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Verkappte Unkultiviertheit. Donald Trump erfüllt nicht die Mindestanforderungen der Franzosen.

© Saul Loeb/AFP

Frankreich lästert über Donald Trump: Der dämliche Fast-Food-Präsident

Das Enthüllungsbuch "Fire and Fury" erfüllt alle Klischees der Franzosen über die unkultivierten USA. Eine Kolumne.

Eine Kolumne von Pascale Hugues

Donald Trump sitzt gern mit einem Burger vorm Fernseher, am liebsten abends, allein in seinem Schlafzimmer im Weißen Haus. Unter all den Indiskretionen, eine peinlicher als die andere, die der US-Journalist Michael Wolff in seinem gerade erschienenen Buch „Fire and Fury“ über Donald Trump aufdeckt, ist es ausgerechnet dieses Bild, dass die Franzosen entsetzt. Die Liste der Peinlichkeiten ist lang: Trump hatte nie damit gerechnet, die Wahl zu gewinnen. Das Weiße Haus macht ihm Angst. Seine Berater halten ihn für unfähig. Und dann die Enthüllungen seines abservierten Weggefährten Stephen Bannon über die Verbindungen zu Russland. Oder dass seine „strohdoofe“ Tochter Ivanka sich bereits als erste amerikanische Präsidentin sieht… was die Franzosen aber am meisten stört, ist diese Karikatur: ein Idiot in seinem Sessel. In der einen Hand die Fernbedienung. In der anderen ein Big Mac. Sämtliche Klischees über das ungebildete Amerika, das von kulinarischen Genüssen keine Ahnung hat, werden hier perfekt bedient.

Ohne Liebe zu Küche und Literatur geht es in Frankreich nicht

In Frankreich waren Literatur und eine gute Küche immer schon Trümpfe, wenn man Staatschef werden wollte. Die gute Küche versteht sich von selbst, in einem Land, das es geschafft hat, „le repas gastronomique“, die französische Küche, in das immaterielle Weltkulturerbe der Unesco aufnehmen zu lassen. Ein Präsident, der sich von Fast Food ernährt, hätte keine Chance. Schließlich soll er seinem Volk als Vorbild dienen. Und die Literatur? Jeder Staatschef muss seine Liebe zur französischen Kultur nachweisen. Charles de Gaulle verfasste seine Kriegserinnerungen. Drei schwülstige Bände über „die außergewöhnliche Berufung“ Frankreichs. Georges Pompidou verehrte die Poesie. Verdankt Valery Giscard d’Estaing die Wahl in die Académie française seinem Buch „Die Prinzessin und der Präsident“, einem kitschigen Liebesroman, dessen erotische Szenen ganz Frankreich zu entschlüsseln versuchte? Der hochgebildete Mitterrand versammelte seine Schriftstellerfreunde an seiner Tafel. Er hat etwa zwanzig Bücher und hinreißende Briefe an seine Geliebte geschrieben.

Macron mit Burger vor dem Fernseher? Unvorstellbar!

Vielleicht kann Nicolas Sarkozy als einziger Donald Trump verstehen. „Ein Politiker, der nicht fernsieht, kann die Franzosen nicht begreifen“, urteilte der französische Präsident bei seinem Amtsantritt. Er gab damit an, dass er noch nie einen Klassiker gelesen habe, dass er „ein Kind des Fernsehens“ sei, ein Mann der Tat, kein Bücherwurm. Aber die Franzosen verachten ungebildete Präsidenten. Nach kurzer Zeit warfen sie Sarkozy vor, „das Amt zu entehren“. Und schon bald trat Sarkozy in der Öffentlichkeit immer mit einem Buch unter dem Arm auf: Stefan Zweig, Dostojewski, Stendhal… Er versuchte, sich die fehlende Bildung im Eiltempo anzueignen.

Man kann sich Emmanuel Macron nur schwer vorstellen, wie er in einem Empiresalon des Elyseepalasts vor dem Fernseher sitzt und in einen Burger beißt. Abends, nachts, nimmt Emmanuel Macron sich Zeit zum Lesen. Er ist überzeugt, dass „man sich verirrt, wenn man vergisst zu lesen“. Sein offizielles Porträt zeigt auf dem Schreibtisch neben zwei Smartphones gut sichtbar drei Bücher (Gide, Stendhal, De Gaulle). Er hat sogar gestanden, dass er früher davon geträumt hat, Schriftsteller zu werden. Er hat drei Romane und Gedichte geschrieben.

Stellen Sie sich doch mal Donald Trump vor, wie er Sonette dichtet. Eine Katastrophe für die 59,4 Millionen Amerikaner, die ihn gewählt haben. Sie wollten einen Präsidenten ohne Allüren, der wie jeder andere auch abends einen Burger isst und dabei fernsieht.

Aus dem Französischen von Elisabeth Thielicke.

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