wert für die USA versprechen unter der Biden-Regierung einen Freifahrtschein für einen Mord bekommen."

Auch das Ausland würde derzeit verstärkt darauf achten, dass die USA wieder zu ihren Werten stehen, schreibt Ryan. Sonderlich überzeugend würde die Reaktion im Fall Kashoggi nicht ausfallen.

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Ryan fragt weiter an sein eigenes Land gerichtet: "Wie können wir ein glaubwürdiges Vorbild in Sachen Menschenrechte sein, wenn wir Rechenschaft in einem Land verlangen und bei einem anderen Land bereit sind, einfach wegzusehen?"

Die Verlobte des Journalisten Jamal Khashoggi, der im Oktober 2018 in Istanbul ermordet wurde, fordert die "unverzügliche" Bestrafung von bin Salman. "Es ist zwingend erforderlich, dass der Kronprinz, der den Mord einem unschuldigen Menschen angeordnet hat, unverzüglich bestraft wird", erklärte die in der Türkei lebende Hatice Cengiz.

Einerseits werde dadurch ihrem Verlobten Gerechtigkeit getan, andererseits könnten "ähnliche Taten in der Zukunft verhindert werden".

Verlobte von Kashoggi fordert Taten von den USA

"Ich begrüße die Veröffentlichung des US-Berichts", erklärte Cengiz. Die "Wahrheit" sei dadurch "bekräftigt" worden. "Aber das ist nicht genug, denn die Wahrheit hat nur dann einen Sinn, wenn sie zum Vollzug der Gerechtigkeit dient."

Wenn der Kronprinz nicht bestraft werde, so sei das ein immerwährendes Signal, dass "der Hauptverantwortliche ohne Bestrafung töten kann". Die Regierungen rund um die Welt müssten sich fragen, ob sie jemandem die Hand reichen wollten, dessen Schuld belegt sei.

Khashoggi war am 2. Oktober im saudiarabischen Konsulat in Istanbul von einem 15-köpfigen saudischen Geheimdienstkommando - sieben Mitglieder des Kommandos gehörten der mit Sanktionen belegten Eliteeinheit an - umgebracht worden.

Seine Leiche wurde zerstückelt. Der Journalist lebte damals im Exil in den USA und schrieb dort für die "Washington Post", in dem Konsulat wollte er Unterlagen für seine Heirat mit Cengiz abholen.

Riad hatte die Ermordung Khashoggis zunächst bestritten. Später wurden bei einem undurchsichtigen Prozess in Saudi-Arabien fünf saudische Staatsbürger zum Tode und drei weitere zu Haftstrafen verurteilt. Die Todesstrafen wurden danach in Haftstrafen umgewandelt.

Die USA riefen Saudi-Arabien am Montag auf, die am Mord beteiligte Eliteeinheit aufzulösen, sagte US-Außenamtssprecher Ned Price in Washington. Die sogenannte Schnelle Eingreiftruppe dient Kronprinz bin Salman als Leibgarde. Saudi-Arabien müsse außerdem Aktivitäten gegen Regierungskritiker "vollständig" einstellen und dazu Reformen umsetzen und Kontrollmechanismen einführen. (Tsp/AFP)

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