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Weiterhin sind Tausende auf der Balkanroute unterwegs - wie diese Flüchtlinge, die im kroatischen Slavonski Brod auf ihre Registrierung warten.

© Antonio Bronic/Reuters

Flüchtlinge in Europa: Problemlösung zwischen Transitzonen und Grenzsicherung

Heute will die schwarz-rote Koalition eine Einigung in der Flüchtlingspolitik finden. Kommenden Dienstag wird EU-Vizekommissionschef Frans Timmermans mit der Türkei beraten.

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Auf 30 Flüchtlingen aus Syrien und dem Irak ruhten am Mittwoch die Hoffnungen von gleich mehreren europäischen Politikern. Die sechs Familien aus Syrien und dem Irak, die am Flughafen von Athen von Regierungschef Alexis Tsipras, EU-Migrationskommissar Dimitris Avramopoulos, EU-Parlamentspräsident Martin Schulz und Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn Richtung Luxemburg verabschiedet wurden, sind so etwas wie ein Symbol für die umstrittene Umverteilungspolitik der Europäischen Union.

160.000 Flüchtlinge, die in Griechenland und Italien gestrandet sind, sollen insgesamt in den kommenden zwei Jahren auf andere EU-Länder verteilt werden. Von diesem Ziel ist die EU noch weit entfernt. Bislang sind erst 116 Flüchtlinge in anderen Staaten gelandet – darunter eben jene sechs Familien, die sich am Mittwoch nach Luxemburg aufmachten.

Allerdings gilt die Umverteilung der Schutzsuchenden, die seit Mittwoch nun auch von Hellas aus angelaufen ist, nicht als Allheilmittel in der Flüchtlingskrise. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) setzt darauf, dass nach dem Wahlsieg der türkischen Regierungspartei AKP am vergangenen Wochenende neue Bewegung in die Gespräche mit Ankara kommt.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan, so lautet die Hoffnung in der EU, soll einen stärkeren Beitrag zur Sicherung der EU-Außengrenze leisten und zusätzliche Flüchtlingslager bauen. Im Gegenzug winken Erdogan EU-Hilfen in Milliardenhöhe. Nach den Angaben einer EU-Kommissionssprecherin soll EU-Vizekommissionschef Frans Timmermans am kommenden Dienstag im Bosporus-Staat mit der türkischen Führung über die Flüchtlingskrise sprechen.

Erneutes Spitzentreffen von Merkel, Seehofer und Gabriel

In Deutschland richten sich die politischen Hoffnungen derweil auf das Spitzentreffen zwischen Merkel, CSU-Chef Horst Seehofer und dem SPD-Vorsitzenden Sigmar Gabriel, bei dem an diesem Donnerstag der Streit um die Transitzonen gelöst werden soll. Zuvor hatten sowohl Union als auch die SPD deutlich gemacht, dass sie eine Einigung wollen. Am Mittwochabend wollten Justizminister Heiko Maas und Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz (beide SPD) mit Kanzleramtschef Peter Altmaier und Innenminister Thomas de Maizière (beide CDU) einen Kompromiss ausloten. Auch die Teilnahme des niedersächsischen Innenministers Boris Pistorius (SPD) und seines bayerischen Amtskollegen Joachim Herrmann (CSU) war geplant.

EU-Vizekommissionschef Frans Timmermans.
EU-Vizekommissionschef Frans Timmermans.

© dpa

SPD-Parteichef Sigmar Gabriel hatte am Dienstag in der Sitzung der Bundestagsfraktion erklärt, seine Partei verschließe sich einem Kompromiss nicht. „Wir machen aber keine Symbolpolitik mit, nur damit Horsti wieder lieb ist“, sagte er nach Teilnehmerangaben in Anspielung auf den CSU-Chef und den Streit der Schwesterparteien CSU und CDU um eine Schließung der Grenze. Dies hatte Seehofer ursprünglich von Kanzlerin Angela Merkel verlangt, sich dann aber am Sonntag mit ihr auf ein gemeinsames Papier geeinigt.

Im Hinblick auf die darin von der Union geforderten Transitzonen, die die SPD ablehnt, sagte Gabriel demnach: „Wir sollten von Merkel lernen: cool bleiben. Wenn wir jetzt nachgeben, haben wir ein Problem mit unseren eigenen Leuten.“ Sowohl Union als auch SPD wollen Flüchtlinge durch eine Koppelung von Leistungen an die Registrierung dazu bewegen, die Zentren aufzusuchen. Den umstrittenen Begriff „Transitzone“, auf den die SPD allergisch reagiert, hatte Seehofer zuletzt gemieden. Anders als die SPD fordert die CSU, die Zentren grenznah einzurichten.

DGB-Vorstand mahnt Einigung an

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) mahnte derweil eine Einigung im Koalitionsstreit an. „Es sollte nicht darum gehen, welcher Koalitionspartner sich mehr Federn an den Hut stecken kann“, sagte DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach dem Tagesspiegel. „Wir brauchen eine möglichst frühzeitige Registrierung von Flüchtlingen, sowohl an den Grenzen als auch im Inland“, sagte sie weiter. Allerdings dürften an der Grenze „keine exterritorialen Gebiete geschaffen werden“, so Buntenbach. Dies sei „weder praktikabel noch menschenrechtlich akzeptabel“.

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