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Ein Sanitäter hält ein Kind, nachdem dieses von Bord eines Schiffes der italienischen Küstenwache ging.

© dpa/ANSA/Francesco Ruta

Update

Flucht über das Mittelmeer: Italien lässt gerettete Flüchtlinge nun doch an Land

Mehrere europäische Staaten teilen sich die Aufnahme von 450 Migranten, die von einem Boot gerettet wurden. Die ersten sind nun nach Sizilien gebracht worden.

Die Flüchtlinge, die auf zwei Rettungsschiffen vor Italien ausgeharrt hatten, sind nun in Sizilien an Land gegangen. Am frühen Montagmorgen hätten auch die letzten der insgesamt 450 Migranten die Schiffe verlassen, teilte das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) auf Twitter mit. Nach Zusagen von Deutschland und anderen EU-Staaten, jeweils 50 Bootsflüchtlinge von den Schiffen aufzunehmen, beendete die Regierung in Rom die mehrtägige Blockade der Migranten im Mittelmeer.

„Heute können wir zum ersten Mal sagen, dass (die Migranten) in Europa angekommen sind“, erklärte der Regierungspalast nach Angaben der Zeitung „La Repubblica“. Demzufolge wurde nach den Zusagen von Deutschland, Frankreich, Malta, Spanien und Portugal am Montag erwartet, dass auch Belgien mit einem entsprechenden Angebot nachziehen würde. Auf die Anfrage, ob die übrigen Flüchtlinge in Italien bleiben sollten, antwortete der Regierungspalast zunächst nicht. Wann die Migranten in die anderen Länder kommen sollten, war ebenso unklar.

Italien hatte das Holzboot zunächst nicht anlegen lassen

Die 450 Menschen waren am Freitag mit einem Holzboot auf dem Mittelmeer unterwegs und wurden dann auf zwei Militärschiffe gebracht. Zunächst wollte die italienische Regierung sie nicht anlegen lassen, weil das Land darauf pocht, dass sich auch andere EU-Länder an der Aufnahme von Flüchtlingen beteiligen.

Nach acht Frauen und Kindern, die aufgrund ihres Gesundheitszustands bereits am Samstag nach Lampedusa gebracht wurden, konnten am Sonntag zunächst weitere Frauen und Kinder und nach Mitternacht schließlich die übrigen Menschen in der Hafenstadt Pozzallo von Bord gehen. Der dortige Hotspot sei voll, berichtete die Nachrichtenagentur Ansa. Die meisten Menschen seien für eine Weiterreise aber noch zu schwach.

Kritik an dem Vorgehen der italienischen Regierung kam vom UNHCR, das mehrfach die umgehende Anlandung der Flüchtlinge forderte. „Ich würde sagen, dass wir Europa mit Taten und nachhaltigen Vorschlägen aufgeweckt haben“, sagte hingegen Außenminister Enzo Moavero Milanesi der Zeitung „Libero“ (Montag). „Wir haben die EU-Partner aufgefordert, tätig zu werden. Nun gibt es ein Resultat: Die Verantwortung für Migranten, die auf dem Seeweg kommen, wird noch vor ihrem Ankommen auf die verschiedenen Staaten aufgeteilt.“

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Milanesi hatte unter anderem mit Premierminister Giuseppe Conte und Innenminister Matteo Salvini das Vorgehen beraten. Schließlich verfasste die Regierung einen Brief an EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und Ratspräsident Donald Tusk. Conte richtete außerdem einen Appell an die EU-Staats- und Regierungschefs.

Hilfsorganisationen wurde zuletzt vermehrt die Einfahrt in italienische Häfen verwehrt

In den vergangenen Wochen hatte die italienische Regierung aus populistischer Fünf-Sterne-Bewegung und rechter Lega mehrfach Schiffe mit geretteten Migranten auf dem Meer blockiert. Hilfsorganisationen wurde die Einfahrt in italienische Häfen verwehrt.

Auch das Rettungsschiff „Lifeline“ der in Dresden ansässigen Hilfsorganisation Mission Lifeline war kürzlich fast eine Woche auf dem Meer blockiert, nachdem sie rund 230 Migranten vor Libyen gerettet hatte. Der Kapitän Claus-Peter Reisch erhob am Montag schwere Vorwürfe gegen die Europäische Union und die Regierungen ihrer Mitgliedsländer. „Es ist beschämend, dass die EU mehr dafür tut, Seenotrettung zu verhindern, als gegen das Sterben im Mittelmeer“, erklärte der 57-Jährige in einer Mitteilung. Mindestens 277 Menschen seien ertrunken, seit die Rettungsschiffe auf Malta festgesetzt sind.

Reisch steht in Malta vor Gericht. Ihm wird vorgeworfen, das Schiff ohne ordnungsgemäße Registrierung in maltesische Gewässer gesteuert zu haben. Gegen Kaution darf er Malta bis zum nächsten Gerichtstermin verlassen und wurde am Montag in München erwartet. (dpa)

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