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Christian Lindner, Vorsitzender der FDP, stellt bei einer Pressekonferenz in der Parteizentrale die FDP-Kampagne zur Bundestagswahl vor.

© Bernd von Jutrczenka/dpa

FDP-Kampagne für die Bundestagswahl: Warum die Liberalen ihre „One Man Show“ wiederbeleben

„Wie es ist, darf es nicht bleiben“, lautet ein Wahlspruch der Freien Demokraten. Für ihren Chef Christian Lindner machen sie aber eine Ausnahme.

Eigentlich sollte damit endgültig Schluss sein. Die FDP als „One Man Show“ mit Parteichef Christian Lindner als Hauptdarsteller – davon wollten sich die Liberalen eigentlich verabschieden. Sie wollten sich personell „verbreitern“, als „starkes Team“ präsentieren, keine reine Lindner-Truppe mehr sein. In ihrer Kampagne für die Bundestagswahl machen sie nun allerdings eine Ausnahme.

So zeigen die Plakate für den Wahlkampf, die die Liberalen am Dienstag in Berlin der Öffentlichkeit präsentierten, vor allem einen: Lindner. Mal ist der 42-Jährige mit konzentriertem Blick nachts am Schreibtisch zu sehen, mal draußen im Freien, wie er in die Ferne schaut. Auf einem Foto hockt er auf dem Acker einer Baumschule, die rechte Hand in der trockenen Erde. Lindner der Unermüdliche, der Visionär, der Anpacker. „Christian Lindner hat eine sehr starke Reichweite“, erklärt FDP-Generalsekretär Volker Wissing die Fokussierung auf den Parteichef. „Er steht an der Spitze dieser Freiheitsbewegung.“

Dass die „One Man Show“ knapp drei Monate vor der Wahl wiederbelebt wird, ist ein gewisser Widerspruch zu den bisherigen Plänen der FDP. Lindner selbst hatte in der Vergangenheit intern wie öffentlich immer wieder klargemacht, dass er nicht mehr das alleinige Zugpferd sein wolle. Doch viele andere Promis haben die Liberalen nicht.

Eine Brücke zwischen den Lagern

Inhaltlich und strategisch stehen die Freidemokraten ebenfalls vor einigen Herausforderungen. Zwar sind ihre Umfragewerte so gut wie lange nicht. Zwischen zehn und 13 Prozent erreichen sie aktuell. „Die FDP präsentiert sich als eine gereifte, gestärkte Partei“, sagt Wissing.

Doch um aus dem Umfragehoch auch einen Wahlsieg zu machen, werden die Liberalen die neuen Anhängerinnen und Anhänger bis September bei der Stange halten müssen.

Das ist in Zeiten schneller Wählerwechsel nicht leicht. Deshalb versuchen die Liberalen, mit ihrer Kampagne eine Brücke zu schlagen – zwischen den politischen Lagern und Milieus, zwischen eher Konservativen und Progressiven, zwischen Jungen und Alten.

So präsentieren sich die Freidemokraten als entschlossene Reformer, die dem Land einen „Modernisierungsschub“ verpassen wollen. „Wie es ist, darf es nicht bleiben“, lautet ein Wahlslogan. Lindner will das Land „moderner, digitaler und freier“ machen. „Es ist Zeit für einen neuen Aufbruch“, sagt er.

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Zugleich setzen die Liberalen stark auf die Rückbesinnung zu alten Werten – vor allem in der Wirtschaftspolitik. Lindner will „zurück zum Erfindergeist der sozialen Marktwirtschaft“. Mehr Wettbewerb, weniger Staat.

Die FDP verfolgt damit eine Doppelstrategie. Sie will einerseits enttäuschte CDU-Wähler mit Wirtschaftsthemen locken. Andererseits wollen die Liberalen ehemalige SPD-Wähler ansprechen, etwa Facharbeiter, und ihnen ein „neues Aufstiegsversprechen“ machen.

FDP-Wahlprogramm: liberale Klassiker und neue Ideen

Das spiegelt sich auch im FDP-Wahlprogramm wider. Zentral darin sind liberale Klassiker wie „Entlastung und faire Steuern“ – zum Beispiel die vollständige Abschaffung des Solidaritätszuschlags oder eine „Abgabenquote unter 40 Prozent“. Die FDP nimmt aber auch Sozialthemen in den Blick. Für Bezieherinnen und Bezieher von Sozialhilfe soll es mehr Möglichkeiten zum Zuverdienst geben, eine „Basis-Rente“ soll „Altersarmut gezielt bekämpfen“.

Zur programmatischen „Breite“ gehören auch gesellschaftspolitische Akzente: die Rechte von Homosexuellen oder ein offenes Einwanderungsrecht. Neu ist auch die Idee des „liberalen Feminismus“ – die „Selbstbestimmung aller Individuen frei von gesellschaftlichen Rollenzuschreibungen aufgrund ihres gewählten oder biologischen Geschlechts“. Damit will die FDP einer ihrer stärksten Wählergruppen halten: die unter 30-Jährigen. Bei der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt am Monatsanfang hatte die FDP in dieser Gruppe zuletzt einen Zuwachs von 200 Prozent verbuchen können.

Manche Liberale, vor allem ältere, fürchten allerdings, ihre Partei biedere sich mit solchen Themen zu sehr dem „Zeitgeist“ an. Wer zu sehr nach Grünen oder SPD klinge – kurz: nach „Ampel“ –, der laufe Gefahr, die eigene Klientel zu vergraulen und etwaige Wechselwähler von der CDU zu verschrecken.

Lindner hat deshalb schon vor Wochen vorsichtshalber eine rote Linie gezogen. Steuererhöhungen, wie sie SPD und Grüne fordern, werde es mit der FDP nicht geben. Dass die Liberalen am liebsten mit der Union regieren würden, ist kein Geheimnis.

Doch darauf festlegen will sich die FDP nicht. Koalitionsdebatten seien zwar interessant, sagt Wissing. „Aber sie stehen jetzt nicht im Vordergrund.“

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