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Forderung der Arbeitgeber: Mindestlohn – für Flüchtlinge doch Ausnahmen?

Vor dem Arbeitgebertag mit Kanzlerin Merkel am Dienstag in Berlin: Wirtschaft will bei Praktika von 8,50-Euro-Regel abrücken.

Um die Integration von Flüchtlingen zu erleichtern, pochen die Arbeitgeber auf ihre Forderung nach Ausnahmen vom Mindestlohn. Wenige Tage vor dem Arbeitgebertag am Dienstag in Berlin, bei dem auch die Bundeskanzlerin zu dem Thema sprechen wird, hatte Angela Merkel in ihrer Wochenend-Videobotschaft die Wirtschaft gedrängt, Praktika anzubieten.

Darauf entgegnete Reinhard Göhner, Chef der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) am Sonntag, um junge Flüchtlinge ausbildungsfähig zu machen, seien zwölfmonatige Praktika in den Unternehmen erforderlich – und in dieser Zeit sollte es den Firmen erlaubt werden, einen Stundenlohn unterhalb der gesetzlichen 8,50 Euro zu zahlen.

CDU-Präsidiumsmitglied Jens Spahn sprach sich für ein befristetes Aussetzen des Mindestlohns für Flüchtlinge aus. „Wir haben doch schon die Ausnahme, dass der Mindestlohn für Menschen, die vorher lange Zeit arbeitslos waren, im ersten Jahr nicht gilt“, sagte Spahn der „Rheinischen Post“. Dies könne analog für Flüchtlinge gelten.

Ähnlich äußerte sich Agrarminister Christian Schmidt (CSU). Bei der Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt seien „auch unorthodoxe Maßnahmen nötig“, sagte Schmidt der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. Er denke an eine Bezahlung von Flüchtlingen, die sich zunächst an die von Auszubildenden anlehne. „Wer noch nicht vollwertige Arbeit leistet, zum Beispiel aufgrund fehlender Sprachkenntnisse oder in einer Anlernphase, kann nicht den vollen Lohn erwarten“, sagte er, sprach sich allerdings gegen eine generelle Aufweichung des Mindestlohns aus. Er wolle auf keinen Fall ein „Reserveheer“ schaffen, das „nach Belieben hier oder dort eingesetzt wird“, erklärte er.

Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) hatte sich bislang klar gegen eine Aufweichung des Mindestlohns für Flüchtlinge ausgesprochen. Wenn eine neue Billigkonkurrenz geschaffen werde, führe das auch zu Verunsicherung bei anderen Arbeitnehmern.

"Brauchen einfache Lösung für Flüchtlinge mit Bleibeperspektive"

Für die Arbeitgeber sei „die Integration der Flüchtlinge neben der Begrenzung der Flüchtlingsströme eine herausragende Aufgabe“, sagte BDA-Chef Göhner. Es gebe hierzulande „eine Menge regionaler Initiativen“ zur Integration. Aber die Kenntnisse über Zahl, Alter und Qualifikation der Flüchtlinge seien „sparsam“. „Wir müssen präziser erfahren, welche Voraussetzungen vorhanden sind“, sagte Göhner.

Nach der Sprachförderung seien dann in der Tat vor allem Praktika in Unternehmen hilfreich, um die Menschen für eine Ausbildung vorzubereiten. Das wird nach Einschätzung Göhners aber nur funktionieren, wenn den Praktikanten über die gesamte Praktikumsdauer nicht der Mindestlohn gezahlt werden müsse – heute sind solche Ausnahmen auf drei Monate beschränkt.

„Wir brauchen eine einfache Lösung für Flüchtlinge mit Bleibeperspektive“, sagte Göhner. „Generell wollen wir keine Ausnahmen vom Mindestlohn“, sagte Göhner weiter. Wichtig sei jedoch, dass die Flüchtlinge früher als bislang arbeiten dürften, etwa in Zeitarbeitsfirmen. Das ist bislang erst nach 15 Monaten gestattet – es sei denn, der Flüchtling kann in sogenannten Vorrangberufen beschäftigt werden, also da, wo es einen Fachkräftemangel gibt. „Wir sind der Meinung, dass die Vorrangprüfung wegfallen sollte“, sagte Göhner. „Für den geringen Anteil der Flüchtlinge, die integriert werden können, werden wir dann Arbeit haben“, sagte der Hauptgeschäftsführer der BDA.

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