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Gelbwesten-Proteste in Paris.

© Sameer Al-Doumy / AFP

Update

Frankreich: Knapp 2000 Festnahmen bei "Gelbwesten"-Protesten

Die Wut über die Politik von Emmanuel Macron hat erneut Zehntausende auf die Straßen getrieben. Dutzende Demonstranten und Sicherheitskräfte wurden verletzt.

Die Zahl der vorläufigen Festnahmen bei den teils gewaltsamen „Gelbwesten“-Protesten am Samstag in ganz Frankreich ist auf knapp 2000 gestiegen. Etwa 1100 Menschen wurden in Paris festgenommen. In mehr als 1700 Fällen wurde anschließend eine längere Ingewahrsamnahme angeordnet.

264 Menschen wurden den Angaben zufolge landesweit verletzt, darunter 39 Sicherheitskräfte. Im ganzen Land gingen zum Auftakt des vierten Protestwochenendes gegen steigende Lebenshaltungskosten und die Politik von Präsident Emmanuel Macron nach Angaben des Ministeriums rund 136.000 Menschen auf die Straße, davon rund 10.000 in Paris.

Premierminister Edouard Philippe zeigte sich zum Dialog mit der Protestbewegung bereit. Er kündigte neue Vorschläge des Präsidenten an. Diese sollten es der Nation ermöglichen, "auf der Höhe der Herausforderungen zu sein". Nach Angaben aus dem Elysée-Palast bereitet Macron mit Mitarbeitern derzeit eine Rede vor.

Gewalt in Paris ist "Katastrophe für den Handel"

Macrons Sprecher Benjamin Griveaux sagte am Sonntag, nun müssten Lösungen gefunden werden, die "der Lebenswirklichkeit eines jeden Einzelnen" entsprächen. Er räumte ein, dass die Regierung offenbar das Bedürfnis der Franzosen unterschätzt habe, sich Gehör zu verschaffen. Der Sprecher kündigte Macrons Reaktion für Anfang der Woche an.

Bei den Protesten kam es erneut zu Krawallen und Ausschreitungen. Die Polizei setzte in mehreren Städten Tränengas ein. In Paris zündeten Randalierer einzelne Autos an und versuchten, Barrikaden zu errichten. Die Sicherheitskräfte setzten zum Teil Wasserwerfer gegen sie ein. In der Hauptstadt waren auch gepanzerte Fahrzeuge unterwegs. Nach den jüngsten Angaben des Innenministeriums waren im ganzen Land 120.000 Polizisten, Gendarmen und Feuerwehrleute im Einsatz - das Aufgebot war nach schweren Krawallen der „Gelbwesten“ in der Vorwoche massiv aufgestockt worden.

In Paris blieben zahlreiche Touristen-Attraktionen wie Eiffelturm und Louvre sowie zahlreiche Geschäfte aus Furcht vor Chaos und Plünderungen geschlossen, es waren deutlich weniger Menschen in der Innenstadt unterwegs als normalerweise an Adventssamstagen. Zahlreiche Metrostationen blieben geschlossen, auch Busse und Vorortbahnen fuhren teilweise nicht. Frankreichs Einzelhändler beklagen schon jetzt Umsatzeinbußen in Milliardenhöhe.

Die Gewalt vor allem in Paris sei eine "Katastrophe für den Handel, sie ist eine Katastrophe für unsere Wirtschaft", sagte Wirtschaftsminister Bruno Le Maire am Sonntag in Paris. Auch Außenminister Jean-Yves Le Drian zeigte sich besorgt. "Ich weiß, wie zerbrechlich die Demokratie ist", sagte er den Sendern RTL und LCI. Es beunruhige ihn, dass einige Demonstranten zu einem "Aufstand" aufriefen.

In französischen Medien wird nach diesem vierten großen Protesttag eine positivere Bilanz gezogen als vergangenes Wochenende. Das Chaos habe dieses Mal in Paris nicht gesiegt, resümierte die Zeitung „Le Parisien“. Das lag dem Bericht zufolge an der offensiveren Strategie der Sicherheitskräfte, die viel mehr Menschen festgenommen sowie Rucksäcke und Taschen der Demonstranten systematisch auch im Vorfeld kontrolliert hätten.

"Gelbwesten"-Proteste gab es auch in Belgien und den Niederlanden. Bei einer Demonstration in Brüssel wurden 400 Menschen festgenommen. In Deutschland solidarisierte sich die Linkspartei mit den "Gelbwesten": Ihr "Widerstand gegen den neoliberalen und autoritären Kurs" von Präsident Macron sei "berechtigt", hieß es in einem Vorstandsbeschluss. Parteichef Bernd Riexinger hatte noch vor wenigen Tagen vor einer Unterwanderung der Bewegung durch "Ultrarechte" gewarnt.

Die Protestbewegung der „Gelbwesten“ hatte sich Mitte November angesichts geplanter Steuererhöhungen auf Kraftstoffe formiert. Mittlerweile reichen die Forderungen viel weiter. Die Wut richtet sich auch gegen Frankreichs Präsidenten Emmanuel Macron. (AFP, dpa)

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