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EU-Migrationskommissar Dimitris Avramopoulos am Mittwoch in Brüssel.

© dpa

Flüchtlings-Umverteilung in der EU: Blaue Briefe aus Brüssel

Die Brüsseler Kommission lässt bei der EU-weiten Umverteilung der Flüchtlinge nicht locker - aber faktisch tut sich kaum etwas.

Es ist eher ein Akt der Verzweiflung, den der EU-Migrationskommissar Dimitris Avramopoulos öffentlich macht. An alle 28 EU-Innenminister hat der Grieche geschrieben und dabei an die Ressortchefs appelliert, sich an den EU-Beschluss zur Umverteilung der in Hellas und Italien gestrandeten Flüchtlinge zu halten. Die Mitgliedstaaten seien „an die Umverteilung gebunden“, mahnt Avramopoulos am Mittwoch in Brüssel. Allerdings sprechen die Zahlen eine andere Sprache: Nach gegenwärtigem Stand haben gerade einmal 497 Flüchtlinge eine neue Heimat außerhalb von Griechenland und Italien gefunden. Auf EU-Ebene wurde hingegen die Umverteilung von 160 000 Flüchtlingen beschlossen. „Die Ergebnisse sind zu armselig“, sagt Avramopoulos.

Bis zum Gipfel sollen die griechischen "Hotspots" fertig sein

Ernüchternd ist auch die Zwischenbilanz, welche die Brüsseler Behörde beim Aufbau der Registrierungsstellen für Flüchtlinge in Griechenland und Italien („Hotspots“) zieht. Im Fall Griechenlands ist erst einer der insgesamt fünf geplanten „Hotspots“ einsatzbereit. Inzwischen setzt Griechenland Soldaten beim Aufbau der übrigen Registrierungszentren ein, die bis zum Brüsseler EU-Gipfel Ende kommender Woche fertig sein sollen. Im Fall Italiens, wo ebenfalls nur zwei der sechs geplanten Aufnahmezentren fertig sind, warnt die EU-Behörde vor einem bevorstehenden neuerlichen Anstieg der Flüchtlingszahlen.

In Hellas geben inzwischen 78 Prozent der Flüchtlinge ihre Fingerabdrücke ab

Zu den Schwachpunkten der „Hotspots“ zählen nach den Angaben der Kommission auch die unvollständige Sicherheitsüberprüfung der Flüchtlinge. Daher fordert Brüssel einen flächendeckenden Abgleich mit den Datenbanken der internationalen Polizeibehörde Interpol und des Schengen-Informationssystems (SIS). Gleichzeitig werden aber auch Fortschritte bei der Erfassung von Fingerabdrücken der Flüchtlinge verzeichnet: Während in Griechenland im vergangenen September nur acht Prozent der Migranten per Fingerabdruck registriert wurden, sind es inzwischen 78 Prozent der Flüchtlinge.

Derweil erhöht sich in der Flüchtlingskrise der Druck auf Griechenland nicht nur von Seiten der EU-Kommission, sondern auch durch Hellas’ 27 EU-Partner. Die EU-Botschafter einigten sich am Mittwoch nach Angaben von Diplomaten darauf, der Regierung in Athen noch drei Monate Zeit zu geben, um die EU-Außengrenze wieder ausreichend zu schützen. Gelingt dies nicht, droht Griechenland, faktisch aus dem Schengen-Raum ausgeschlossen zu werden.

In Griechenland wollen die Politiker allerdings die Vorwürfe aus Brüssel nicht auf sich sitzen lassen. So warf der Athener Migrationsminister Yanis Mouzalas seinerseits den EU-Partnern vor, schwer erfüllbare Ansprüche bei der Übernahme von Flüchtlingen aus Griechenland zu stellen: „Sie wollen keine Schwarzen, sie wollen keine vielköpfigen Familien.“

Brüssel verschärft Verfahren gegen Berlin

Obwohl Deutschland den Großteil der von Griechenland über die Balkanroute weiterziehenden Migranten aufnimmt, hat die Brüsseler Kommission auch Berlin ins Visier genommen. Deutschland gehört zu den Ländern, gegen die Brüssel bereits im vergangenen September ein Vertragsverletzungsverfahren zur Einhaltung des europäischen Asylrechts eingeleitet hatte.

Wie die Behörde am Mittwoch mitteilte, wird das Verfahren gegen Berlin und sechs weitere EU-Mitgliedstaaten verschärft. Im Fall Deutschlands erwartet die Kommission eine Antwort auf die Frage, was die Bundesregierung tut, um zwei Asylrichtlinien umzusetzen. Dabei geht es um Mindestnormen für Asylverfahren und bei der Aufnahme von Bewerbern.

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