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Fasching: Gedenken mit Narrenkappe

Trotz harscher Kritik wird der Münchner Fasching steigen. Wegen eines Holocaust-Gedenktages werden die Narren eine andere Umzugsroute einschlagen und fern der Gedenkstätte feiern.

Von Matthias Schlegel

Berlin - Der für kommenden Sonntag geplante Faschingsumzug durch die Münchner Innenstadt droht zu einem Politikum zu werden. Nachdem die Präsidentin des Zentralrats der Juden, Charlotte Knobloch, am Wochenende bereits erklärt hatte, durch Faschingsumzüge am Holocaust-Gedenktag würden „die Opfer entehrt und düpiert“, legten die Vizepräsidenten Salomon Korn und Dieter Graumann am Dienstag mit ihrer Kritik nach.

Der vom Zentralrat indirekt angegriffene Münchner Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) sieht allerdings keine Möglichkeiten, in die Planung für den Faschingsumzug einzugreifen. „Der Gedenktag am 27. Januar ist kein Feiertag und genießt auch sonst keinerlei gesetzlichen Schutz. Die Behörden verfügen deshalb auch über keine rechtliche Handhabe, Vergnügungsveranstaltungen an diesem Tag zu unterbinden“, sagte Ude dem Tagesspiegel. Der Veranstalter habe sich nach Beginn „der erst sehr spät einsetzenden Kritik“ nicht mehr in der Lage gesehen, den Umzug mit ausländischer Beteiligung noch zu verlegen. Der Veranstalter habe aber angekündigt, „künftig eine Terminüberschneidung vermeiden zu wollen“. Der OB wies darauf hin, dass der Platz der Opfer des Nationalsozialismus in München von dem Umzug unberührt bleibe. Dort fänden auch „keine Gedenkfeiern statt, weil sie in früheren Jahren leider keinerlei Resonanz in den Medien und der Öffentlichkeit gefunden haben“, sagte der SPD-Politiker.

Keine rechtliche Handhabe, den Umzug zu unterbinden

Tatsächlich war die Route des Faschingszuges kurzfristig verändert worden, nachdem die Regensburger Jüdische Gemeinde den dortigen Umzug kritisiert hatte und dies auch in die Münchener Stadtratssitzung gedrungen war. Während die Regensburger aber ihre Veranstaltung um eine Woche verschoben, entschloss sich der Veranstalter in München, der Verein „Die Damischen Ritter“, nur zu einer Korrektur der Route – fern der Holocaust-Gedenkstätte. Eine Verschiebung des Umzugs in München ist aus Sicht von Peter O. Bosse, Vorstandschef des Vereins, nun nicht mehr möglich. 1000 Leute werden an dem Umzug teilnehmen, darunter Delegationen aus Bolivien, der Schweiz und Slowenien, 30.000 Zuschauer werden erwartet.

Bosse ist „konsterniert“ über die späte Kritik. Der Termin sei im Mai 2007 angekündigt worden, und niemand habe daran Anstoß genommen, sagte er dem Tagesspiegel. Auch Charlotte Knobloch nicht, die nach Bosses Worten engen Kontakt zum Münchner Rathaus pflege. Dessen Amtschef Ude sei nicht nur Schirmherr des Umzugs, sondern werde auch teilnehmen. Gleichwohl räumte Bosse ein, dass die Kollision der Daten unglücklich sei. Bei der Terminplanung sei niemandem bewusst gewesen, dass es sich um den Holocaust-Gedenktag handelte. „Hätte ich damals gewusst, um welch brisantes Datum es geht, hätten wir mit Sicherheit einen anderen Termin gewählt“, sagte Bosse. Der 27. Januar, jener Tag, an dem 1945 die Überlebenden von Auschwitz-Birkenau von der Roten Armee befreit wurden, war 1996 von Bundespräsident Roman Herzog zum Holocaust-Gedenktag proklamiert worden. 

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