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Ralph Brinkhaus, Fraktionsvorsitzender der CDU/CSU Fraktion im Bundestag, pocht auf den Koalitionsvertrag.

© Michael Kappeler/dpa

Fraktionschef Brinkhaus legt sich fest: Zerbricht am Streit über die Grundrente jetzt die GroKo?

Die GroKo hat die Entscheidung über die Grundrente verschoben. Die Signale aus der Union klingen wenig kompromissbereit.

Im koalitionsinternen Streit über die Grundrente schwindet in der Union der Wille zu Zugeständnissen an die SPD. Zahlreiche Abgeordnete aus der CDU/CSU-Fraktion stemmen sich gegen eine Lösung ohne Bedürftigkeitsprüfung. „Das wird mit uns nicht klappen“, sagte Fraktionschef Ralph Brinkhaus der „Welt“. Die Unionsfraktion sei „nicht bereit, die Prinzipien des Renten- und des Grundsicherungssystems über den Haufen“ zu werfen. „Wir wollen keine Steuergelder an Menschen verteilen, die die Unterstützung gar nicht brauchen.“

Wegen noch offener Fragen bei der Grundrente war das für Montagabend geplante Spitzentreffen der Koalition auf den 10. November verschoben worden. Es gebe noch offene Punkte, die im Laufe dieser Woche sorgfältig geklärt werden sollten, teilte die CDU mit. Von der SPD hieß es, die Verschiebung sei von der Union ausgegangen. Die Arbeitsgruppe zu dem Thema habe gute Vorarbeit geleistet.

Einigkeit besteht zwischen Union und SPD darüber, dass alle, die 35 Jahre an Beitragszeiten aufweisen, eine Rente zehn Prozent oberhalb der Grundsicherung bekommen sollen. Das war auch im Koalitionsvertrag vereinbart worden. Allerdings streiten Union und SPD darüber, wer genau den Rentenaufschlag erhalten soll. Die Union pocht auf die im Koalitionsvertrag festgehaltene Prüfung der tatsächlichen Bedürftigkeit, die SPD lehnt dies ab.

Nach Ansicht von CDU-Politiker Norbert Röttgen sollten in der Diskussion um die Grundrente notfalls andere politische Themen vorrangig angegangen werden. „Grundsätzliche Fragen können dauern“, sagte Röttgen der „Bild“-Zeitung am Montag. Wenn man feststelle, an einer Stelle gehe es nicht weiter, müsse man eben andere Themen vorziehen: „Dann sollte man fragen: Gibt es nicht eigentlich noch etwas anderes. Gibt es noch etwas Wichtigeres?“, sagte der ehemalige Bundesminister.

Röttgen sieht die Debatte nicht als existenzbedrohend für die Regierung. „Ich fände es total falsch, diese Frage zu einer existenzielle Frage zu erklären. Diese ist sicher nicht existenziell. Und man sollte sie auch nicht für die Regierung existenziell erklären“, sagte Röttgen.

Saarlands Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) äußerte sich hingegen optimistisch: „Die schwersten Geburten bringen die schönsten Kinder.“

CDU pocht auf den Koalitionsvertrag

CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak sagte am Sonntagabend in der ARD-Sendung „Anne Will“, es gehe um die Frage, was vertretbar sei für das Land und auch für die jüngere Generation, wenn heute Milliarden versprochen würden. „Da ist uns das, was jetzt besprochen wurde, noch nicht ausgereift genug, dass wir es vertreten können. Deswegen brauchen wir jetzt noch Zeit.“

Thüringens CDU-Chef Mike Mohring verwies im ZDF-„heute journal“ darauf, dass die Bedürftigkeitsprüfung im Koalitionsvertrag stehe. Er verknüpfte das Thema zugleich mit einer Unternehmenssteuerreform, um jenen zu helfen, die die Steuern erwirtschaften, mit denen die Rente bezahlt werde. Der CDU-Außenexperte Norbert Röttgen nannte es am Sonntag im ZDF eine „Grundsatzfrage, ob wir zum ersten Mal eine Sozialleistung, die von der Solidarität der Steuerzahler finanziert wird, von der Bedürftigkeit des Betreffenden, der die Sozialleistung bekommt, abkoppeln.“

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Vor allem junge Unionspolitiker machen Front gegen eine Grundrente ohne Bedürftigkeitsprüfung. Der Vorsitzende der Jungen Union, Tilman Kuban, sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND/Montag), dies wäre der „Einstieg ins bedingungslose Grundeinkommen“. Der Chef der Jungen Gruppe in der Unionsfraktion, Mark Hauptmann, warnte in der „Bild“-Zeitung, dies wäre ein „Vergehen an der jungen Generation“, der man Kosten für Jahrzehnte zumute statt in die Zukunftsfähigkeit des Landes zu investieren.

Christoph Ploß, 34 Jahre alter CDU-Bundestagsabgeordneter, sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe, er erwarte von CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer, „dass sie der SPD deutlich macht, dass mit der CDU ein Abweichen vom Koalitionsvertrag nicht zu machen ist“. Der CDU-Abgeordnete Felix Schreiner (33) warnte: „Es kann nicht sein, dass am Ende diejenigen profitieren, die es gar nicht nötig haben und über andere Einkünfte verfügen. Alles andere wäre eine Aufkündigung des Generationenvertrages.“

Dietmar Bartsch: „Grundrenten wird zu Respektlos-Rente“

Linksfraktionschef Dietmar Bartsch befand: „Die Koalition steht kurz davor, aus der richtigen Grundrenten-Idee eine Respektlos-Rente zu machen.“ Wer 35 Jahre eingezahlt habe, müsse einen Anspruch darauf haben, dass seine Rente deutlich oberhalb der Grundsicherung liegt. „Da darf es keine Diskussion oder eine Bedürftigkeitsprüfung geben“, sagte Bartsch der Deutschen Presse-Agentur.

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Der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands, Ulrich Schneider, sagte, eine Rente mit Bedürftigkeitsprüfung wäre seiner Ansicht nach eine „Art „Sozialhilfe Plus“ für einige wenige“. Besser wäre aus Sicht von Schneider, die Regelsätze in der Altersgrundsicherung für alle Bezieher anzuheben. DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach warnte davor, eine Lösung auf die lange Bank zu schieben. „Wer nach zig Anläufen (...) jetzt kein Ergebnis liefert, schafft Frust und Politikverdrossenheit“, sagte sie der Deutschen Presse-Agentur, bevor die Verschiebung des Koalitionsausschusses bekannt wurde.

Ein Kompromissvorschlag kam unterdessen aus der Arbeitnehmergruppe der Unionsfraktion. Deren Chef Peter Weiß (CDU) regte in der „Rheinischen Post“ (Montag) an, dass die geplante Höherwertung der Renteneinzahlungen von Geringverdienern nur bis zum Jahr 2014 gelten soll, dem letzten Jahr vor der Einführung des Mindestlohns Anfang 2015.

So würde dem Wunsch der Union Rechnung getragen, die Kosten der Grundrente zu begrenzen. Die Union pochte nach dpa-Informationen darauf, dass die Gesamtkosten für die Grundrente unter zwei Milliarden Euro bleiben. Der SPD war wichtig, dass möglichst viele Menschen erreicht werden, zuletzt sollten es noch etwa 1,5 Millionen sein. (dpa)

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