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Ein Mann fasst sich an den Kopf, aber das hilft jetzt auch nicht mehr: Thomas Kemmerich hat sich um die Unterstützung aus der Parteispitze gebracht.

© Martin Schutt/dpa-Zentralbild/dpa

FDP-Präsidium geht auf Distanz zu Kemmerich: Lindner und Co reagieren zu spät und zu zögerlich

Keine Unterstützung im kommenden Wahlkampf für Thomas Kemmerich, den gefallenen Star der FDP. So weit, so gut. Aber bestenfalls ein Anfang. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Hat die FDP verstanden? Genauer: die FDP-Führung? Da wird jetzt also dem gewesenen Kurzzeit-Ministerpräsidenten von Thüringen, Thomas Kemmerich, der sich mit den Stimmen der (gemäßigt ausgedrückt) rechtspopulistischen AfD hatte wählen lassen, jegliche Unterstützung für den kommenden Wahlkampf entzogen. Klingt gut, klingt richtig.

Richtig gut wäre allerdings gewesen, wenn die Freidemokraten geschrieben hätten, die Unterstützung jedweder Art werde Kemmerich versagt. Denn genau das Wort Versagen schwebt über diesem Präsidiumsbeschluss. Weil das zurückliegende Desaster noch so gegenwärtig ist; gegenwärtig wie Kemmerich in der FDP.

Ja, der erschien mal als „cooler Typ“, wie FDP-Bundesvorstandsmitglied Marie-Agnes Strack-Zimmermann auf Twitter schreibt. Kemmerich kam locker und unkonventionell daher. Nur vielleicht hätte man diese Lockerheit nicht als politischen Verstand ansehen sollen. Oder als Wissen um notwendige, um unverrückbare politische Konventionen in Deutschland.

Jedenfalls: Als die Gelegenheit sich bot, griff Kemmerich zu, griff er nach der Macht, die Verlockung war zu groß. Dabei hätte es sich wie von selbst verboten, mit denen gemeinsame Sache zu machen, die keine Alternative sein dürfen, mit den Höckes dieser Republik. An alle die, die jetzt verteidigend betonen, „die Wahl war rechtlich einwandfrei“: Nicht alles, was legal ist, ist auch legitim. Demokratie ist außerdem, auch zu wissen, wann man verzichten muss.

Aber: Es ist darüber hinaus Tatsache, dass sich Christian Lindner und Co. erst nach massiver öffentlicher Reaktion – einem „Blowback“, wie es so anschaulich im Netz heißt – von Kemmerich distanziert haben. Vor dem Hintergrund hätte das, was vom Präsidium jetzt beschlossen worden ist und eine neuerliche Spitzenkandidatur des Herrn K. verhindern soll, besser mal direkt nach der Wahl im Februar stattgefunden.

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Einige waren da allerdings noch anders unterwegs. Ob sich der Vizevorsitzende Wolfgang Kubicki heute ein bisschen darüber grämt? Später erst hat sich die Einstellung zu dem, was als unverzeihlich in die Demokratiegeschichte eingegangen ist, neu sortiert. Immerhin.

Bis heute sieht Kemmerich keinen Fehler in der Annahme der Wahl, sondern im Umgang damit, auch dem der anderen. Da wird die liberale Partei mehr tun müssen für einen guten Ruf. „Es wird Zeit, dass du jetzt die Ausfahrt nimmst. Tschüss“, schreibt Strack-Zimmermann Kemmerich. Ob die FDP-Spitze den Hinweis verstanden hat?

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