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Äußerst einnehmend. Vizepräsident Mike Pence (Links) und Mehrheitsführer Ryan Paul können gar nicht anders, als Frankreichs Präsident Emmanuel Macron zu applaudieren.

© Brian Snyder/Reuters

Frankreichs Präsident in den USA: Macrons großes Plädoyer gegen Trumps Denkweise

Frankreichs Präsident schafft es, seinen amerikanischen Kollegen zu umgarnen und dennoch dessen Politik deutlich zu kritisieren. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Auf einer Ebene mit Charles de Gaulle! Das ist Emmanuel Macron also schon mal gelungen, jetzt, bei seinen drei Tagen in den USA. Was sind dagegen die drei Stunden von Angela Merkel.
Und er traut sich was, der französische Staatspräsident. Sowohl nach außen wie nach innen gilt das. Macron hielt vor beiden Häusern im US-Kongress eine Rede, als achter Präsident, auf den Tag genau 58 Jahre nach de Gaulle – 40 Minuten auf Englisch! Man stelle sich das einen Moment vor: der Vertreter der Grande Nation, der Atommacht, des Veto-Mitglieds im UN-Sicherheitsrat, der Vormacht der frankophonen Welt. Das allein war bereits bemerkenswert.

Aber es ist noch mehr als Diplomatie oder Courtoisie. Es ist Strategie: Macron sprach auch deswegen Englisch, damit Kollege Präsident Donald Trump jedes Wort versteht. Und er wird verstanden haben. Weil er die Anklänge kennt. Nicht nur Amerika wieder groß zu machen ist laut Macron die Aufgabe, sondern unseren Planeten. So mag es Trump: mit großem Plan und großem Pathos. Keine kleine Münze, obwohl der amerikanische Präsident andererseits gerne auf den Cent abrechnet. Doch da kommt er bei Macron an den richtigen. Der scheint als ehemaliger Investmentbanker genau zu wissen, wie man mit schwierigen Anlegern umgehen muss.

"Wer die Tür zuschlägt, ändert nichts an der Welt da draußen."

Schmeicheleien, klug eingesetzt, können sehr politisch sein; Schmeicheleien, übertriebene, können einem selbst gefährlich werden. Der französische Präsident wusste den Comment zu wahren. Küsschen hier, Küsschen da, Händchen halten, alles gut und schön, aber dort, wo die Politik wirklich zuhause ist, im Kongress, sprach er frank und frei. Macrons Washingtoner Rede: ein großes Plädoyer für Multilateralismus und für bilaterale Zusammenarbeit. Eines für freien und fairen Handel. Und gegen Protektionismus. Gegen Angst und Wut. Gegen Isolationismus und Nationalismus, weil alles das keine Probleme löst.

Zwei Beispiele: „Ich teile nicht die Faszination für neue starke Mächte, die Abschaffung von Freiheit und die Illusion von Nationalismus.“ Und: „Wer die Tür zuschlägt, ändert nichts an der Welt da draußen.“ Solche klaren Worte sind auch von Unpolitischen gut zu verstehen.

Macron kam Trump nahe. ohne sich einnehmen zu lassen

Zumal Macron vorher die gemeinsamen Werte Frankreichs und der Vereinigten Staaten betont hat. Er gab dem Persönlichen den nötigen politischen Rahmen, der dann auch den Unterschied ausmacht zwischen den Präsidenten. Macron musste politisch die Distanz verringern, ohne sie ganz aufzugeben. Und er wollte Trump nahe kommen, ohne sich durch Nähe einnehmen zu lassen – gelungen.

Wenn Staaten auch keine Freunde haben, nur Interessen, wie der alte de Gaulle meinte, richtig ist sein Ratschlag: „Im Angesicht großer Gefahr erwächst Rettung nur aus Größe.“ Macron hält sich daran. Er hat in jedem Fall eine Ebene erreicht, auf der Trump mit sich reden lässt. Mal sehen, was Merkel als Macrons Sidekick mit ihrem Pragmatismus noch erreichen kann.

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