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Frankreichs Ex-Staatschef Nicolas Sarkozy bei einem Auftritt in der vergangenen Woche in Calais.

© Francois Lo Presti/AFP

Frankreichs Ex-Präsident muss in Hausarrest: Sarkozy scheiterte an sich selbst

Frankreichs Präsidenten stehen schon lange nicht mehr über dem Gesetz. Das zeigt auch das jüngste Urteil gegen Ex-Staatschef Sarkozy. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Albrecht Meier

In Deutschland kursieren viele Klischees über Frankreich. Dazu gehört, dass sich Frankreichs Präsidenten, die sich als Ersatz-Monarchen sehen, anders als ihre deutschen Pendants saftige Skandale leisten und dabei klammheimlich auch noch mit der Billigung des Wahlvolks rechnen können. Spätestens seit dem jüngsten Urteil gegen den Ex-Präsidenten Nicolas Sarkozy muss das Frankreich-Bild aber in einem Punkt korrigiert werden: Frankreich mag in der Vergangenheit Präsidenten gehabt haben, die in vielerlei Hinsicht über die Stränge geschlagen haben. Aber es gibt dort inzwischen auch eine Justiz, die hart durchgreift.

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Vor neun Jahren hat Sarkozy verzweifelt versucht, seinen Wahlkampf gegen den sozialistischen Herausforderer François Hollande aufzumotzen, indem er weit mehr Geld in seine Kampagne steckte, als laut der gesetzlichen Obergrenze erlaubt war. Das war und ist kein Kavaliersdelikt. Denn mit dem System der illegalen Wahlkampffinanzierung verschaffte sich Sarkozy einen Vorteil, der ihm ums Haar den Sieg eingebracht hätte. Das Urteil von Paris sieht nun eine entsprechend harte Strafe für den Ex-Präsidenten vor, der seinerzeit das vorgesehene Budget um mehr als 20 Millionen Euro überzog: einjähriger Hausarrest und Überwachung durch eine elektronische Fußfessel.

Der frühere Präsident muss seine Pläne endgültig begraben

Auch wenn Sarkozy in Berufung geht und das Urteil noch nicht rechtskräftig ist, stellt die Entscheidung ein wichtiges Signal dar. Unabhängig vom Ausgang des Berufungsverfahrens stehen sieben Monate vor der Präsidentschaftswahl zumindest zwei Dinge fest: Sarkozy muss seine Pläne endgültig begraben, im Lager der Konservativen indirekt Einfluss auf die Kandidatenkür zu nehmen. Und mehr denn je müssen die Kandidaten Transparenz über die Herkunft ihrer finanziellen Unterstützer an den Tag legen. Der Gleichheitsgrundsatz ist umso wichtiger, als sich bei der Präsidentschaftswahl schon jetzt eine Schlammschlacht um Themen wie die Migration, Frankreichs Souveränität und die Rolle Europas abzeichnet.

Sarkozys Bild ist hierzulande neben seinem Hang zum „Bling bling“ bislang vor allem von dem Übereifer geprägt, mit dem er in der Europapolitik seinerzeit auf schnelle Lösungen bei der Griechenland-Rettung oder auf die Schaffung einer Mittelmeerunion drängte. Am Ende kam es meistens anders, und ein ums andere Mal wurde er auch von Kanzlerin Angela Merkel ausgebremst. Die juristische Aufarbeitung der zahlreichen Affären Sarkozys fügt dem Bild noch eine andere Facette hinzu: Das Bild eines Mannes, der am Ende an sich selbst und einer systematischen Verachtung für demokratische und rechtsstaatliche Grundregeln gescheitert ist.

Bereits im vergangenen März war der 66-Jährige wegen der Bestechung eines Justizbeamten für schuldig befunden worden. Im aktuellen Urteil vom Donnerstag ging das Gericht noch über das Strafmaß einer halbjährigen Haftstrafe hinaus, die zuvor die Staatsanwaltschaft gefordert hatte. Dies begründete die Vorsitzende Richterin Caroline Viguier damit, dass Sarkozy bewusst darauf verzichtet habe, während des Wahlkampfs „eine Kontrolle über die aufgelaufenen Kosten“ auszuüben. Zudem sei es nicht die erste politische Kampagne des Ex-Staatschefs gewesen.

Sarkozy sprach von einem „Märchen“

Während Sarkozy die Vorwürfe während des Prozesses als „Märchen“ zurückgewiesen hatte, zeigte sich der damalige stellvertretende Kampagnenchef Jérôme Lavrilleux reumütig. Lavrilleux wurde zu einer zweijährigen Haftstrafe verurteilt, die ebenfalls unter elektronischer Überwachung in Hausarrest abgebüßt werden kann. Während des Verfahrens hatte der frühere Europaabgeordnete einen Teil der Vorwürfe bestätigt. Anders als Sarkozy will er auf eine Berufung verzichten.

Der Präsident des französischen Senats, Gérard Larcher, teilte nach dem Urteil per Twitter mit, er unterstütze Sarkozy. Er hoffe, dass es das Berufungsverfahren erlauben werde, „seine Ehre wiederherzustellen“, teilte der Politiker mit, der wie Sarkozy den konservativen „Républicains“ angehört. Auch der konservative Präsident der Region „Grand Est“, Jean Rottner, sprach von einer „überraschenden“ Justizentscheidung. „Nicolas Sarkozy war ein großer Präsident“, erklärte Rottner. Zudem könne der Ex-Staatschef für das konservative Lager in Frankreich immer noch einen Beitrag leisten.

Unterstützung aus dem konservativen Lager

Mit der Affäre um die illegale Wahlkampffinanzierung ist Sarkozys Auseinandersetzung mit der französischen Justiz noch keineswegs beendet. Auch die Finanzierung seines Wahlkampf im Jahr 2007 wird seit Jahren von der Justiz untersucht. Die Ermittler gehen dem Verdacht nach, dass der frühere Staatschef einen Teil seiner damaligen Kampagne mit Geldern aus dem Umfeld des seinerzeitigen libyschen Machthabers Muammar al-Gaddafi finanziert habe. Das Nachrichtenportal „Mediapart“ hatte 2012 die Summe von 50 Millionen Euro genannt, die dabei aus libyschen Kassen geflossen sein soll. Fest steht, dass Sarkozy das libysche Staatsoberhaupt 2007 kurz nach seiner Wahl in Paris mit großem Pomp empfangen hatte. In der Affäre muss sich nicht nur Sarkozy verantworten, sondern auch sein früherer Generalsekretär im Elysée-Palast, Claude Guéant.

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