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Beim Filmgespräch in Potsdam: Sänger Jan "Monchi" Gorkow (von links) und die Regisseure Sebastian Schultz und Charly Hübner.

© Manfred Thomas

Feine Sahne Fischfilet: Filmvorführung von "Wildes Herz" vor Schülern aus Sicherheitsgründen abgesagt

Nach massiven Drohungen gegen ein Kino kippt Schleswig-Holsteins Bildungsministerium die Veranstaltung und sucht nun nach einem sichereren Ort.

Nach massiven Drohungen gegen ein Kino im schleswig-holsteinischen Bad Schwartau ist die dort Ende November geplante Vorführung des Dokumentarfilms „Wildes Herz“ über die Band „Feine Sahne Fischfilet“ abgesagt worden. Das bestätigte das Bildungsministerium in Kiel am Donnerstag. Der Film sollte im Rahmen der Schulkino-Wochen des Landes gezeigt und diskutiert werden. In dem Drohbrief, aus dem die „tageszeitung“ zitiert, kündigen die „Enkel von Adolf Hitler“ an, die Lehrer, die „Volksverräter“, zu erschießen sowie das Kino in die Luft zu jagen. Nach Gesprächen mit der Polizei habe das Kino die Veranstaltung aus Sicherheitsgründen abgesagt, heißt es aus dem Ministerium.

Dort werde nun geprüft, wie eine „sichere Vorführung des Films in der Region mit anschließender Diskussion“ organisiert werden kann. „Die Freiheit der Kunst ist Gradmesser einer demokratischen Gesellschaft“, sagte Kulturministerin Karin Prien. Die Christdemokratin nannte es „nicht hinnehmbar“, dass eine pluralistische Gesellschaft vor extremistischen Drohungen „in die Knie geht“ und „sich in ihren Freiheiten beschneiden lässt“.

AfD-Abgeordnete nennt Vorführung einen "Skandal"

Schon vor der gewalttätigen Drohung hatte die geplante Vorführung Aufregung verursacht. Unter der Überschrift „Skandal“ kritisierte die AfD-Landtagsabgeordnete und Sprecherin ihrer Partei im Land, Doris von Sayn-Wittgenstein, Anfang November auf Facebook, dass Neuntklässler den „umstrittenen Dokumentarfilm“ dargeboten bekämen, „ein Machwerk, das aufgrund der Verherrlichung der linksradikalen Punkband ,Feine Sahne Fischfilet’ bereits Schlagzeilen machte und in der Kritik stand“. Dies sei ein „Unding“. Nach der Absage der Vorführung ließ die AfD-Fraktion am Donnerstag mitteilen, sie „verurteile jede Form von Gewalt und Gewaltandrohung“.

Der Film hat mehrere Preise erhalten

Der Film in der Regie der Schauspieler Charly Hübner und Sebastian Schultz dokumentiert die Geschichte der Punkband aus Mecklenburg-Vorpommern und kam im April in die Kinos. Er hat mehrere Preise erhalten, unter anderem wurde er beim Leipziger Dokumentarfilmfest ausgezeichnet und mit dem Prädikat „besonders wertvoll“ versehen. Kritiker der Band reiben sich zum einen an deren linker Haltung, die der Band von 2011 bis 2014 eine Erwähnung im Verfassungsschutzbericht von Mecklenburg-Vorpommern einbrachte. Seither wird sie dort nicht mehr aufgelistet. Zum anderen stehen einzelne Texte der Band im Fokus, in denen sie zu Gewalt gegen Polizisten aufrufen. Den Song „Staatsgewalt“, der aus dem Jahr 2009 stammt, spielt die Band mittlerweile nicht mehr. „Er ist uns schlicht zu platt“, sagte Sänger Jan „Monchi“ Gorkow dem Tagesspiegel und stellt fest: „Das ist eine verrückte Zeit, in der Menschen als Linksextremisten bezeichnet werden, die sich gegen rechts engagieren.“ Im Film „Wildes Herz“ nimmt dieses Engagement breiten Raum ein – zum Beispiel im Wahlkampf vor den Landtagswahlen im September 2016. Dabei erreichte die AfD aus dem Stand 21,1 Prozent.

Erst vor wenigen Wochen hatte die Konzertabsage der Stiftung Bauhaus Dessau zu heftigen Debatten geführt. Ursprünglich sollte „Feine Sahne Fischfilet“ dort auftreten. Mit der Begründung, Neonazis keine Plattform bieten zu wollen, wurde der Auftritt vom Bauhaus abgesagt.

Neutralitätsgebot schließt Diskussionen nicht aus

Wann die Schüler den Film „Wildes Herz“ nun sehen können, ist noch unklar, die Kulturministerin möchte jedenfalls dabei sein. Auch wenn sie kein Fan des Films oder der Band sei – „es geht um die Kunstfreiheit, und dafür muss man den Film nicht lieben“. Das für Schulen geltende Neutralitätsgebot schließe offene Diskussionen nicht aus. Natürlich, so heißt es aus ihrem Haus, dürfe in der Schule kontrovers diskutiert werden. Das gehöre zum Prozess der Meinungsbildung.

Am Montag hat Doris von Sayn-Wittgenstein auf ihrem Facebook-Account einen Beitrag geteilt, in dem die Zahl „linksextremistischer Botschaften“ im ARD-„Polizeiruf110“ vom vergangenen Sonntag kritisiert wird. Der Krimi kam aus Rostock. Einen der Kommissare spielt Charly Hübner.

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