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Ralph Northam, Gouverneur von Virginia und Demokrat, verteidigt sich mit seiner Frau Pam gegen den Vorwurf des Rassismus als Student.

© Alex Edelman/Getty Images/AFP

Fall Ralph Northam: Der moralische Rigorismus der Demokraten ist riskant

Der Gouverneur von Virginia soll wegen eines rassistischen Fotos aus Jugendjahren gehen. So gewinnt man die Basis, nicht die Wähler der Mitte. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Christoph von Marschall

Wer wissen will, wie Donald Trump trotz schlechter Umfragewerte (40 Prozent Zustimmung) und zweifelhafter Bilanz die Wiederwahl gewinnen kann, sollte auf die Demokraten achten. Sie treiben zwei Themen voran, die ihrer linken Basis gefallen, aber nicht helfen, die Mehrheit der Gesellschaft zu gewinnen. Sie wollen ihren Gouverneur in Virginia, Ralph Northam, wegen einer Jugendsünde zum Rücktritt zwingen. Und Steuererhöhungen für Reiche zum Kern des Wahlkampfs machen.

Zeigt das Foto Ralph Northam?

Northam hatte ein Jahr nach Trumps Sieg gezeigt, wie die Demokraten Wahlen gewinnen können: ein Mann der Mitte, Ex-Militär, Arzt, mit Erfahrung als Landtagsabgeordneter und Vizegouverneur. Jetzt taucht ein Foto aus dem Jahrbuch zum Studienabschluss auf, das angeblich ihn in rassistischer Pose zeigt. Er soll entweder die Person sein, die mit geschwärztem Gesicht als Afroamerikaner posiert, oder die daneben unter einer Ku-Klux-Klan-Haube. Und prompt fordern die demokratischen Präsidentschaftskandidaten seinen Rücktritt.

Natürlich gibt es da nichts zu verteidigen. Das Foto ist geschmacklos und Ausdruck einer schlimmen Vergangenheit. Und Northams Reaktion macht die Sache nicht besser: Erst gibt er die Sache zu und entschuldigt sich, dann bestreitet er, einer der Männer auf dem Foto zu sein. Aber macht es seinen Rücktritt unumgänglich?

Viele im Südstaat Virginia haben damals für Klamauk gehalten, was man heute zu Recht als Ausdruck von Rassenhass verurteilt. Northam hat sich als verantwortungsbewusster Politiker erwiesen, der vieles vorwärts bewegt. Er hat mehr Frauen als Männer in sein Kabinett berufen und tritt für den Abbau von Konföderierten-Denkmälern ein.

Zwischen Glaubwürdigkeit und Überreaktion

Der Konflikt um Trumps Supreme-Court-Kandidaten Brett Kavanaugh hatte gezeigt: Die Mehrheit der Bürger findet es falsch, eine insgesamt eindrucksvolle Karriere wegen Fehltritten in jungen Jahren zu stoppen, die viele andere in ihrer Jugend ebenfalls begangen haben. Er soll als Student Frauen belästigt haben.

Es ist gut, moralische Maßstäbe zu haben und sie nicht nur auf politische Gegner, sondern auch auf eigene Amtsträger anzuwenden. Härte gegen Northam erhöht insofern zwar die Glaubwürdigkeit der Demokraten. Gehen sie dabei aber zu rigoros vor, wächst das Risiko, Wähler der Mitte abzustoßen.

Dieses Muster gilt auch für Steuern. Eine moderate Erhöhung für Reiche findet Zustimmung. Klingt die Forderung nach Ideologie und Übereifer, wendet Amerikas Mitte sich ab. Trump kennt die Wähler womöglich besser als die Demokraten.

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