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Wolfgang Schäuble beim Festakt in der Staatsoper.

© Michael Kappeler/AFP

Update

Festakt zum Tag der Deutschen Einheit: Wolfgang Schäuble wirbt für einen modernen Patriotismus

Selbstvertrauen, Gelassenheit und Zuversicht sollten das Fundament der Gesellschaft bilden, sagt der Bundestagspräsident. Niemand vertrete "das Volk" allein.

Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) hat am Tag der Deutschen Einheit vor Populisten gewarnt, die Minderheiten und Volksvertreter zum Feindbild machen. Bei einem Festakt zum 3. Oktober sagte Schäuble am Mittwoch in Berlin: „Auch in Deutschland begegnet uns die populistische Anmaßung, wieder das „Volk“ in Stellung zu bringen, gegen politische Gegner, gegen vermeintliche und tatsächliche Minderheiten, gegen die vom Volk Gewählten.“ Niemand habe aber das Recht zu behaupten, er allein vertrete „das Volk“. Denn der Souverän sei eben keine Einheit, sondern eine „Vielheit widerstreitender Kräfte“.

„Vielfalt“ sei dabei nicht nur ein Wort, um die gesellschaftliche Realität zu benennen, betonte Schäuble. Sie sei auch ein Wert an sich. Der Bundestagspräsident erklärte, obwohl es Deutschland zur Zeit gut gehe, dominiere der Pessimismus. Der ökonomische Erfolg verleihe offensichtlich kein Selbstbewusstsein, sondern schüre vielmehr Abstiegsängste. Schäuble warb für mehr Mut und Vertrauen in das Handlungsvermögen der Gesellschaft. „Selbstvertrauen, Gelassenheit, Zuversicht“ bildeten den „Dreiklang eines zeitgemäßen Patriotismus“.

Hilfe für Flüchtlinge und andere Migranten sei wichtig und richtig, aber nicht unbegrenzt möglich, erklärte Schäuble. Deshalb müsse man lernen, mit dem Nicht-Perfekten zu leben. Er warnte: „Wer das Perfekte anstrebt, endet in der Diktatur.“

„Wir müssen sensibel bleiben gegenüber jedem Versuch, sich aus der historischen Verantwortung zu ziehen. Oder die freiheitliche Demokratie in Frage zu stellen“, sagte der Bundestagspräsident, der 1990 als Bundesinnenminister den Einheitsvertrag ausgehandelt hatte. „Die freiheitliche Demokratie ist fragil und anspruchsvoll, aber auf ihr gründet der Erfolg unseres Landes, um den uns in der Welt viele beneiden.“

Michael Müller: Offen und laut für Grundwerte einstehen

Auch der Bundesratspräsident, Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD), wandte sich dem Umgang mit Rechtspopulisten und Rechtsextremen zu. „Wir dürfen nicht zulassen, dass die Minderheit einer neuen Rechten die Deutungshoheit über das Erreichte an sich reißt und dabei die Grundwerte unserer Gesellschaft missachtet“, sagte er. „Dem müssen wir Einhalt gebieten“. Es sei Zeit, offen und laut für Grundwerte einzustehen, wie sie im Grundgesetz niedergeschrieben sind. Diese seien Demokratie, Freiheit, Rechtsstaatlichkeit und Solidarität.

Nach den Worten von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ist die Einheit der Deutschen in Ost und West noch lange nicht vollendet. Sie sei vielmehr „ein Prozess“ und ein „langer Weg.“ Wichtig sei, „einander zuzuhören, aufeinander zuzugehen, nicht nachzulassen“, betonte die Kanzlerin. Dies gelte nicht nur für Politiker, sondern für alle Bürger. Merkel stellte fest: „Die Deutsche Einheit ist nicht beendet“, sondern fordere die Menschen bis heute immer wieder heraus. (Tsp, dpa, AFP)

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