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US-Präsident Biden und EU-Kommissionschefin von der Leyen am Freitag in Brüssel.

© Evelyn Hockstein/REUTERS

Folge des Krieges in der Ukraine: USA und EU besiegeln Partnerschaft für Flüssiggas

Die USA wollen der EU mit internationalen Partnern 2022 zusätzlich 15 Milliarden Kubikmeter Flüssiggas liefern. Das kündigt US-Präsident Biden in Brüssel an.

Die EU muss unabhängiger werden von Energielieferungen aus Russland. Diese Forderung wurde beim EU-Gipfel am Donnerstag und Freitag in Brüssel mantrahaft wiederholt. So sagte EU-Ratschef Charles Michel: „Wir brauchen Partner, um diesen Prozess zu beschleunigen.“ Einer dieser Partner war eigens nach Brüssel angereist – US-Präsident Joe Biden.

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Gemeinsam mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen verkündete Biden am Freitag, dass die USA in diesem Jahr mit internationalen Partnern 15 Milliarden Kubikmeter Flüssiggas (LNG) zusätzlich in die EU liefern werden. Langfristig kündigte Biden zudem ein Anwachsen der jährlichen Liefermenge aus den USA auf 50 Milliarden Kubikmeter bis 2030 an. Zum Vergleich: Über die Ostsee-Pipeline Nord Stream 1 fließen jährlich rund 60 Milliarden Kubikmeter Gas von Russland nach Deutschland.

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Von der Leyen betonte, dass es bei der Abkehr von russischen Energielieferungen nicht nur darum gehe, über den kommenden Winter zu kommen, sondern auch Alternativen für die nächsten Jahre sicherzustellen. Als Lieferanten kämen Länder in Frage, die verlässlich seien und denen die EU vertraue. Dazu zählt aus Sicht der EU auch das Emirat Katar. Noch vor Putins Überfall auf die Ukraine hatte EU-Ratschef Michel mit dem Emir von Katar, Tamim bin Hamad Al Thani, Kontakt aufgenommen.

Bedenken gegen Fracking erscheinen inzwischen zweitrangig

Die inzwischen für alle sichtbare Notwendigkeit, russische Energielieferungen zu ersetzen, scheint in der EU auch Bedenken gegen Flüssiggas-Lieferungen aus den USA beiseite gewischt zu haben. So hatte der SPD-Europaabgeordnete Jens Geier noch im Februar – vor Beginn des Krieges in der Ukraine – zu bedenken gegeben, dass Erdgas in den USA „unter extrem umweltschädlichen Bedingungen“ mit der Fracking-Methode gefördert wird.

Biden dürfte sich derartiger Bedenken in der EU bewusst sein. Deshalb stellte er bei seinem Auftritt in der belgischen Hauptstadt auch klar, dass die jüngste Energie-Initiative aus Brüssel und Washington ebenfalls darauf abziele, Europas Abhängigkeit vom Gas langfristig zu reduzieren und erneuerbare Energien auszubauen. Der US-Präsident kündigte die gemeinsame Produktion von grünem Wasserstoff an, um den Ausstoß von Treibhausgasen zu verringern.

Flüssiggas für Deutschland landet zunächst anderswo in der EU

Kurzfristig stellt sich aber die Frage, wie das zusätzlich aus den USA gelieferte Flüssiggas nach Deutschland kommen soll. Deutschland verfügt anders als andere EU-Staaten über kein eigenes Terminal für Flüssiggas, das aus Ländern wie den USA und Katar ankommt. LNG-Terminals stehen hingegen in Dünkirchen (Frankreich), Rotterdam (Niederlande) und Zeebrügge (Belgien). Über diese Häfen beziehen deutsche Energieversorger bislang das aus den USA gelieferte Flüssiggas.

Terminal in Brunsbüttel soll spätestens 2026 fertig sein

Vor knapp vier Wochen hatte Kanzler Olaf Scholz (SPD) den schnellen Bau von zwei LNG-Terminals in Brunsbüttel und Wilhelmshaven angekündigt. Anfang März unterzeichneten der Bund, der niederländische Gasnetzbetreiber Gasunie und der Konzern RWE eine entsprechende Vereinbarung für Brunsbüttel.

Am Hafen von Brunsbüttel soll das erste LNG-Terminal in Deutschland entstehen.
Am Hafen von Brunsbüttel soll das erste LNG-Terminal in Deutschland entstehen.

© Frank Molter/dpa

In der Vergangenheit waren die Planungen für das dortige Terminal nur schleppend vorangekommen. Das soll sich nun ändern, zumal der Bund mit rund 500 Millionen Euro beteiligt ist. Mit der Fertigstellung des ersten deutschen Flüssiggas-Terminals in Brunsbüttel wird spätestens im Jahr 2026 gerechnet.

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