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Frankreich: Chirac ehrt Justizopfer Dreyfus mit Staatsakt

Frankreichs berühmtestes Justizopfer, der Offizier Alfred Dreyfus, soll hundert Jahre nach seiner Rehabilitierung mit einem Staatsakt geehrt werden. Das bedeutet, dass Dreyfus' sterbliche Überreste nicht in den Ruhmestempel Panthéon überführt werden.

Paris - Staatspräsident Jacques Chirac habe sich zum Jahrestag am Mittwoch kommender Woche für eine Zeremonie an der Pariser Militärschule entschieden, hieß es am Mittwoch im Umfeld des Staatschefs. Damit erteilte Chirac der feierlichen Überführung von Dreyfus' sterblichen Überresten in den Pariser Ruhmestempel Panthéon eine Absage. Zahlreiche Beobachter hatten erwartet, dass der 1894 zu Unrecht wegen Hochverrats verurteilte Dreyfus in einem Akt später Wiedergutmachung im Panthéon zur letzten Ruhe gebettet werden könnte.

Dreyfus war von antisemitischen Teilen der französischen Armee als deutscher Spion denunziert und verurteilt worden. Sein Fall hatte Frankreich zur Wende zwischen dem 19. und dem 20. Jahrhundert in zwei unversöhnliche Lager gespalten. In einem legendär gewordenen Offenen Brief mit dem Titel "J'accuse" ("Ich klage an") hatte der Schriftsteller Emile Zola den Fall des unschuldig auf der Teufelsinsel schmachtenden jüdischen Hauptmanns an die Öffentlichkeit gebracht. Nach mehreren Kampagnen und Berufungsprozessen wurde Dreyfus 1899 begnadigt. Erst 1906 wurde er dann durch Frankreichs höchstes Gericht, den Pariser Kassationshof, endgültig rehabilitiert.

Nach Angaben von Chiracs Mitarbeitern will der französische Staatchef bei der Feier zum 100. Jahrestag am 12. Juli nun "den Mann, den Soldaten, den Patrioten ehren, der Opfer eines entsetzlichen Justizirrtums wurde". Chirac werde auch den Einfluss der Dreyfus-Affäre auf die Französische Republik und die Werte ihrer heutigen Gesellschaft darlegen. (tso/AFP)

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