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Getrennte Wege: Donald Trump (links) und der bisherige FBI-Chef James Comey.

© Reuters/Jim Lo ScalzoGary Cameron

FBI-Chef: Comey-Entlassung bestärkt Trumps Kritiker

Der US-Präsident jagt seinen FBI-Chef regelrecht vom Hof. Politiker und Medien spekulieren über einen möglichen Vertuschungsversuch. Einige sehen bereits Parallelen zum Watergate-Präsidenten Richard Nixon.

Es war nicht nur eine Entlassung, es war eine öffentliche Demütigung: James Comey, als FBI-Chef einer der mächtigsten Männer Amerikas, wurde am Dienstag von Präsident Donald Trump regelrecht vom Hof gejagt.

Comey erfuhr bei einer Rede in Los Angeles, dass Trump ihn gefeuert hatte - in dem Saal, in dem er sprach, erschien die Nachricht des Tages auf den Fernsehbildschirmen. Comey, 56, war bis zu diesem Zeitpunkt der Kopf einer Behörde, die Bundespolizei und Inlandsgeheimdienst zugleich ist und die wegen mutmaßlicher Kontakte des Trump-Wahlkampfes zu Russland ermittelt. Und da liegt vielleicht der Grund dafür, dass Trump den FBI-Chef loswerden wollte: Einige sehen bereits Parallelen zwischen Trump und dem Watergate-Präsidenten Richard Nixon.

„Hiermit sind Sie mit sofortiger Gültigkeit entlassen und des Amtes enthoben“, schrieb Trump in einem Brief an Comey, der den Geschassten erst erreichte, nachdem das ganze Land längst von seiner Kündigung wusste. Offiziell begründet die Regierung den Rausschmiss mit Comeys Verhalten bei Nachforschungen wegen der Nutzung eines privaten E-Mail-Servers durch die frühere Außenministerin und Trump-Rivalin Hillary Clinton. Erst vor wenigen Tagen hatte Trump dem FBI-Chef vorgeworfen, Cinton mit dem Verzicht auf strafrechtliche Ermittlungen einen Freibrief ausgestellt zu haben.

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Tatsächlich war der Republikaner Comey, der 2013 von dem demokratischen Präsidenten Barack Obama berufen wurde, heftig umstritten. Vorige Woche hatte er vor dem Kongress ausgesagt, eine Clinton-Mitarbeiterin habe hunderte, wenn nicht tausende E-Mails an den Laptop ihres Mannes geschickt. Wenig später stellte sich heraus, dass es nur um eine Handvoll von Mails ging.

Doch dass Comey mitten in den Russland-Ermittlungen vor die Tür gesetzt wurde, schockte selbst Parteifreunde des Präsidenten zutiefst. Richard Burr, der Vorsitzende des Geheimdienstausschusses im Senat, zeigte sich „besorgt“. Die Aufklärung der angeblichen Russland-Connection von Trumps Wahlkampfteam werde jetzt noch schwieriger. Comey und andere Geheimdienstler in den USA sind überzeugt, dass Russland im vergangenen Jahr versuchte, Trumps Wahlkampf zu helfen, indem E-Mails aus Clintons Lager abgefangen und veröffentlicht wurden. Ob der neue FBI-Chef, der jetzt gesucht wird, die Russland-Akte mit genau so viel Verve angeht wie Comey, ist offen.

Der Präsident wird die Mauschel-Vorwürfe nicht los

Trump weist alle Vorwürfe einer Mauschelei mit Moskau zurück, doch er wird das Thema bisher nicht los. Das wird sich auch nach Comeys Abschied nicht ändern: Im Kongress wird der Ruf nach Einsetzung eines unabhängigen Sonderermittlers lauter. Senator John McCain, der prominenteste Trump-Gegner bei den Republikanern, sprach von einer neuen „Dringlichkeit“ bei der Berufung eines Ermittlers. Die oppositionellen Demokraten erneuerten ihre Forderung nach einem Sonderfahnder ebenfalls.

Es ist nicht das erste Mal, dass ein US-Präsident mit einer überraschenden Entlassung von Strafverfolgern den Eindruck erweckt, Dinge vertuschen zu wollen. Die „New York Times“ erinnerte an eine Episode aus dem Jahr 1973, die unter der Bezeichnung „Samstagabend-Massaker“ in die Geschichte einging. Damals feuerte der wegen der Watergate-Affäre in Bedrängnis geratene Präsident Nixon kurzerhand den Watergate-Sonderermittler Archibald Cox. Der damalige Justizminister Elliot Richardson und sein Stellvertreter William Ruckelshaus verloren ihre Posten, weil sie sich geweigert hatten, Cox zu entlassen.

Nixon wollte verhindern, dass seine eigene Verwicklung in die Affäre um den Einbruch im Wahlkampf-Hauptquartier der Demokraten im Watergate-Hotel bekannt wurde. Am Ende musste der Präsident zurücktreten, um einer Amstenthebung zuvorzukommen.

Flynn wurde Berater, obwohl er als Lügner bekannt war

So weit ist es bei Trump noch nicht, doch die überraschende Enthauptung des FBI während der Russland-Ermittlungen lässt das Misstrauen gegen seine Regierung weiter wachsen. Das Weiße Haus ist bereits in der Defensive, weil Trumps erster Sicherheitsberater Michael Flynn laut neuen Erkenntnissen auf den hohen Posten berufen wurde, obwohl er bei der Regierung als Lügner bekannt war. Flynn wurde im Februar erst entlassen, als seine Lügen – ebenfalls im Zusammenhang mit Russland – an die Öffentlichkeit kamen. Zudem ließ Trump einen New Yorker Staatsanwalt feuern, der unter anderem für das Trump’sche Familienunternehmen in Manhattan zuständig war.

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Comeys Rauswurf bestärkt viele Beobachter nun in der Ansicht, dass es ihrem neuen Präsidenten vor allem um sich selbst geht, und nicht um das Land. Der Kommentator Van Jones sagte im Sender CNN, die Umstände von Comeys Entlassung hinterließen den Eindruck, dass sich die Vereinigten Staaten vom Rechtsstaat entfernten und immer mehr einer „Herrschaft einer kleinen Clique“ ähnelten. Der politische Autor Jon Meacham warnte auf Twitter, die Gewaltenteilung sei in Gefahr. Der rechtskonservative Ex-Abgeordnete Joe Walsh, der Trump sonst häufig beklatscht, fühlt sich an das Verhalten eines „Diktators in der Dritten Welt“ erinnert.

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In den Stunden nach der Entlassung breiteten sich diese Sorgen weiter aus – auch weil es die Regierung offenbar sehr eilig hat, die Russland-Ermittlungen zu beerdigen. Es sei an der Zeit, die Angelegenheit auf sich beruhen zu lassen, sagte die stellvertretende Präsidialamtssprecherin Sarah Huckabee Sanders im Trump-nahen Sender Fox News. „Es wird allmählich absurd – da ist doch nichts“, sagte sie. Seit Dienstag sind viele Amerikaner aber erst recht vom Gegenteil überzeugt.

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